Dokument-ID: 009598

Judikatur | Entscheidung

5 Ob 54/09s; OGH; 9. Juni 2009

GZ: 5 Ob 54/09s | Gericht: OGH vom 09.06.2009

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Floßmann als Vorsitzenden sowie durch die Hofrätinnen/Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Hurch, Dr. Höllwerth, Dr. Roch und Dr. Tarmann–Prentner als weitere Richter in den verbundenen Rechtssachen der klagenden Parteien (zu 60 C 195/04b)

1. Michael H*****, 2. Matthias B*****, und (zu 60 C 478/04w) 3. Silvia P*****, alle vertreten durch Dr. Peter Lessky, Rechtsanwalt in Wien, jeweils gegen die beklagte Partei Reg.Rat Franz F*****, vertreten durch Dr. Herbert Rabitsch, Rechtsanwalt in Wien, wegen (zu 60 C 195/04b) 2.106,46 EUR sA, EUR 1.422,79 sA sowie Feststellung (Streitwert EUR 1.000,–) und (zu 60 C 478/04w) 1.174,94 EUR sA sowie Feststellung (Streitwert EUR 1.000,–), über die Revision der Kläger gegen das Urteil des Landesgerichts für Zivilrechtssachen Wien als Berufungsgericht vom 27. November 2008, GZ 36 R 265/07y–68a, mit dem das Urteil des Bezirksgerichts Innere Stadt Wien vom 27. April 2007, GZ 60 C 195/04b (60 C 478/04w)–60, abgeändert wurde, den Beschluss

gefasst:

Spruch

Die Revision der Kläger wird zurückgewiesen.

Der Beklagte hat die Kosten seiner Revisionsbeantwortung selbst zu tragen.

Begründung

Die Parteien sind Mit- und Wohnungseigentümer der Liegenschaft EZ ***** GB *****, mit dem Haus B*****gasse 31. Der Beklagte ist seit ca 20 Jahren Verwalter des Hauses.

Die (insgesamt drei) Kläger der verbundenen Verfahren begehrten vom Beklagten die Zahlung von EUR 2.106,46, EUR 1.422,79 und EUR 1.174,94 jeweils sA sowie die Feststellung der Haftung des Beklagten dem Grunde nach im Ausmaß der Miteigentumsanteile der Kläger für sämtliche Schäden und Rückzahlungen aus den Abrechnungsperioden der Jahre 1999 bis 2002 aufgrund seiner Hausverwaltertätigkeit in Ansehung der vorgelegten Hausabrechnung. Die (aliquot im Verhältnis der Miteigentumsanteile) geltend gemachten Ansprüche stünden den Klägern aus den Rechtsgründen des Schadenersatzes und der unrechtmäßigen Bereicherung zu. Der Beklagte habe eine rechtswidrige Finanzgebarung bei der Hausverwaltung und –abrechnung zu verantworten; er habe erhebliche Privatausgaben unter dem Titel Betriebskosten verbucht, Betriebskostenakonti und sonstige Zahlungen der Wohnungseigentümer rechtsmissbräuchlich verwendet, für den inkriminierten Abrechnungszeitraum keine Rückzahlungen geleistet sowie Abrechnungen verspätet und erst über gerichtliche Aufforderung vorgelegt. Die Haftungsfeststellung diene der Absicherung noch ungewisser und derzeit nicht bezifferbarer Ansprüche gegen den Beklagten als Hausverwalter.

Der Beklagte beantragte Abweisung der Klagebegehren und wandte (ua) ein, die Kläger seien nicht aktiv legitimiert. Gegebenenfalls sei ein Schaden nicht im Vermögen der Kläger, sondern in jenem der Eigentümergemeinschaft eingetreten.

Das Erstgericht gab den Klagebegehren statt. Der Beklagte habe Privatausgaben als Betriebskosten in einem solchen Ausmaß verrechnet, dass sich für die Jahre 1999 bis einschließlich 2002 ein „Gesamtnettoüberschuss von EUR 43.925,35“ zugunsten der Mit– und Wohnungseigentümer ergeben habe, der den (aliquoten) Zuspruch der von den Klägern begehrten Beträge rechtfertige. Es zeige sich das Bild einer ungetreuen Verwaltung der Mittel der Eigentümergemeinschaft, weil die Aufnahme einer derart großen Anzahl von privaten Aufwendungen in die Betriebskostenabrechnungen nicht mehr als Versehen, sondern nur mehr dem Bereich des Vorsatzes zugerechnet werden könne. Da bisher eine ordnungsgemäße Abrechnung nicht erfolgt sei, würden sich auch die Feststellungsbegehren als berechtigt erweisen.

Das Berufungsgericht änderte infolge Berufung des Beklagten das Urteil des Erstgerichts im Sinn der gänzlichen Abweisung aller Klagebegehren ab. Gegenstand der Klagen sei die Rückforderung von Zahlungen, die die Kläger an die Eigentümergemeinschaft geleistet hätten und die der Beklagte (nur) in seiner Eigenschaft als Verwalter und Vertreter der Eigentümergemeinschaft entgegengenommen habe. Eine Pflichtverletzung mache den Verwalter gegebenenfalls gegenüber der Eigentümergemeinschaft schadenersatzpflichtig. Da nicht der Beklagte, sondern die Eigentümergemeinschaft Leistungsempfängerin der Zahlungen der Kläger gewesen sei, stünden auch nur dieser Bereicherungsansprüche zu. Schließlich könnten auch die Kläger als Wohnungseigentümer geleistete (Akonti–)Zahlungen nur von der Eigentümergemeinschaft zurückfordern. Die Klagebegehren seien daher wegen fehlender Aktiv– und Passivlegitimation der Parteien unschlüssig.

Das Berufungsgericht sprach aus, dass der Wert des Entscheidungsgegenstands in jedem der verbundenen Verfahren jeweils EUR 4.000,– übersteige und die ordentliche Revision zulässig sei, weil – soweit ersichtlich – zur Aktiv– bzw Passivlegitimation der Wohnungseigentümer bzw des Verwalters für Ersatzansprüche wegen einer unrichtig gelegten Abrechnung keine Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs vorliege.

Gegen die Entscheidung des Berufungsgerichts richtet sich die Revision der Kläger wegen unrichtiger rechtlicher Beurteilung mit dem Antrag auf Abänderung im Sinn der gänzlichen Klagsstattgebung. Hilfsweise stellen die Kläger auch einen Aufhebungsantrag. Der Beklagte erstattete eine Revisionsbeantwortung mit dem Antrag, der Revision keine Folge zu geben.

Rechtliche Beurteilung

Die Revision ist entgegen dem - den Obersten Gerichtshof nicht bindenden (§ 508a Abs 1 ZPO) – Ausspruch des Berufungsgerichts mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO unzulässig.

1. Die Kläger verweisen unter lit a.) ihrer Revision auf den Umstand, dass der Beklagte nach den erstgerichtlichen Feststellungen insgesamt EUR 43.925,35 „aus den Einnahmen der Liegenschaft“ für private Aufwendungen zweckentfremdet habe. Dass diese „Positionen“ in einer Betriebskostenabrechnung nichts „verloren haben", sagt aber (noch) nichts darüber aus, wer daraus gegebenenfalls gegen wen Schadenersatz- und/oder Bereicherungsansprüche ableiten kann.

2.1. Nach der zu lit b.) vorgetragenen Ansicht der Kläger hätten zwar deren „Wohnbeiträge“ der Wohnungseigentümergemeinschaft (nunmehr: Eigentümergemeinschaft) als Zahlungsempfängerin zukommen sollen. Da jedoch ein erheblicher Teil dieser „Wohnbeiträge“ tatsächlich nicht der Eigentümergemeinschaft zugeflossen, sondern zur Abdeckung privater Aufwendungen des Beklagten verwendet worden seien, könnten bereicherungsrechtliche Ansprüche der Kläger gegen den Beklagten nicht ausgeschlossen sein.

2.2. Nach § 18 Abs 1 WEG 2002 kann die Eigentümergemeinschaft in Angelegenheiten der Verwaltung der Liegenschaft Rechte erwerben und Verbindlichkeiten eingehen sowie klagen und geklagt werden. Die Eigentümergemeinschaft besitzt demnach in diesen Angelegenheiten Rechtsfähigkeit (vgl RIS–Justiz RS 0108020; 5 Ob 90/07g = MietSlg 59.404). Die Vertretung der Eigentümergemeinschaft ist Aufgabe des Verwalters (vgl 5 Ob 90/07g = MietSlg 59.404; 5 Ob 64/97s = MietSlg 49.631; § 18 Abs 3 Z 1 lit a WEG 2002). Zu den Aufgaben des Verwalters gehört ua die Sorge für die Bildung einer angemessenen Rücklage und für ausreichende Vorauszahlungen auf die Bewirtschaftungskosten (vgl Würth in Rummel³, § 20 WEG 2002 Rz 1; Festsetzung, Vorschreibung und Inkasso der Beiträge vgl E. A. Hausmann in Hausmann/Vonkilch, Österreichisches Wohnrecht, § 20 WEG 2002 Rz 32). Die Ansicht des Berufungsgerichts, der Beklagte habe die Zahlungen der Kläger in der zuvor beschriebenen Funktion als Verwalter und Vertreter der Eigentümergemeinschaft entgegengenommen, entspricht somit der Rechtslage und dagegen vermögen die Kläger auch nichts Substanzielles einzuwenden.

2.3. Ein Bereicherungsanspruch richtet sich grundsätzlich gegen den Empfänger der Leistung (2 Ob 344/97w), also gegen denjenigen, dem die Leistung zukommen sollte (zur Zweckbestimmung [etwa bei § 27 MRG] vgl auch RIS–Justiz RS 0033737) und nicht gegen den, dem sie (später) tatsächlich zugeflossen oder für den sie (später) faktisch verwendet wurde (vgl 1 Ob 92/08y). War demnach die Eigentümergemeinschaft die rechtmäßige Empfängerin der Zahlungen der Kläger, dann kann sich schon nach allgemeinen bereicherungsrechtlichen Grundsätzen ein darauf gestützter Anspruch nicht gegen den (bloßen) Vertreter der Leistungsempfängerin richten.

3. Die zu lit c.) ausgeführten „praktischen“ Argumente der Kläger für die Bejahung ihrer Aktivlegitimation haben vorliegend keine rechtliche Relevanz:

3.1. Die Überlegungen der Kläger zur Schwierigkeit einer Klagsführung gegen den Verwalter können auf sich beruhen, weil diese die hier nicht zu klärende Rechtsbeziehung zwischen Eigentümergemeinschaft und Verwalter betrifft. Die Zahlungen, die hier die Grundlage für die Begehren der Kläger bilden, waren dagegen nach ihrer Zweckbestimmung und Zielrichtung (siehe oben 2.3.) solche der Wohnungseigentümer an die Eigentümergemeinschaft.

3.2. Das in § 21 Abs 3 WEG 2002 vorgesehene Antragsrecht des einzelnen Wohnungseigentümers bildet für sich keine Grundlage für aus dem Verwaltervertrag abgeleitete Schadenersatzansprüche einzelner Wohnungseigentümer gegen den Verwalter, besteht doch der Verwaltungsvertrag gerade nicht mit den Wohnungseigentümern, sondern zwischen Eigentümergemeinschaft und Verwalter (vgl 5 Ob 245/06z = wobl 2007/58, 143 [Call] = immolex 2007/54, 118 [Prader]).

3.3. Die Kläger bezweifeln, dass sich selbst bei Vorliegen eines „Beschlusses der Eigentümergemeinschaft“ zur Erhebung einer Klage gegen den Verwalter eine Person finden ließe, die einen Parteienvertreter wirksam mit der Klagseinbringung beauftragen würde. Zu dieser hier ebenfalls nicht zu klärenden Frage sei lediglich auf § 22 Abs 1 WEG 2002 verwiesen, welche Bestimmung für diesen Fall Vorsorge trifft.

4. Es ist – wie die Kläger letztlich noch relevieren – richtig, dass die Frage der Aktiv– oder Passivlegitimation in der Regel nur auf Einwendung zu prüfen ist (vgl RIS–Justiz RS 0065553); einen solchen Einwand hat hier der Beklagte aber ohnehin erhoben (S 4 in ON 56).

5. Zum Rechtsgrund des Schadenersatzes, den das Berufungsgericht verneinte, enthält die Revision keine substanziellen Ausführungen. Da die Kläger somit insgesamt keine erhebliche Rechtsfrage geltend machen, ist deren Revision unzulässig und zurückzuweisen.

6. Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 50, 40 ZPO. Der Beklagte hat auf die Unzulässigkeit der Revision nicht konkret hingewiesen.

Leitsätze