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Roman Reßler | News | 17.05.2016

Ausgewählte Beispiele für unterschiedliche Zustimmungserfordernisse nach der Wr. BauO und dem WEG

Gastautor Mag. Reßler erläutert anhand von ausgewählten Beispielen (z. B. Loggien-Verglasung, Fenstertausch, Wärmedämmungsmaßnahmen etc) die Unterschiede zwischen der Wr. BauO und dem WEG bezüglich der Zustimmungserfordernisse.

Der Gesetzgeber hat bei Bauvorhaben nach § 60 Wr. BauO, soweit es sich nicht um bauanzeigepflichtige Bauvorhaben nach § 62 Wr. BauO oder gar um bewilligungsfreie Bauvorhaben nach § 62a Wr. BauO handelt, die Erwirkung einer Baubewilligung durch den Bauwerber vorgesehen (§ 60 Abs 1 Wr. BauO). Bei bewilligungspflichtigen Bauvorhaben in einer Wohnungseigentumsanlage hat der Bauwerber neben einer Fülle von Einreichunterlagen auch die Zustimmung sämtlicher Wohnungseigentümer nachzuweisen (§ 63 Abs 1 lit c Wr. BauO). Dies ist nicht bei anzeigepflichtigen Bauvorhaben notwendig, bei denen, vereinfacht gesagt, keine Änderung der äußeren Gestaltung des Bauwerkes bewirkt wird. Im WEG gelten gewisse Änderungen des Wohnungseigentumsobjektes als Anteilsverfügung, zu welcher ein einzelner Wohnungseigentümer berechtigt ist und die nicht der Zustimmung der übrigen Wohnungseigentümer bedarf. Dazu zählen Änderungen der inneren Ausgestaltung eines Wohnungseigentumsobjektes (§ 16 Abs 2 Z 1 WEG). Sobald etwa durch bauliche oder widmungstechnische Änderungen nicht ausgeschlossen werden kann, dass auch in die Sphäre des Hauses oder eines Wohnungseigentümers eingegriffen werden kann, liegt eine Sachverfügung vor, die der Zustimmung aller Wohnungseigentümer bedarf. Anhand von Einzelbeispielen soll auf die unterschiedlichen Zustimmungserfordernisse im Bau- und Wohnungseigentumsrecht hingewiesen werden.

Dachgeschossausbau

Baurechtlich ist hier eine 100%ige Zustimmung erforderlich (§ 60 iVm 63 Abs 1 lit c Wr. BauO).Gleiches gilt im Wohnungseigentumsrecht (Sachverfügung).

Hausbesorgerwohnungen

Handelt es sich um ein echtes Hausbesorgerdienstverhältnis, welches nur bis 30.06.2000 begründet werden konnte, so bildet die einem Hausbesorger zugeteilte Hausbesorgerwohnung einen allgemeinen Teil. Spätestens mit Beendigung des Dienstverhältnisses müsste diese in die Nutzfläche des entsprechenden Objektes eingegliedert werden, weshalb hierfür die Zustimmung sämtlicher Wohnungseigentümer erforderlich ist. Baubehördlich stellt dies allerdings keine Änderung dar, sofern die Hausbesorgerwohnung bereits eingereicht wurde.

Nachträglicher Balkoneinbau oder Fenstervergrößerung

Baurechtlich ist diesbezüglich die Zustimmung sämtlicher Eigentümer notwendig, zumal es sich hier um eine Bauführung in der Gebäudehülle bzw Änderung dieser handelt. Gleiches gilt im Wohnungseigentumsrecht (Sachverfügung).

Nachträglicher Einbau eines Aufzuges in einem Gebäude

Wohnungseigentumsrechtlich handelt es sich hier um eine außerordentliche Verwaltungsmaßnahme, welche mit der anteilsmäßigen Mehrheit der Wohnungseigentümer beschlossen werden kann (§ 29 Abs 1 WEG, 5 Ob 124/99t). Baurechtlich ist hier zu unterscheiden: Wird der Aufzug außerhalb, also an der Hausfassade angebaut, so liegt hier eine baubewilligungspflichtige Maßnahme vor, die der Zustimmung sämtlicher Eigentümer bedarf. Findet hingegen der Einbau desselben in einem Gebäude statt, ohne die Gebäudehülle zu betreffen, so liegt bloß ein bauanzeigepflichtiger Tatbestand vor.

Loggien-Verglasung und Fenstertausch

Loggienverglasungen bedürfen einer Bauanzeige (§ 62 Wr. BauO). Beim Fenstertausch ist zu differenzieren: Wird ein anderes Profil verwendet oder eine andere Teilung des Fensters vorgenommen, so ist eine Bauanzeige notwendig. Auch bei Austausch von Fenstern gleicher Gliederung in Schutzzonen ist ebenso eine Bauanzeige erforderlich (§ 62 Abs 1 Z 3 Wr. BauO). Ist dies nicht der Fall, liegt eine bewilligungsfreie Veränderung (Fenstertausch mit gleichem Material, gleicher Teilung und Profilierung) vor. Wohnungseigentumsrechtlich ist bei Loggienverglasung eine Zustimmung sämtlicher Wohnungseigentümer erforderlich (5 0b 70/11x).

Im Wohnungseigentum kann sich der Fenstertausch (gleiche gegen gleiche) auch als Maßnahme der ordentlichen Verwaltung darstellen (§ 28 Abs 1 Z 1 WEG). Da jedoch regelmäßig mit dem Fenstertausch auch eine Verbesserung im Hinblick auf den Schall- und Wärmeschutz erfolgt, wird von einer außerordentlichen Verwaltungsmaßnahme auszugehen sein, die in beiden Fällen als Mehrheitsbeschluss zu fassen ist (§ 29 Abs 1 WEG).

Satellitenanlagen

Baurechtlich handelt es sich hierbei um eine bewilligungsfreie Maßnahme. In Schutzzonen sowie in Grünanlagen ist jedoch eine Bauanzeige erforderlich (§ 62a Wr. BauO). Nach Wohnungseigentumsrecht ist zu differenzieren, je nachdem, ob es sich zum Beispiel bei der Satellitenanlage um eine Gemeinschaftsanlage handelt, oder ob diese lediglich von einem Wohnungseigentümer errichtet werden soll. Im letzteren Fall könnte die Errichtung dieser nach § 16 Abs 2 Z 2 in Verbindung mit § 52 Abs 1 Z 2 WEG im außerstreitigen Verfahren durchgesetzt werden. Im Übrigen wäre die Errichtung einer Satellitenanlage als Gemeinschaftsanlage als außerordentliche Verwaltungsangelegenheit nach § 29 Abs 1 WEG zu qualifizieren (Mehrheitsbeschluss).

Photovoltaik- und Solaranlagen

Baurechtlich gibt es hier eine differenzierte Regelung. Wird die Photovoltaik- bzw Solaranlage parallel zum Dach angebracht, so liegt hier keine baubewilligungspflichtige Maßnahme vor, wenn die Anbringung außerhalb vom Grünland – Schutzgebiet sowie von Schutzzonen und Gebieten mit Bausperre erfolgt und keine Bewilligungspflicht nach § 60 Abs 1 lit j Wr. BauO vorliegt (§ 62a Abs 1 Z 24 Wr. BauO). Wird hingegen selbige in einer schräg aufgestellten Form durch eine Tragkonstruktion angebracht, so liegt eine bewilligungspflichtige Maßnahme baurechtlich vor, da eine Änderung der äußeren Erscheinung gegeben ist (§ 60 Abs 1 lit c Wr. BauO).

Wohnungseigentumsrechtlich kann die Anbringung einer Parabolantenne vom Einzelnen im Wege des Außerstreitverfahrens durchgesetzt werden (§ 16 Abs 2 Z 2 iVm § 52 Abs 1 Z 2 WEG). Die Anbringung großflächiger Solaranlagen an der Dachhaut wäre jedenfalls als Sachverfügung zu betrachten, welche der Zustimmung sämtlicher Wohnungseigentümer bedürfte.

Wärmedämmungsmaßnahmen

Wird die Wärmedämmung in einer Dicke von 20 cm an die Fassade angebracht, sowie in einer Dicke von 30 cm ab Gebäudehöheschnittpunkt (Dachfläche), so handelt es sich baurechtlich um eine bewilligungsfreie Maßnahme (§ 62a Abs 1 lit 31 Wr. BauO). Wird hingegen eine Breite von 20 bzw 30 cm am Dach überschritten, so handelt es sich dabei um eine bewilligungspflichtige Maßnahme und bedarf somit der Zustimmung sämtlicher Eigentümer. Handelt es sich dabei wohnungseigentumsrechtlich um eine Verbesserungsmaßnahme, so wäre dies im Rahmen der außerordentlichen Verwaltung mit anteilsmäßiger Mehrheit zu beschließen.

Widmungsänderungen im Baurecht

Nach dem Wortlaut des Gesetzes in § 60Abs 1 lit c Wr. BauO ist jede Änderung der Widmung bewilligungspflichtig. Dabei ist jedoch eine Bezugnahme auf öffentliche Rücksichten gefordert. Gemeint ist in erster Linie eine Änderung in der Widmungskategorie einer Wohnung und nicht von einzelnen Zimmern. Hinsichtlich Raumeinteilungen und Raumwidmungen scheint jedoch eine Derogation durch § 62 Abs 1 Z 4 Wr. BauO gegeben zu sein (Bauanzeige). Ist mit einer Widmungsänderung eine Stellplatzverpflichtung verbunden, so handelt es sich dabei um eine bewilligungspflichtige Maßnahme. Eine Widmungsänderung einer Wohnung im Wohnungseigentumshaus bedarf wohnrechtlich der Zustimmung sämtlicher Wohnungseigentümer. Gleiches gilt für Änderungen im Zuge eines Parifizierungsgutachtens, aufgrund dessen die Nutzwerte ins Grundbuch eingetragen werden.

Exkurs

In einer Wohnzone laut Wr. BauO müssen ab 80 % Widmungen für Wohnzwecke ausgewiesen sein. Bei der Berechnung des 80%igen Wohnnutzflächenanteiles werden die im Erdgeschoss des jeweiligen Gebäudes befindlichen Nutzungen nicht berücksichtigt. Wird die 80- %-Grenze eingehalten, könnte auch im 3. Stock eines Gebäudes ein Büro durch Umwidmung einer Wohnung entstehen.

Fazit

Bei baulichen Veränderungen in Wohnungseigentumsobjekten müssen sowohl baurechtliche als auch wohnrechtliche Aspekte berücksichtigt werden, wobei unterschiedliche Zustimmungsregelungen in den BauO der Bundesländer bestehen. Eine einheitliche Regelung bzw eine Anpassung im Wohnrecht wäre daher zu begrüßen.

Autor

Mag. Roman Reßler ist Rechtsberater im Zentralverband Haus und Eigentum. Schon während seines Studiums war er als Eigentümer von Liegenschaften mit Fragen des Miet- und Wohnrechts beschäftigt. Nach Absolvierung des rechtswissenschaftlichen Studiums und des Gerichtsjahres mit dem Schwerpunkt „Wohnrecht“ sammelte er weitere praktische Erfahrungen in einer Hausverwaltung. Im Jahre 2001 begann er seine Tätigkeit als Rechtsberater im Zentralverband Haus und Eigentum, wo er für die persönliche Mitgliederberatung verantwortlich ist.

Neben seiner Tätigkeit als Rechtsberater verfasst er auch juristische Fachartikel in der monatlich erscheinenden Mitgliederzeitung „Haus & Eigentum“.