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Dokument-ID: 867190

Judikatur | Entscheidung

5 Ob 82/16v; OGH; 11. Juli 2016

GZ: 5 Ob 82/16v | Gericht: OGH vom 11.07.2016

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten Dr. Hradil als Vorsitzenden, den Hofrat Dr. Höllwerth, die Hofrätin Dr. Grohmann sowie die Hofräte Mag. Wurzer und Mag. Painsi als weitere Richter in der wohnrechtlichen Außerstreitsache der Antragstellerin I***** GmbH, *****, vertreten durch KÖHLER DRASKOVITS UNGER Rechtsanwälte GmbH in Wien, gegen die Antragsgegnerin R***** GmbH, *****, vertreten durch Dr. Martin Dellasega und Dr. Max Kapferer, Rechtsanwälte in Innsbruck, wegen Rechnungslegung, über den Revisionsrekurs der Antragsgegnerin gegen den Beschluss des Landesgerichts Innsbruck als Rekursgericht vom 17. März 2016, GZ 4 R 62/16w-9, mit dem der Beschluss des Bezirksgerichts Innsbruck vom 15. Jänner 2016, GZ 11 Msch 26/15i-5, aufgehoben und dem Erstgericht die Einleitung des gesetzlichen Verfahrens aufgetragen wurde, den

Beschluss

gefasst:

Spruch

Der Revisionsrekurs wird zurückgewiesen.

Die Antragsgegnerin ist schuldig, der Antragstellerin binnen 14 Tagen die mit EUR 501,91 (darin enthalten EUR 83,65 USt) bestimmten Kosten der Revisionsrekursbeantwortung zu ersetzen.

Begründung

Die Antragstellerin begehrte mit dem beim Erstgericht ohne Vorschaltung der Schlichtungsstelle eingebrachten Antrag, der Antragsgegnerin als Verwalterin der Liegenschaft aufzutragen, innerhalb einer angemessenen Frist die bisher vorgelegten Abrechnungen für die Jahre 2011 bis 2014 zu verbessern und eine ordentliche und richtige Abrechnung vorzulegen. Sie sei Eigentümerin von zahlreichen Wohnungseigentumsobjekten, die alle nicht an die Wärmeversorgungsanlage angebunden seien. Es sei noch nicht einmal das für die Anbindung an die Wärmeversorgung erforderliche Rohrnetzwerk verlegt worden. Die Antragsgegnerin habe in den Jahresabrechnungen 2011 bis 2014 für diverse Objekte der Antragstellerin auf Basis des Heizkostenabrechnungsgesetzes (HeizKG) Grundkosten für Heiz- und Warmwasser verrechnet. Dies sei nach dem HeizKG unzulässig, weil gar keine Anbindung an das Wärmeversorgungssystem gegeben sei und es sich somit bei den Wohnungseigentumsobjekten der Antragstellerin um keine mit Wärme versorgten Nutzungsobjekte im Sinn des § 2 HeizKG handle. Eine entsprechende vertragliche Regelung bestehe nicht. Obwohl die Antragstellerin mehrfach an die Antragsgegnerin herangetreten sei, habe sich diese bisher geweigert, die Abrechnungen zu korrigieren.

Die Antragsgegnerin wendete insbesondere ein, dass die Liegenschaft aus mehr als vier Nutzungsobjekten bestehe und deshalb das HeizKG anzuwenden sei. Die gesamte Wohnanlage werde zentral mit Heizung und Warmwasser versorgt. Die beheizbare Nutzfläche der Wohnungseigentumsobjekte der Antragstellerin sei zu berücksichtigen. Die Abrechnungen seien entsprechend dem HeizKG erfolgt.

Das Erstgericht wies den Antrag zurück. Es handle sich um eine Wohnungseigentumsanlage, die über mehr als vier Einheiten verfüge. Es liege eine zentrale Wärmeversorgungsanlage vor. Strittig sei nur, ob die entsprechenden Wohnungseigentumseinheiten der Antragstellerin tatsächlich an diese Anlage angeschlossen seien. Es handle sich um ein Verfahren auf Überprüfung der inhaltlichen Richtigkeit der Abrechnung nach § 25 Abs 1 Z 8a HeizKG, dem die Schlichtungsstelle zwingend vorgeschaltet sei.

Das Rekursgericht hob die Entscheidung des Erstgerichts auf und trug diesem die Einleitung des gesetzlichen Verfahrens auf. Die Antragstellerin habe von Anfang an behauptet, dass ihre Wohnungseigentumseinheiten nicht über die Gemeinschaftsanlage mit Wärme versorgt werde und Zuleitungen gar nicht vorhanden seien. Sie sei daher keine Wärmeabnehmerin im Sinn des § 2 Z 4 lit c HeizKG und es sei dieses Gesetz gar nicht anzuwenden. Dies habe die Antragstellerin auch dadurch zum Ausdruck gebracht, dass sie auf dem Deckblatt ihres Antrags als Rechtsgrundlage § 20 Abs 3 WEG iVm § 30 Abs 1 Z 5 WEG und § 52 Abs 1 Z 3 und Z 6 WEG angeführt habe. Da für die Beurteilung der Zulässigkeit des Rechtswegs auf die Antragsbehauptungen abzustellen sei und diesen klar zu entnehmen sei, dass die Voraussetzungen für die Anwendung des HeizKG gerade nicht vorlägen, sei für die Frage der Zulässigkeit des Rechtswegs nicht § 25 Abs 2 HeizKG, sondern § 52 Abs 3 WEG heranzuziehen. Die Vorschaltung der Schlichtungsstelle sei für ein solches Verfahren nicht vorgesehen.

Das Rekursgericht ließ den ordentlichen Revisionsrekurs zu, weil Rechtsprechung dazu fehle, ob der umstrittene Anschluss von Wohnungseigentumseinheiten an eine zentrale Wärmeversorgungsanlage nach § 25 Abs 1 Z 8a HeizKG oder nach § 52 Abs 1 Z 6 WEG 2002 zu beurteilen sei.

Der beantwortete Revisionsrekurs der Antragstellerin ist entgegen diesem nicht bindenden (§ 71 Abs 1 AußStrG) Ausspruch nicht zulässig.

Rechtliche Beurteilung

1. Die Zulässigkeit der Verfahrensart richtet sich ausschließlich nach dem Wortlaut des Begehrens und den dazu vorgebrachten Behauptungen (RIS-Justiz RS0005896 [T16]). Es ist hingegen unerheblich, was der Gegner einwendet oder ob der behauptete Anspruch begründet ist (RIS-Justiz RS0005896 [T23]; RS0045491 [T2]; RS0045584). Die Auslegung von Sachantrag und Parteienvorbringen begründet nur dann eine erhebliche Rechtsfrage im Sinn des § 62 Abs 1 AußStrG, wenn der zweiten Instanz eine Fehlbeurteilung unterlaufen ist, die der Oberste Gerichtshof aus Gründen der Rechtssicherheit zu korrigieren hat (RIS-Justiz RS0042828 [T10, T25]; RS0044273 [T49]). Dies trifft hier nicht zu.

2. Nach § 20 Abs 3 WEG 2002 hat der Verwalter den Wohnungseigentümern nach den Regelungen des § 34 eine ordentliche und richtige Abrechnung sowie gegebenenfalls nach den Regelungen des Heizkostenabrechnungsgesetzes (HeizKG) die Abrechnung über die Heiz- und Warmwasserkosten zu legen.

3. Nach der Rechtslage vor der WRN 2009 BGBl I 2009/25 war ein Antrag auf Überprüfung der Heizkostenabrechnung auf ihre inhaltliche Richtigkeit im außerstreitigen Verfahren nach § 25 Abs 1 HeizKG nicht zulässig (RIS-Justiz RS0116552). Nur ein Antrag auf Legung einer entsprechenden Abrechnung war nach § 25 Abs 1 Z 8 HeizKG in das außerstreitige Verfahren nach diesem Gesetz verwiesen. Seit Inkrafttreten des § 25 Abs 1 Z 8a HeizKG mit 01.04.2009 ist die materiell-rechtlich schon immer geschuldete Verpflichtung zur Legung einer inhaltlich richtigen Abrechnung (§§ 17–20, § 22 HeizKG) im außerstreitigen Verfahren nach diesem Gesetz durchzusetzen (RIS-Justiz RS0122665 [T2]; RS0116552 [T7]).

4. Der Anspruch eines Wohnungseigentümers auf Legung einer ordentlichen und richtigen Abrechnung (§ 20 Abs 3 WEG 2002) gegen den Verwalter ist nach § 52 Abs 1 Z 6 WEG 2002 in das wohnungseigentumsrechtliche Außerstreitverfahren verwiesen, das die Vorschaltung der Schlichtungsstelle nur für die Nutzwert(neu)festsetzung vorsieht (§ 52 Abs 3 WEG 2002). § 25 Abs 2 HeizKG ordnet hingegen an, dass in den im Abs 1 genannten Angelegenheiten das Gericht im Verfahren Außerstreitsachen entscheidet und (soweit hier relevant) § 39 MRG sinngemäß anzuwenden ist. Nach dieser Bestimmung müsste einem Verfahren auf Überprüfung der inhaltlichen Richtigkeit der Abrechnung (§ 25 Abs 1 Z 8a HeizKG) die Schlichtungsstelle zwingend vorgeschaltet werden.

5. Der in § 3 Abs 1 HeizKG grundsätzlich definierte Geltungsbereich dieses Gesetzes wird durch die Begriffsbestimmungen des § 2 präzisiert (Shah in Illedits/Reich-Rohrwig, Wohnrecht² § 3 HeizKG Rz 1).

6. Nach § 2 Z 3 HeizKG ist derjenige Wärmeabgeber, der a) eine gemeinsame Wärmeversorgungsanlage im eigenen Namen betreibt und Wärme unmittelbar an die Wärmeabnehmer weitergibt oder b) Wärme vom Erzeuger übernimmt und im eigenen Namen an die Wärmeabnehmer weitergibt. Ein Wohnungseigentümer ist nach § 2 Z 4 lit c Wärmeabnehmer, wenn er ein mit Wärme versorgtes Nutzungsobjekt im Sinn der Z 5 nutzt. Grundvoraussetzung für die Qualifikation als Nutzungsobjekt ist nach § 2 Z 5 dessen Versorgung mit Wärme.

7. Rechnungslegungspflichtig ist nach § 17 Abs 1 Satz 1 HeizKG der Wärmeabgeber. Nach der Rechtsprechung trifft ungeachtet der Eigenschaft einer Eigentümergemeinschaft als Wärmeabgeberin im Sinn des § 2 Z 3 HeizKG auch im Anwendungsbereich dieses Gesetzes den Verwalter die Abrechnungspflicht. Diese richtet sich dann inhaltlich ausschließlich nach den Regelungen des HeizKG (5 Ob 74/06b mwN; 5 Ob 88/12w). Der Inhalt der Rechnungslegungspflicht, also wann wem gegenüber und wie Rechnung zu legen ist, wird in den §§ 17 bis 19 HeizKG umschrieben. Nach den Vorstellungen des Gesetzgebers sollen für die Abrechnung durch den Verwalter die Standards des HeizKG eingehalten werden (ErlRV 989 BlgNR 21. GP 56).

8. Die Parteistellung im außerstreitigen Verfahren nach dem HeizKG regelt dessen § 25 Abs 3: Anträge in den in Abs 1 genannten Angelegenheiten können nach Satz 1 sowohl von jedem Wärmeabnehmer als auch vom Wärmeabgeber gestellt werden. In den Verfahren nach Abs 1 sind auch der Verwalter des Gebäudes und das mit der Wärmeabrechnung beauftragte Unternehmen, in den Verfahren nach Abs 1 Z 1, 4 und 5 auch ein gewerbsmäßiger Wärmeerzeuger im Sinn des § 4 Abs 2 Z 2 von Amts wegen beizuziehen (§ 25 Abs 3 Satz 2). Wenn an einem Nutzungsobjekt Wohnungseigentum begründet ist, kommt dem Verwalter in den Verfahren nach Abs 1 Z 8 auch Parteistellung zu (§ 25 Abs 3 Satz 3).

9. Die Antragstellerin bemängelt im vorliegenden Fall die Richtigkeit der Abrechnung des Verwalters über die Heiz- und Warmwasserkosten mit dem Argument, dass ihre nicht an die gemeinsame Wärmeversorgungsanlage angeschlossenen Wohnungseigentumsobjekte keine Nutzungsobjekte im Sinn des HeizKG seien und keine vertragliche Regelung über einen Anschluss bestehe. Die Rechtsgrundlage ihres nur gegen den Verwalter gerichteten Antrags auf Legung einer richtigen Abrechnung sieht sie in § 20 Abs 3 iVm § 30 Abs 1 Z 5 WEG 2002. Sie leitet ihre Parteistellung in diesem außerstreitigen Verfahren eindeutig nicht aus § 25 Abs 3 Satz 1 HeizKG ab, weil sie ihrer Argumentation nach kein mit Wärme versorgtes Wohnungseigentumsobjekt nutzt und nicht Wärmeabnehmerin im Sinn der gesetzlichen Definition des § 2 Z 4 lit c sein kann. Geht sie selbst nicht von der Anwendbarkeit des HeizKG aus, ist ihr Rechtsschutzbegehren nicht zwingend als Antrag auf Überprüfung der inhaltlichen Richtigkeit der Abrechnung nach § 25 Abs 1 Z 8a HeizKG zu interpretieren. Die Frage nach der in § 25 Abs 2 HeizKG iVm § 39 MRG angeordneten Vorschaltung der Schlichtungsstelle stellt sich schon deshalb nicht.

10. Die Kostenentscheidung gründet sich auf § 37 Abs 3 Z 17 MRG iVm § 52 Abs 2 WEG 2002. Die Antragstellerin hat in der Revisionsrekursbeantwortung auf die Unzulässigkeit des Rechtsmittels hingewiesen. Es entspricht dem Grundsatz der Billigkeit, ihr die Kosten der Rechtsmittelgegenschrift zuzusprechen.

Leitsätze

  • Zur Zulässigkeit des Antrags auf Verbesserung der Abrechnungen für Heizkosten ohne Vorschaltung der Schlichtungsstelle

    Richtet sich ein Antrag auf Verbesserung der Abrechnungen des/der Verwalter/in, mit dem Argument, dass Grundkosten für Heiz- und Warmwasser verrechnet wurden, obwohl die Eigentumsobjekte der Antragstellerin nicht an die Versorgungsanlage angeschlossen seien, auf § 20 Abs 3 iVm § 30 Abs 1 Z 5 WEG 2002, ist nicht zwingend von einem Begehren auf inhaltliche Überprüfung der Abrechnung auszugehen und ein gerichtliches Verfahren ist ohne Vorschaltung einer Schlichtungsstelle zulässig.
    WEKA (red) | Judikatur | Leitsatz | 5 Ob 82/16v | OGH vom 11.07.2016 | Dokument-ID: 867189