Dokument-ID: 786047

Judikatur | Entscheidung

5 Ob 93/15k; OGH; 19. Juni 2015

GZ: 5 Ob 93/15k | Gericht: OGH vom 19.06.2015

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten Dr. Hradil als Vorsitzenden sowie den Hofrat Dr. Höllwerth, die Hofrätin Dr. Grohmann, die Hofräte Mag. Wurzer und Mag. Painsi als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Dr. B***** P*****, vertreten durch Prader & Ortner Rechtsanwälte GesbR in Innsbruck, gegen die beklagte Partei Ing. W***** D*****, vertreten durch Dr. Josef-Michael Danler, Rechtsanwalt in Innsbruck, wegen Entfernung (Streitwert [restlich] 10.500 EUR), über die Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Innsbruck als Berufungsgericht vom 22. Jänner 2015, GZ 2 R 1/15m-43, mit dem infolge Berufungen beider Parteien das Urteil des Landesgerichts Innsbruck vom 21. Oktober 2014, GZ 15 Cg 91/12b-37, teilweise bestätigt und teilweise abgeändert wurde, den

Beschluss

gefasst:

Spruch

Die Revision wird zurückgewiesen.

Die klagende Partei ist schuldig, der beklagten Partei binnen 14 Tagen die mit EUR 768,24 EUR (darin EUR 128,04 an Umsatzsteuer) bestimmten Kosten ihrer Revisionsbeantwortung zu ersetzen.

Begründung

Das Berufungsgericht sprach aus, dass der Wert des Entscheidungsgegenstands hinsichtlich des (abgewiesenen) Hauptbegehrens sowie des (ebenfalls abgewiesenen) ersten Eventualbegehrens und des (stattgegebenen zweiten) Eventualbegehrens jeweils EUR 5.000,–, nicht aber EUR 30.000,– übersteigt und – über Abänderungsantrag (§ 508 Abs 1 ZPO) des Klägers – dass die ordentliche Revision doch zulässig sei. Der Kläger mache nämlich zutreffend geltend, dass das Berufungsgericht in seiner Entscheidung die mit der Wohnrechtsnovelle 2015 (WRN 2015, BGBl I 2014/100) erfolgte Novellierung des § 5 Abs 3 WEG 2002 unberücksichtigt gelassen habe. Es sei nicht auszuschließen, dass die Neuregelung zu einer für den Kläger günstigeren Entscheidung führen könnte. Weiters liege - soweit überschaubar - keine höchstgerichtliche Rechtsprechung zur Frage vor, ob durch eine hier vorliegende Vereinbarung zwischen dem Bauträger und den Käufern bzw Wohnungseigentümern über eine bestimmte Art der Bepflanzung in das Zubehör (Garten) eines anderen Wohnungseigentümers eingegriffen werden könne.

Die vom Kläger wegen unrichtiger rechtlicher Beurteilung erhobene Revision ist entgegen dem – den Obersten Gerichtshof nicht bindenden (§ 508a Abs 1 ZPO) – Ausspruch des Berufungsgerichts nicht zulässig; dies ist gemäß § 510 Abs 3 ZPO – kurz – zu begründen:

Rechtliche Beurteilung

1. Der Kläger hat – soweit noch relevant – ein Haupt- und mehrere Eventualbegehren gestellt, die mit bestimmten Modifikationen alle darauf gerichtet waren, dass der Beklagte eine Stützmauer an der Grenze der benachbarten Gartenbereiche zu entfernen habe.

2.1. Mit dem Hauptbegehren strebte der Kläger die Entfernung der Stützmauer an, soweit sie – auf dem vom Beklagten (!) genutzten Gartenteil – näher als 30 cm an die gemeinsame Gartengrenze heranreicht. Der Kläger begründete dieses Begehren – soweit hier noch wesentlich – damit, dass der Bauträger und die einzelnen Wohnungseigentümer in einer Art „Summenvereinbarung“, die Bepflanzung der Gartengrenze mit einer Buchenhecke vereinbart hätten und eine solche nur gedeihen könne, wenn den Pflanzen beidseitig der Gartengrenze ein 30 cm breiter Erdstreifen zum Wachstum frei bleibe.

2.2. Das Berufungsgericht hat das Hauptbegehren deshalb nicht für berechtigt erachtet, weil dem Beklagten die Nutzung des ihm zugewiesenen Gartenbereichs bis zu dessen Grenze zustehe und eine Vereinbarung zwischen dem Bauträger und den Wohnungseigentümern keine Verpflichtung „unter den einzelnen Wohnungseigentümern“ begründe.

2.3. Der Kläger hält in der Revision seinen Standpunkt aufrecht, wonach die Festlegung „pflanzlicher Scheidewände“ geradezu „üblicher Vertragsbestandteil von Wohnungseigentumsverträgen“ sei, deren Wirksamkeit als „Summenvereinbarung“ vom Obersten Gerichtshof anerkannt und auch im Lichte des § 16 Abs 2 WEG 2002 nicht zu beanstanden sei.

2.4. Dem Kläger ist insoweit zuzugestehen, dass die Rechtsprechung vereinzelt unter bestimmten Voraussetzungen und zu unterschiedlichen Regelungsbereichen bei inhaltlich übereinstimmenden Einzelvereinbarungen von Mietern mit dem Vermieter (vgl etwa 5 Ob 197/99b immolex 2000/156, 3 Ob 299/04y immolex 2006, 48 [Prader] jeweils Verteilungsschlüssel im MRG-Bereich) oder von Mit- und Wohnungseigentümern mit bestimmten Dritten (Verkäufer, Wohnungseigentumsorganisator, Bauträger; vgl 1 Ob 604/80 MietSlg 32.492 [Bestellung eines Verwalters]; 5 Ob 52/89 wobl 1990/43 = MietSlg 42.441 [„Gemeinschaftsordnung“ betreffend KFZ-Abstellplätze]; 5 Ob 126/01t SZ 74/100 = MietSlg 53.583, 5 Ob 25/04v wobl 2005/117 = immolex 2004, 317, 5 Ob 155/08t, 5 Ob 135/14k wobl 2015/49 [jeweils Verteilungsschlüssel im WGG-Bereich]; 5 Ob 182/08p [Verteilungsschlüssel im WEG-Bereich]) die (grundsätzliche) Möglichkeit bindender Summenvereinbarungen angenommen hat (dagegen offen lassend 5 Ob 98/98t immolex 1999/16 = MietSlg 50.614 = NZ 1998, 405, 5 Ob 8/98g; 5 Ob 142/06b; krit Call, wobl 1990/43 [Entscheidungsanmerkung]).

2.5. Entscheidend ist im vorliegenden Kontext allerdings, dass erst aufgrund des konkreten Inhalts einer solchen Vereinbarung beurteilt werden könnte, welche bestimmten Verpflichtungen von wem eingegangen wurden und wem deren Durchsetzung gegebenenfalls zustehen sollte (vgl auch dazu 5 Ob 142/06b). Der Kläger hat dazu lediglich vorgebracht, dass zwischen dem Bauträger und sämtlichen Käufern darüber Gespräche geführt worden seien, wie die Grenze tatsächlich ausgeführt werden solle und „sämtliche Eigentümer erklärten gegenüber (dem Bauträger) keinen Zaun zu wünschen, sondern die Grenzlinie durch eine grüne Grenze zu bevorzugen“ (AS 99 = S 2 in ON 18). Das Erstgericht hat dazu nur festgestellt: „Der Wohnbauträger vereinbarte mit allen Wohnungseigentümern, dass die jeweiligen Gartenanteile durch Bepflanzung mit einer Buchenhecke an der Gartengrenze voneinander abgegrenzt werden.“ Der Kläger hat weder vorgebracht, in welchem Vertrag die von ihm behauptete Vereinbarung enthalten gewesen sein noch welchen konkreten Inhalt sie aufgewiesen haben soll. In den vorgelegten Verträgen, nämlich dem Bauträgervertrag (Blg ./K) sowie dem Kauf- und Wohnungseigentumsvertrag (Blg ./G), ist eine solche Vereinbarung jedenfalls nicht enthalten. Bei dieser vom Kläger nicht aufgeklärten Sachlage kann die von ihm aus einer angeblichen Summenvereinbarung abgeleitete Berechtigung seines Hauptbegehrens jedenfalls nicht angenommen werden, ohne dass grundsätzliche Erwägungen zu diesem Rechtsinstitut erforderlich wären.

3. Das erste Eventualbegehren des Klägers hat das Berufungsgericht mangels ausreichender Bestimmtheit abgewiesen. Gegen diese rechtliche Beurteilung trägt der Kläger in seiner Revision nichts vor.

4.1. Dem zweiten Eventualbegehren des Klägers hat das Berufungsgericht stattgegeben und ist dabei ohnehin gerade von dem vom Kläger gewünschten Grenzverlauf ausgegangen. Der Kläger erachtet sich aber dennoch und zwar deshalb beschwert, weil das Berufungsgericht angenommen hat, es handle sich bei den Gartenanteilen „um allgemeine Teile der Liegenschaft (…), da diese Flächen weder als Zubehör zu einem bestimmten Wohnungseigentumsobjekt noch als eigenes wohnungseigentumstaugliches Objekt im Grundbuch eingetragen“ seien. Die Befugnis der Parteien zur Nutzung der Gartenanteile leitete das Berufungsgericht dann aber aus einer die Mit- und Wohnungseigentümer bindenden Benützungsvereinbarung ab. Nach Ansicht des Klägers hätte das Berufungsgericht jedoch bereits § 5 Abs 3 WEG 2002 idF Wohnrechtsnovelle 2015, BGBl I 2014/100, anwenden (§ 58c Abs 1 Satz 3 WEG 2002 idF WRN 2015) und infolge eindeutiger Zuordnung der Gartenanteile in den Kauf- und Wohnungseigentumsverträgen deren Zubehöreigenschaft bejahen müssen.

4.2. Ein Eingehen auf die bezeichnete neue Rechtslage ist hier aber deshalb nicht erforderlich, weil der Kläger durch die lediglich in der Begründung enthaltene rechtliche Beurteilung des Berufungsgerichts nicht beschwert ist. Eine Beschwer durch die Begründung wird nämlich regelmäßig nur in den – hier nicht vorliegenden – Fällen von Rekursen gegen Aufhebungsbeschlüsse und Zwischenurteilen oder einer Entscheidung über eine Rechtsgestaltungsklage nach § 105 ArbVG anerkannt, sonst aber grundsätzlich abgelehnt (RIS-Justiz RS0041929 [T6 und T7]; vgl auch RS0007094). Für die Stattgebung des zweiten Eventualbegehrens ist der vom Berufungsgericht – in Übereinstimmung mit dem Rechtsstandpunkt des Klägers – angenommene Grenzverlauf maßgeblich. Ob sich die Befugnis der Streitparteien zur Nutzung der Gartenanteile aus einer Benützungsvereinbarung oder aufgrund deren Zubehöreigenschaft ergibt, ist schon zwischen den Streitteilen nicht entscheidungswesentlich. Überdies erwächst die vom Kläger beanstandete Rechtsansicht des Berufungsgerichts nicht in Rechtskraft, ist zur Auslegung und Individualisierung des Urteilsspruchs nicht erforderlich (vgl RIS-Justiz RS0043259) und kann insbesondere für das Rechtsverhältnis aller Wohnungseigentümer untereinander mangels Verfahrensbeteiligung der übrigen keine Bindungswirkung zeitigen. Aus der vom Kläger angezogenen Entscheidung 8 Ob 87/99y (richtig: 8 ObA 87/99y) ergibt sich für den vorliegenden Fall nichts Gegenteiliges.

5.1. Da sich somit insgesamt keine erhebliche Rechtsfrage im Sinn des § 502 Abs 1 ZPO stellt, ist die Revision unzulässig und zurückzuweisen.

5.2. Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 50, 41 ZPO. Der Beklagte hat auf die Unzulässigkeit der Revision hingewiesen.

Leitsätze