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Dokument-ID: 1044087

Judikatur | Entscheidung

5 Ob 84/19t; OGH; 31. Juli 2019

GZ: 5 Ob 84/19t | Gericht: OGH vom 31.07.2019

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten Dr. Jensik als Vorsitzenden sowie die Hofrätin Dr. Grohmann und die Hofräte Mag. Wurzer, Mag. Painsi und Dr. Steger als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei H***** GmbH, *****, vertreten durch die Jeannee Rechtsanwalts GmbH in Wien, gegen die beklagte Partei S*****, vertreten durch Dr. Elisabeth Gerhards, Rechtsanwältin in Wien, wegen Aufkündigung, über die außerordentliche Revision der beklagten Partei gegen das Urteil des Landesgerichts für Zivilrechtssachen Wien als Berufungsgericht vom 30. Jänner 2019, GZ 40 R 172/18t 59, den

Beschluss

gefasst:

Spruch

Die außerordentliche Revision wird gemäß § 508a Abs 2 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückgewiesen (§ 510 Abs 3 ZPO).

Begründung

Rechtliche Beurteilung

1.1. Ein erheblich nachteiliger Gebrauch vom Mietgegenstand iSd § 30 Abs 2 Z 3 erster Fall MRG und des gleichlautenden Vertragsaufhebungsgrundes nach § 1118 erster Fall ABGB liegt nach der Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs vor, wenn durch eine wiederholte, länger währende vertragswidrige Benützung des Bestandobjekts oder durch eine längere Reihe von Unterlassungen notwendiger Vorkehrungen eine erhebliche Verletzung der Substanz des Mietgegenstands erfolgte oder auch nur droht (RIS Justiz RS0020940 [T6]; RS0067832; RS0068076; RS0102020; RS0020981; RS0067939), oder wenn durch das nachteilige Verhalten des Mieters wichtige wirtschaftliche oder persönliche Interessen des Vermieters oder der anderen Mieter gefährdet werden (RS0020940 [T11]; RS0021031; RS0070348).

1.2. § 30 Abs 2 Z 3 MRG, § 1118 erster Fall ABGB sollen die Möglichkeit für die Auflösung des Bestandverhältnisses bieten, weil das für sein Weiterbestehen erforderliche Vertrauen weggefallen ist. Grundlage für einen Auflösungsanspruch ist ein vertragswidriges Verhalten. Der Mieter muss sich also so verhalten haben, dass er nicht mehr vertrauenswürdig ist (RS0020867). Ein Verschulden des Mieters ist nicht erforderlich; es genügt, dass sich der Mieter des nachteiligen Verhaltens bewusst war oder bewusst sein musste, wobei der Maßstab eines durchschnittlichen Mieters zugrunde zu legen ist (RS0020981; RS0067957 [T4]; RS0070243 [T1]; RS0070433 [T1, T5]; RS0020867).

1.3. Maßgeblich für die Beurteilung, ob ein geltend gemachter Kündigungsgrund verwirklicht wird, ist der Zeitpunkt der Zustellung der Aufkündigung. Allerdings kann die Einstellung eines dem Mieter zum Vorwurf gemachten Verhaltens nach der Aufkündigung bei der Beurteilung, ob das Gesamtverhalten die Aufkündigung im Einzelfall rechtfertigte, mitberücksichtigt werden (RS0070378). Eine Verhaltensänderung nach Einbringung der Aufkündigung hat nur dann Einfluss auf das Schicksal der Aufkündigung, wenn der Schluss zulässig ist, dass die Wiederholung der bisherigen Unzukömmlichkeiten auszuschließen ist (RS0070378 [T2]; RS0070340).

2.1. Ob ein erheblich nachteiliger Gebrauch anzunehmen ist, hängt von den Umständen des Einzelfalls ab (RS0021018; RS0068103; RS0113693). Deren rechtliche Würdigung durch die Vorinstanzen ist vom Obersten Gerichtshof nicht zu überprüfen, sofern keine auffallende und im Interesse der Rechtssicherheit zu korrigierende Fehlbeurteilung der Zumutbarkeit einer Fortsetzung des Bestandverhältnisses vorliegt (1 Ob 82/18t; 3 Ob 171/18w; 8 Ob 123/17x). Hier steht die Entscheidung des Berufungsgerichts mit den genannten Grundsätzen der Rechtsprechung aber im Einklang.

2.2. Das Berufungsgericht sieht den Kündigungstatbestand des erheblich nachteiligen Gebrauchs iSd § 30 Abs 2 Z 3 erster Fall MRG verwirklicht, weil wegen der fehlenden Feuchtigkeitsisolierung bei einer der von der Beklagten eingebauten Duschen ein umfangreicher Wasserschaden eingetreten sei und sie trotz des Wissens um ihr nachteiliges Verhalten die Aufforderung der Klägerin zur fachgemäßen Instandsetzung missachtet habe. Die Klägerin berufe sich zu Recht auf den eingetretenen Vertrauensverlust, weil allein durch die Nichtbenützung und den Abbau der schadensursächlichen Dusche sowie einer bloßen Raumtrocknung die Feuchtigkeit in der Substanz nicht behoben worden sei. Eine positive Zukunftsprognose aufgrund einer Verhaltensänderung nach dem für die Beurteilung an sich maßgeblichen Zeitpunkt der Zustellung der Aufkündigung sei nach den Feststellungen nicht gerechtfertigt. Der Umstand, dass die Beklagte die fachgemäße Behebung des Wasserschadens und die Erneuerung der zweiten von ihr ohne Feuchtigkeitsisolierung eingebauten Dusche erst beinahe ein Jahr später und erst nach einer Wohnungsbegehung durch die Klägerin in Auftrag gegeben habe, lasse den gesicherten Ausschluss künftiger vergleichbarer Vorkommnisse nicht zu.

2.3. Der Oberste Gerichtshof hat bereits wiederholt ausgesprochen, dass ein erheblich nachteiliger Gebrauch iSd § 30 Abs 2 Z 3 MRG gegeben sein kann, wenn ein Mieter etwa eine Badewanne oder eine Dusche unsachgemäß ohne ausreichende Feuchtigkeitsisolierung durch nichtbefugte Gewerbsleute installiert (vgl RS0070359; RS0103639). Für die Verwirklichung des Kündigungsgrundes ist es zwar auch erforderlich, dass sich der Mieter der erheblichen Nachteiligkeit seines Gebrauchs bewusst ist bzw dieser ihm erkennbar ist und er den Gebrauch dennoch fortsetzt. Dabei ist gerade bei der unsachgemäßen Installation von Duschen oder Badewannen durch nichtbefugte Gewerbsleute davon auszugehen, dass ein erheblich nachteiliger Gebrauch vorliegt, wenn bei Auftreten von Schäden nicht sofort Abhilfe geschaffen wird (6 Ob 15/13v; 8 Ob 96/04g; 1 Ob 1504/96; vgl auch 8 Ob 505/95; 1 Ob 562/94). Vor diesem Hintergrund ist die Beurteilung des Berufungsgerichts vom Obersten Gerichtshof nicht aus Gründen der Rechtssicherheit aufzugreifen.

3. Die Beklagte zeigt in ihrer Revision somit keine erhebliche Rechtsfrage iSd § 502 Abs 1 ZPO auf. Die Revision war daher als unzulässig zurückzuweisen.

Leitsätze

  • Erheblich nachteiliger Gebrauch bei unsachgemäßem Einbau einer Dusche und daraus resultierendem Wasserschaden?

    Ein erheblich nachteiliger Gebrauch iSd § 30 Abs 2 Z 3 MRG ist gegeben, wenn ein Mieter eine Dusche unsachgemäß ohne ausreichende Feuchtigkeitsisolierung durch nichtbefugte Gewerbsleute installiert und Schäden eintreten. Für die Verwirklichung des Kündigungsgrundes muss sich der Mieter der erheblichen Nachteiligkeit seines Gebrauchs bewusst bzw diese ihm erkennbar sein. Wird bei Auftreten von Schäden nicht sofort Abhilfe geschaffen, ist von einem erheblich nachteiligen Gebrauch auszugehen.
    Eva-Maria Hintringer | Judikatur | Leitsatz | 5 Ob 84/19t | OGH vom 31.07.2019 | Dokument-ID: 1044065