Dokument-ID: 672248

Judikatur | Entscheidung

5 Ob 7/14m; OGH; 21. Februar 2014

GZ: 5 Ob 7/14m | Gericht: OGH vom 21.02.2014

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten Hon.-Prof. Dr. Danzl als Vorsitzenden, die Hofrätinnen Dr. Hurch und Dr. Lovrek sowie die Hofräte Dr. Höllwerth und Mag. Wurzer als weitere Richter in der wohnrechtlichen Außerstreitsache der Antragstellerin A***** R*****, vertreten durch Dr. Filip Sternberg, Rechtsanwalt in Wien, gegen die Antragsgegnerin I***** B*****, vertreten durch Dr. Horst Auer, Rechtsanwalt in Wien, wegen EUR 1.294,– sA (§ 37 Abs 1 Z 6 iVm § 10 MRG), über den Revisionsrekurs der Antragsgegnerin gegen den Sachbeschluss des Landesgerichts für Zivilrechtssachen Wien als Rekursgericht vom 15. Oktober 2013, GZ 40 R 199/12d-14, mit dem über Rekurs der Antragsgegnerin der Sachbeschluss des Bezirksgerichts Floridsdorf vom 29. Mai 2012, GZ 28 Msch 7/11a-10, bestätigt wurde, den

Sachbeschluss

gefasst:

Spruch

Dem Revisionsrekurs wird nicht Folge gegeben.

Die Antragsgegnerin ist schuldig, der Antragstellerin deren mit EUR 336,82 (darin enthalten EUR 56,14 USt) bestimmten Kosten des Revisionsrekursverfahrens binnen 14 Tagen zu ersetzen.

Begründung

Die Antragstellerin war vom 01.05.2007 bis 30.04.2010 Mieterin einer im Eigentum der Antragsgegnerin stehenden Wohnung. Sie ließ am 27.04.2007 durch eine Fachfirma eine Wohnungseingangstür der genormten Widerstandsklasse WK 3 mit bis zu 600 kg Belastung auf Türblatt, Stockummantelung und Beschläge montieren. Diese Tür weist eine 12-fach-Verriegelung, speziell gehärtete Sicherheitsbeschläge mit Kernzieh- und Aufbohrschutz, einen Hochsicherheitszylinder, 4 Stück 3D-Bänder, 2 Metalleinlagen, eine durchgehende Stahlplatte und mindestens 40 Stahlstäbe, ein durch Manganstahl geschütztes Mehrfachverriegelungsschloss und eine Metallsicherheitszarge auf. Solche Türen sind zum Schutz vor erfahrenen Einbrechern in Stiegenhäusern mit geringer Frequenz (= mittleres Sicherheitsrisiko) vorgesehen und halten auch Brecheisen stand. Türen der Widerstandsklasse WK 3 werden vom kriminalpolizeilichen Beratungsdienst empfohlen.

Für die Lieferung und Montage der Tür wurden der Antragstellerin unter Berücksichtigung von Nachlässen EUR 2.249,86 in Rechnung gestellt. Die Magistratsabteilung 50, Wohnbauförderung und Schlichtungsstelle für wohnrechtliche Angelegenheiten, setzte den Endabrechnungsbetrag mit EUR 2.000,– fest und gewährte der Antragstellerin nach den Bestimmungen des WWFSG 1989 einen nicht rückzahlbaren Einmalzuschuss von EUR 400,–.

Gestützt auf § 10 Abs 3 Z 4 MRG begehrt die Antragstellerin für den Einbau der Wohnungseingangstür Aufwandersatz in der Höhe von EUR 1.294,–. Unter Berücksichtigung der ihr für den Einbau der Türe gewährten Förderung und abzüglich einer linearen Abschreibung für 3 Jahre gebühre ihr der geforderte Betrag.

Die Antragsgegnerin wendet ein, der Einbau einer Sicherheitstür stelle keine „gleich wesentliche Verbesserung“ iSd § 10 Abs 3 Z 4 MRG dar. Es fehle auch an der Nützlichkeit iSd § 10 Abs 1 MRG, weil Sicherheitstüren, wie von der Antragstellerin eingebaut, keinen Einfluss auf die Mietzinshöhe hätten. Für die Ersatzfähigkeit sei darüber hinaus gefordert, dass eine Förderung nach dem Wohnungsverbesserungs- oder Wohnungssanierungsgesetz und nicht bloß nach landesgesetzlichen Bestimmungen gewährt werde. Auch habe sie dem Einbau der Türe nur unter der Bedingung zugestimmt, dass bei Beendigung des Bestandsverhältnisses kein Investitionsersatzanspruch gestellt werde.

Das Erstgericht gab dem Begehren der Antragstellerin statt. Bei einer durch eine Gebietskörperschaft förderbaren Investition liege die unwiderliche Vermutung vor, dass die Maßnahme den in § 10 Abs 3 Z 1 bis 3 MRG genannten Aufwendungen gleichkomme. Beim Einbau einer Sicherheitstüre in einem Mehrparteienhaus handle es sich um eine Maßnahme zur Erhöhung der persönlichen Sicherheit, welche über die Mietdauer hinaus wirksam und für den Nachmieter von Nutzen sei.

Dem dagegen erhobenen Rekurs gab das Gericht zweiter Instanz nicht Folge. Es billigte die Rechtsansicht des Erstgerichts und ließ den Revisionsrekurs zu, weil es von der Entscheidung 5 Ob 301/00a abgewichen sei und eine erhebliche Rechtsfrage vorliege, deren Bedeutung über den Einzelfall hinausgehe.

Dagegen richtet sich der Revisionsrekurs der Antragsgegnerin aus den Gründen der Mangelhaftigkeit und unrichtigen rechtlichen Beurteilung mit dem Antrag, die Entscheidungen der Vorinstanzen dahin abzuändern, dass das Begehren der Antragstellerin abgewiesen werde; in eventu wird ein Aufhebungsantrag gestellt.

Die Antragstellerin beantragt, den Revisionsrekurs zurückzuweisen, in eventu ihm nicht Folge zu geben.

Der Revisionsrekurs ist zur Klarstellung der Rechtslage zulässig; er ist aber nicht berechtigt.

Rechtliche Beurteilung

1.1 Nach § 10 Abs 1 MRG kann der Hauptmieter einer Wohnung, der in den letzten 20 Jahren vor der Beendigung des Mietverhältnisses in der gemieteten Wohnung Aufwendungen zur wesentlichen Verbesserung gemacht hat, die über seine Mietdauer hinaus wirksam und von Nutzen sind, bei Beendigung des Mietverhältnisses (aliquoten) Anspruch auf Ersatz der Aufwendungen geltend machen.

1.2 Ungeachtet des in § 10 Abs 1 MRG enthaltenen Verweises auf § 9 MRG sind jedoch nicht alle nach § 9 MRG vom Mieter durchsetzbaren Veränderungen des Mietgegenstands (Verbesserungen) auch ersatzfähig nach § 10 MRG. Die nach dieser Gesetzesstelle ersatzfähigen Aufwendungen zur wesentlichen Verbesserung sind in Abs 3 genannt, der in seinen Z 1 bis 3 im Einzelnen konkret bezeichnete Maßnahmen nennt und in Z 4 eine Generalklausel enthält. Nach dieser hat der Mieter Anspruch auf Ersatz von Aufwendungen für „andere gleich wesentliche Verbesserungen, insbesondere solche, die von einer Gebietskörperschaft aus öffentlichen Mitteln gefördert worden sind“.

2. Der Oberste Gerichtshof hat bereits ausgesprochen, dass die Formulierung des § 10 Abs 3 Z 4 MRG („insbesondere solche, […]“) darauf hinweist, dass eine Maßnahme, die im Sinne dieser Gesetzesstelle gefördert wird, in jedem Fall eine „gleich wesentliche Verbesserung“ darstellt (6 Ob 738/89 ÖJZ 1990/143; 5 Ob 58/01t immolex 2001/166 = MietSlg 53.281). Nach herrschender Ansicht begründet der Verweis auf die Förderung einer Maßnahme mit öffentlichen Mitteln daher eine unwiderlegliche Vermutung dafür, dass eine wesentliche, den in den Z 1 bis 3 des § 10 Abs 3 MRG genannten Maßnahmen gleichzuhaltende Verbesserung vorliegt (vgl A. Vonklich in Hausmann/Vonklich, Österreichisches Wohnrecht³ § 10 MRG Rz 27; Würth/Zingher/Kovanyi Miet- und Wohnrecht I22 § 10 MRG Rz 15; Ostermayer, Investitionsersatz in Mietrecht, Rz 135). Die Förderung einer Investition durch eine Gebietskörperschaft aus öffentlichen Mitteln macht es jedoch nicht entbehrlich, dass die Aufwendungen über den Zeitpunkt der Auflösung des Mietverhältnisses hinaus wirksam sind und einen objektiven Nutzen für einen durchschnittlichen Nachmieter haben (RIS-Justiz RS0097179; vgl auch RS0069881).

3. Den Maßstab für das Vorliegen einer Förderung aus öffentlichen Mitteln iSd § 10 Abs 3 Z 4 MRG bildete ursprünglich das WohnVG und ab der MRG-Novelle 1985 auch das WSG. Mit der Bundes-Verfassungsgesetz-Novelle BGBl 1987/640 wurde durch die Änderung des Kompetenztatbestands des Art 11 Abs 1 Z 3 B-VG die Gesetzgebungszuständigkeit hinsichtlich der Förderung des Wohnbaus und der Wohnhaussanierung mit 01.01.1988 den Bundesländern übertragen. Seit dem 2. WÄG BGBl 1991/68 knüpft § 10 Abs 3 Z 4 MRG daher nicht mehr an die Förderung aufgrund bestimmter Gesetze an, sondern allgemein an die öffentliche Förderung durch eine Gebietskörperschaft (vgl Ostermayer aaO, Rz 135, 139).

4. Für Wien hat das WSG bis 31.05.1989 weiter gegolten. Seit 01.06.1989 ist das Wiener Wohnbauförderungs-und Wohnhaussanierungsgesetz 1989 (WWFSG 1989) in Kraft. Dieses Gesetz regelt in seinem II. Hauptstück die Förderung der Sanierung von Wohnungen und Gebäuden und zählt in § 37 die förderbaren Sanierungsmaßnahmen auf. Das sind die Erhaltungsarbeiten im Sinne des MRG und Verbesserungsarbeiten, die beispielhaft aufgezählt werden. Mit dem Gesetz LGBl 2006/67 wurden dem Katalog des § 37 WWFSG 1989 in Z 15 „Maßnahmen zur Erhöhung der persönlichen Sicherheit“ als weitere förderbare Sanierungsmaßnahmen hinzugefügt. Der von der Antragstellerin geltend gemachte Einbau einer Wohnungseingangssicherheitstüre wurde vom Land Wien als Gebietskörperschaft des öffentlichen Rechts nach dem WWFSG durch die Gewährung eines nicht rückzahlbaren Zuschusses (§ 40 Abs 1 Z 3 WWFSG) gefördert.

5. Damit besteht aber die gesetzliche Vermutung dafür, dass die von der Antragstellerin vorgenommene Maßnahme den wesentlichen Verbesserungen, wie sie im § 10 Abs 3 Z 1 bis 3 MRG aufgezählt sind, gleichzuhalten ist. Dadurch unterscheidet sich der vorliegende Fall von der Entscheidung 5 Ob 301/00a (wobl 2001/46 [Prader], auf die sowohl die Antragsgegnerin als auch das Rekursgericht in seinem Zulassungsausspruch Bezug nehmen, und in der die Vergleichbarkeit der Herstellung einer Wohnungssicherheitstüre mit einem förderungswürdigen Tatbestand verneint wurde. Diese Entscheidung ist noch vor der Novellierung des WWFSG mit LGBl 2006/67 ergangen und beruhte damit auf einer Rechtslage, die noch keine Förderung für Maßnahmen zur Erhöhung der persönlichen Sicherheit kannte. Die von der Antragsgegnerin unter Berufung auf die Entscheidung 5 Ob 301/00a geforderte Auseinandersetzung mit der Frage, ob der Einbau einer Sicherheitstüre eine „normale, dem jeweiligen Stand der Technik entsprechende Ausstattung der Wohnung“ darstelle, ist damit entbehrlich. Liegt nämlich kraft der gesetzlichen Vermutung eine wesentliche Verbesserung im dargestellten Sinn vor, muss nicht mehr geprüft werden, ob (auch sonst) eine der Art der in § 10 Abs 3 Z 1 bis 3 MRG gleichzuhaltende Verbesserungsausführung vorliegt. Aus diesem Grund bedarf es auch keiner weiteren Erörterung, inwieweit Maßnahmen zur Einbruchssicherung der Übung des Verkehrs entsprechen (vgl dazu RIS-Justiz RS0112442). Die von der Revisionsrekurswerberin in diesem Zusammenhang geltend gemachte Mangelhaftigkeit des Rekursverfahrens liegt schon aus diesem Grund nicht vor.

6. Unter Nutzen iSd § 10 Abs 1 MRG ist nicht der subjektive Nutzen für einen bestimmten Nachmieter, sondern der objektive Nutzen für jeden durchschnittlichen Nachmieter schlechthin zu verstehen (RIS-Justiz RS0069881). Dabei ist auch auf eine durch die Erhöhung von Standards geänderte Anschauung Rücksicht zu nehmen (vgl 5 Ob 72/08m immolex 2009/40 [Neugebauer]; RIS-Justiz RS0070035). Der Einbau der Sicherheitstür durch die Antragstellerin trägt einem allgemein gestiegenen Bedürfnis nach Sicherheit Rechnung. Dass eine solche Verbesserung einen über die Mietdauer hinaus wirksamen objektiven Nutzen für potentielle Nachmieter darstellt, zieht die Antragsgegnerin in ihrem Revisionsrekurs daher mit Recht nicht mehr in Zweifel. Auf den noch in ihrem Rekurs geltend gemachten Verzicht der Antragstellerin auf Investitionskostenersatz kommt die Antragstellerin nicht mehr zurück.

7. Dem Revisionsrekurs ist damit insgesamt ein Erfolg zu versagen.

8. Die Kostenentscheidung beruht auf § 37 Abs 3 Z 17 MRG. Es entspricht der Billigkeit, dass die mit ihrem Rechtsmittel erfolglose Antragsgegnerin der Antragstellerin die Kosten der Revisionsrekursbeantwortung ersetzt.

Leitsätze

  • Einbau der Sicherheitstür – Anspruch auf Aufwandersatz nach § 10 Abs 1 MRG?

    Ob eine Verbesserung ersatzfähig ist, hängt prinzipiell davon ab, ob sie unter die Definition, wie sie im § 10 Abs 3 Z 1 bis 3 MRG gegeben ist, fällt. Beim Einbau einer Sicherheitstür ist es dabei unerheblich, ob eine normale, dem jeweiligen Stand der Technik entsprechende Ausstattung der Wohnung vorliegt, da nämlich kraft gesetzlicher Vermutung eine wesentliche Verbesserung im dargestellten Sinn gegeben ist.
    WEKA (wed) | Judikatur | Leitsatz | 5 Ob 7/14m | OGH vom 21.02.2014 | Dokument-ID: 672247