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Philipp Ortbauer | News | 21.07.2014

Die Rügepflicht des Mieters nach § 15a Abs 2 MRG

Gastautor Mag. Ortbauer von der Mietervereinigung Österreichs erörtert in seinem Gastbeitrag ausführlich, welche Relevanz für die Praxis eine aktuelle OGH-Entscheidung zum Thema mit sich bringt.

Erstmals hat sich der OGH in der Entscheidung 5 Ob 175/13s mit der durch die WRN 2006 eingefügten Rügeobliegenheit des Mieters nach § 15a Abs 2 MRG inhaltlich befasst. Anlässlich dieser Entscheidung versucht der nachstehende Artikel die in der Praxis der Mietzinsüberprüfungsverfahren überaus relevante Bestimmung näher zu erläutern.

Gemäß § 15a Abs 2 MRG richtet sich die Ausstattungskategorie des § 15a Abs 1 MRG nach dem Ausstattungszustand der Wohnung im Zeitpunkt des Abschlusses des Mietvertrags. Ist im Zeitpunkt des Abschlusses des Mietvertrages die Wohnung oder ein Ausstattungsmerkmal nicht brauchbar oder entspricht eine Badegelegenheit nicht dem zeitgemäßen Standard, so ist dies für die Einstufung der Wohnung im Kategoriesystem nur zu berücksichtigen, wenn der Mieter die Unbrauchbarkeit oder das Fehlen des zeitgemäßen Standards dem Vermieter anzeigt und dieser den Mangel nicht in angemessener Frist, höchstens aber binnen dreier Monate ab Zugang der Anzeige, behoben hat.

1. Zeitlicher Anwendungsbereich und vorherige Rechtslage

§ 15a Abs 2 MRG idF der WRN 2006 ist nach der Übergangsbestimmung des § 49e Abs 3 MRG nur auf Mietverträge anzuwenden, die nach dem 30.09.2006 geschlossen wurden. Vor In-Kraft-Treten der WRN 2006 per 01.10.2006 sah § 16 Abs 2 Z 4 MRG eine Mängelanzeige des Mieters lediglich bei nicht brauchbarer Wasserentnahmestelle oder nicht brauchbarem Klosett innerhalb der Wohnung vor. Die Judikatur hat diese Bemängelungspflicht allerdings schon vor In-Kraft-Treten der WRN 2006 auf die Brauchbarkeit der Wohnung insgesamt erweitert, wenn dem Vermieter die Mängel, die zur Unbrauchbarkeit führten, nicht leicht erkennbar waren (siehe etwa 5 Ob 295/06b, 5 Ob 304/01v).

Durch § 15a Abs 2 MRG wurde die Rügeobliegenheit auf die Brauchbarkeit der Wohnung, sämtlicher Kategoriemerkmale iSd § 15a Abs 1 MRG und den nicht zeitgemäßen Standard der Badegelegenheit erweitert. Nach wie vor nicht rügepflichtig ist das Fehlen einzelner Kategoriemerkmale, sodass der Vermieter in einem solchen Fall auch nicht innerhalb angemessener Frist nachbessern kann.

2. Form und Inhalt der Rüge, Verbesserungfrist

Die Mängelanzeige des Mieters unterliegt keiner Formvorschrift und kann daher grundsätzlich auch mündlich erfolgen. Wie schon in den ErläutRV zur WRN 2006 (1183 BlgNr 22. GP 41) festgehalten und nun vom OGH in der bereits angesprochenen Entscheidung 5 Ob 175/13s bestätigt wurde, reicht es auch aus, wenn der Mieter unter Bezugnahme auf diesen Mangel bei Gericht oder der Schlichtungsstelle ein Mietzinsüberprüfungsverfahren einleitet (so auch Schinnagl in Illedits/Reich-Rohrwig, Wohnrecht Kurzkommentar, Rz 13 zu § 15a MRG). Nach landesgerichtlicher Judikatur ist es auch nicht erforderlich, dass der Mieter dem Vermieter die Rechtsfolge, also die beabsichtigte Herabsetzung des Mietzinses, ausdrücklich androht. Es reicht demnach, wenn diese Absicht dem Vermieter aus den Umständen erkennbar ist (MietSlg 62.272).

Nach erfolgter Rüge durch den Mieter liegt es am Vermieter den Mangel binnen angemessener Frist, höchstens aber binnen 3 Monate, zu beheben. Die obig angeführten Gesetzesmaterialen und die herrschende Meinung im Schrifttum unterstreichen, dass die angemessene Frist zur Behebung des Mangels in der Regel kürzer sein wird als die vom Gesetz normierte dreimonatige Maximalfrist (Stabentheiner, Die miet- und wohnungseigentumsrechtlichen Teile der WRN 2006, wobl 2006/241). Ist der angezeigte Mangel daher binnen kürzerer Frist zu beheben, so stehen dem Vermieter nicht drei Monate zur Sanierung zur Verfügung. In diesem Lichte erweist sich die Frist in der Praxis als echte Gefahr für Hausverwaltungen, die im Falle nicht fristgemäßer Veranlassung der Mängelbehebung und folgender Mietzinsherabsetzung durchaus Schadenersatzansprüchen des Eigentümers und Vermieters ausgesetzt sein können.

Der OGH hat in 5 Ob 175/13s zudem klargestellt, dass die Frist bereits ab Anzeige und nicht erst ab dem Zeitpunkt, zu dem der Mangel aus subjektiver Sicht des Vermieters feststand, zu laufen beginnt. Wird der Mangel nicht innerhalb dieser angemessenen Frist behoben, so wirkt die angezeigte Unbrauchbarkeit des Kategoriemerkmals nach dem klaren Wortlaut des Gesetzes ab dem Zeitpunkt des Abschluss des Mietvertrages. Wenn der OGH diese Frage auch offen lässt, muss e contrario davon ausgegangen werden, dass die rechtzeitige Behebung des Mangels ebenso auf den Mietvertragsbeginn rückwirkt. Dies ist insofern von Bedeutung, als dem Mieter für seine Mängelanzeige keine Frist gesetzt ist und er eine solche, innerhalb der Präklusivfrist des § 16 Abs 8 MRG, jederzeit erstatten kann.

3. Auswirkungen der nicht (fristgemäß) erfolgten Verbesserung

Verbessert der Vermieter nicht binnen angemessener Frist, so ist bei der Mietzinsbildung von der bei Mietvertragsabschluss vorhandenen Ausstattungskategorie auszugehen. Dies kann etwa im Fall gravierender Mängel, die zur Unbrauchbarkeit der Wohnung iSd § 15a MRG führen, massive Auswirkungen auf die Mietzinshöhe haben. Relevant ist die Kategorieeinstufung jedoch nicht nur für die Frage der Richtwertmietzinsbildung, sondern auch für ein etwaiges Verfahren nach § 18 MRG (wobei hierbei der Zeitpunkt des Abschlusses des Mietvertrages zu beachten ist, siehe unter Punkt 1.).

4. Teleologische Reduktion der Rügeobliegenheit?

Zweck der Mängelanzeige des § 15a Abs 2 MRG ist es „Vermieterfallen“ zu vermeiden, dh der Vermieter soll nicht durch ihm unbekannte Mängel von der Unbrauchbarkeit der Wohnung oder eines Kategoriemerkmals überrascht werden. Nunmehr kommt es in der Praxis durchaus oft zur Konstellation, dass zwar ein gesetzlich überhöhter Mietzins vereinbart wird, die Unbrauchbarkeit der Wohnung oder einzelner Kategoriemerkmale dem Vermieter aber wohl bewusst – weil offensichtlich – ist, etwa wenn gar die niedrigere Ausstattungskategorie im Mietvertrag ausdrücklich angeführt ist. Unter Zugrundelegung des Telos der Norm kann mE in solchen Fällen die Rügeobliegenheit des Mieters (und damit auch eine Nachbesserungsmöglichkeit des Vermieters) nicht zur Anwendung gelangen.

Weiters ist fraglich, ob die Rügeobliegenheit auch in den Fällen zur Anwendung kommen soll, in denen dem Vermieter aufgrund der faktischen Gegebenheiten eine Verbesserung nicht möglich ist. Zu denken ist dabei an die, aufgrund der zu geringen Größe, nicht zeitgemäßen Badegelegenheit (MietSlg 55.289), die wegen der räumlichen Verhältnisse in Kleinstwohnungen nicht einmal theoretisch vergrößert werden könnte. Dieses Problem sollte mMn mieterseitig allerdings aus Vorsichtsgründen mit einer entsprechenden Mängelanzeige gelöst werden, kann doch der Vermieter in einem solchen Fall innerhalb der Maximalfrist ohnehin keine Verbesserung durchführen.

Abschließend ist noch auf die schon durch Stabentheiner (Die miet- und wohnungseigentumsrechtlichen Teile der WRN 2006, wobl 2006/241) aufgeworfene Problematik des Verhältnisses der Rügeobliegenheit des Mieters zur Präklusivfrist des § 16 Abs 8 MRG bei befristeten Mietverhältnissen einzugehen. Nachdem eine Rüge des Mieters nach Rückstellung der Wohnung mangels Verbesserungsmöglichkeit des Vermieters nicht mehr möglich sein wird, konterkariert die Rügeobliegenheit des Mieters die durch § 16 Abs 8 MRG eröffnete Möglichkeit, den Mietzinsüberprüfungsantrag bei befristeten Mietverhältnissen noch 6 Monate nach Beendigung des Mietverhältnisses einzubringen. Zweck dieser Bestimmung ist es nämlich dem Mieter nicht die Chance einer Mietvertragsverlängerung durch Antragstellung während aufrechter Befristung zu nehmen. Nachdem die Rüge aber nur während aufrechten Mietverhältnisses möglich ist und dem Vermieter die durch den Mieter beabsichtigte Mietzinsüberprüfung bereits anzeigt, vereitelt die Mängelanzeige die Chance auf eine Mietvertragsverlängerung, die durch die Präklusivfrist des § 16 Abs 8 MRG eigentlich gewahrt werden soll. Der OGH hat allerdings bei ähnlich gelagerter Problemstellung die Rügepflicht des Unternehmers bei befristeten Geschäftsraummieten nach § 16 Abs 1 Z 1 MRG bejaht (5 Ob 191/12t), sodass davon auszugehen ist, dass auch die Rügepflicht des Wohnungsmieters nach § 15a Abs 2 MRG bei befristeten Mietverhältnissen zur Anwendung gelangt.

5. Resumée

Die Entscheidung 5 Ob 175/13s hat uns erste höchstgerichtliche Klarstellungen zur noch jüngeren Bestimmung des § 15a Abs 2 MRG gebracht. Meiner Ansicht nach wirft die Bestimmung allerdings weitere Fragestellungen auf, die, aufgrund der Praxisrelevanz in den Mietzinsüberprüfungsverfahren, sicherlich bald durch die Judikatur geklärt werden (müssen).

Autor

Mag. Philipp Ortbauer ist Jurist der Mietervereinigung Österreichs mit langjähriger Beratungserfahrung in sämtlichen Bereichen des österreichischen Wohnrechts und Vertretungstätigkeit in allen Angelegenheiten des wohnrechtlichen Außerstreitverfahrens.