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Philipp Ortbauer | News | 12.04.2013

Die Fenster im Mietrecht – Erhaltungspflichten und Investitionsersatz

Gastautor Mag. Ortbauer geht näher darauf ein, ob den Vermieter Erhaltungspflichten in Bezug auf Wohnungsfenster treffen und ob dem Mieter, wenn er selbständig Erhaltungs- bzw. Erneuerungsarbeiten durchführen lässt, ein Investitionsersatz zusteht.

Die nach Erfahrungen des Autors in der wohnrechtlichen Praxis oft behandelten Fragen der Erhaltungs- und Erneuerungspflichten der Wohnungsfenster, sowie allfälliger Investitionsersatzansprüche des Mieters sollen durch diesen Artikel eingehender beleuchtet werden: Welche Erhaltungs- bzw Erneuerungspflichten treffen den Vermieter? Welche gesetzlichen Grundlagen für Ersatzansprüche stehen dem Mieter für den Fall der selbstständigen Durchführung dieser Erhaltungs- bzw Erneuerungsarbeiten zur Verfügung?

Erhaltungspflicht des Vermieters nach § 3 Abs 2 Z 1 MRG

Im Bereich der Vollanwendung des MRG trifft den Vermieter gemäß § 3 Abs 2 Z 1 MRG die Erhaltungspflicht betreffend allgemeiner Teile der Liegenschaft. Nach ständiger Rechtsprechung stellen die Wohnungsfenster als Bestandteil der „Außenhaut“ des Hauses einen solchen allgemeinen Teil dar und sind daher von der Erhaltungspflicht des Vermieters nach § 3Abs 2 Z 1 MRG umfasst (MietSlg 41.192 uvm). Die vor allem in den Wiener Gründerzeithäusern oft anzutreffenden „Kastenfenster“, die aus Innen- und Außenfenster bestehen, sind nur hinsichtlich der Außenfenster als allgemeine Teile der Liegenschaft anzusehen. Die Erhaltung der Innenfensterflügel als Teil des Mietobjektes obliegt, sofern nicht ein ernster Schaden des Hauses bzw eine erhebliche Gesundheitsgefährdung vorliegt, nicht dem Vermieter (5 Ob 197/97i). Verbundfenster, bei denen Außen- und Innenseite funktional miteinander verbunden sind, sind aber als Ganzes als Teil der „Außenhaut“ zu betrachten und fallen daher zur Gänze in die Erhaltungspflicht des Vermieters (5 Ob 123/10i).

Erhaltung oder Erneuerung?

Liegt als Grundvoraussetzung jeglicher Erhaltungspflicht ein Mangel im Sinne einer Reparaturbedürftigkeit, einer Einschränkung der Funktionsfähigkeit und Brauchbarkeit oder zumindest eine Schadensgeneigtheit (5 Ob 106/08m) an den Fenstern vor, so kann nach herrschender Rsp nicht nur die Instandhaltung selbst, sondern auch eine etwaige Erneuerung von der Erhaltungspflicht iSd § 3 MRG umfasst sein. Dieser, aus § 3 Abs 2 Z 3 zweiter Halbsatz MRG, abgeleitete Grundsatz ist dann anzuwenden, wenn aus Gründen der Wirtschaftlichkeit der Austausch bzw die Erneuerung der Fenster vertretbarer als eine bloße Instandhaltung ist (5 Ob 110/91, 5 Ob 15/96 uvm). Dabei ist nicht nur auf einen Vergleich der Kosten zwischen Erneuerung und Instandhaltung abzustellen, sondern auch auf die in Zukunft zu erwartenden Sanierungskosten. Bei der Wahl des Materials der auszutauschenden Fenster ist der Vermieter grundsätzlich frei, sofern er sich am ortsüblichen Standard und am allgemeinen Erhaltungszustand des Hauses orientiert (5 Ob 110/91).

Investitionsersatzansprüche des Mieters

Lässt der Mieter die notwendigen Erhaltungs- bzw Erneuerungsarbeiten an den Wohnungsfenstern selbst durchführen, so können unter bestimmten Voraussetzungen Ansprüche nach § 10 MRG oder § 1097 ABGB geltend gemacht werden. Dabei ist zwischen Instandhaltung und einer gänzlichen Erneuerung der Fenster zu unterscheiden:

Die Kosten einer bloßen Instandhaltung können jedenfalls nicht mittels § 10 MRG geltend gemacht werden (5 Ob 193/08f). Solche Kosten kann der Mieter aber, unter der Voraussetzung der vertraglichen oder gesetzlichen (§ 3 MRG, § 14a WGG, § 1096 ABGB) Erhaltungspflicht des Vermieters, nach § 1097 iVm § 1036 ABGB (notwendiger Aufwand) sofort vom Bestandgeber rückfordern. Diesen notwendigen Aufwand kann der Mieter vom Vermieter unabhängig davon begehren, ob diesem tatsächlich ein Vorteil erwachsen ist (3 Ob 168/74), die hiefür aufgewendeten Kosten müssen aber stets angemessen und notwendig gewesen sein.

Lässt der Mieter die Fenster vollständig erneuern, so ist ein sofortiger Anspruch nach § 1097 iVm 1036 nur dann denkbar, wenn dieser Erneuerungsanspruch auch im Wege der Durchsetzung der vertraglichen oder gesetzlichen Erhaltungsverpflichtung des Vermieters bestanden hätte (siehe dazu die obigen Ausführungen). Bei einem vollständigen Austausch der Fenster durch den Mieter sind zudem die Voraussetzungen des § 9 MRG für wesentliche Veränderungen am Bestandobjekt zu beachten.

Nach Auflösung des Mietverhältnisses sind, bei Erneuerung der Fenster, Ansprüche nach § 10 MRG oder § 1097 iVm 1037 ABGB möglich. Zwar ist eine Erneuerung der Fenster nicht ausdrücklich in der taxativen Aufzählung des § 10 Abs 3 MRG enthalten, nach herrschender Rsp sind solche Investitionen aber dann als andere gleichwertige Verbesserungen iSd § 10 Abs 3 Z 4 MRG anzusehen, wenn damit eine Erhöhung des Schall- und Wärmeschutzes bewirkt wird, unabhängig davon, ob eine mögliche öffentliche Förderung konkret in Anspruch genommen wurde (7 Ob 532/90, 6 Ob 614/90). Die Geltendmachung eines nützlichen Aufwandes nach § 1097 iVm 1037 ABGB verlangt dagegen den vom Mieter zu erbringenden Nachweis, dass der Fenstertausch zum klaren und überwiegenden Vorteil des Vermieters und eine objektive Wertsteigerung des Bestandobjektes erfolgt ist (1 Ob 718/89). Der Ersatz von notwendigen Aufwendungen nach § 1097 iVm 1036 ABGB und Ansprüche nach § 10 MRG können im Vollanwendungsbereich des MRG nicht vertraglich abbedungen werden. Lediglich auf den Anspruch nach § 1097 iVm 1037 ABGB kann vorab vertraglich wirksam verzichtet werden (ua MietSlg 42.199).

Die Ansprüche nach § 10 MRG und § 1097 iVm 1037 ABGB konkurrieren, sodass es dem Mieter, Vollanwendungsbereich des MRG vorausgesetzt, frei steht, seinen Anspruch entweder auf eine der beiden oder auf beide Bestimmungen gleichzeitig zu stützen (MietSlg 42.104). Der Anspruch nach § 10 MRG ist dabei gemäß § 37 Abs 1 Z 6 MRG im wohnrechtlichen Außerstreitverfahren zu verfolgen, die Ansprüche nach § 1097 ABGB (notwendiger und nützlicher Aufwand) auf dem streitigen Rechtsweg. Stets sind die in § 1097 ABGB und § 10 MRG normierten Fristen (und Formen) zur Geltendmachung zu beachten, werden diese Fristen nicht eingehalten, so tritt die, von Amts wegen zu berücksichtigende, Präklusion des Anspruchs ein.

Dem Mieter steht somit bei entsprechenden Mängeln an den Fenstern nicht nur der Weg der Durchsetzung einer Erhaltungsverpflichtung des Vermieters mittels Antrags gemäß §§ 3, 6 iVm 37 MRG offen, sondern, im Falle der Durchführung im eigenen Namen, Ansprüche nach § 1097 ABGB bzw § 10 MRG. Ein etwaiger Anspruch nach § 1097 iVm § 1036 ABGB wird dabei sofort fällig, Ansprüche nach § 10 MRG bzw § 1097 iVm § 1037 ABGB jeweils erst nach Beendigung des Mietverhältnisses.

Autor

Mag. Philipp Ortbauer ist Jurist der Mietervereinigung Österreichs mit langjähriger Beratungserfahrung in sämtlichen Bereichen des österreichischen Wohnrechts und Vertretungstätigkeit in allen Angelegenheiten des wohnrechtlichen Außerstreitverfahrens.

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