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Philipp Ortbauer | News | 20.01.2015

Die einstweilige Verfügung zur Sicherung des Anspruchs nach §§ 3, 6 MRG

Gastautor Mag. Ortbauer widmet sich in seinem Beitrag ausführlich dem Thema einstweilige Verfügung, welche in der mietrechtlichen Praxis häufig zur Sicherung von Ansprüchen gem § 3, 6 MRG, vor allem bei Gesundheitsgefährdungen, zum Einsatz kommt.

Der folgende Beitrag widmet sich der durch das 3. Wohnrechtsänderungsgesetz geschaffenen Möglichkeit der einstweiligen Verfügung nach § 37 Abs 3 Z 20 MRG zur Sicherung von Ansprüchen der in § 37 Abs 1 MRG angeführten Verfahren. Insbesondere soll, wie aus dem Titel ersichtlich, die Sicherung des Anspruchs zur Durchsetzung notwendiger Erhaltungsarbeiten iSd § 3 MRG mittels einstweiliger Verfügung aus Sicht eines Praktikers näher erläutert und dabei die in der Rechtsanwendung häufig auftretenden Problemstellungen beleuchtet werden.

I. Rechtsgrundlage

Zunächst ist festzuhalten, dass die Rechtsprechung bereits vor dem 3. Wohnrechtsänderungsgesetz eine Sicherung der Ansprüche, die im Verfahren nach § 37 MRG durchzusetzen sind, durch einstweilige Verfügung für zulässig erachtete (MietSlg 41.611). Die durch das 3. Wohnrechtsänderungsgesetz geschaffene rechtliche Grundlage in § 37 Abs 3 Z 20 MRG stellte daher eine bloß gesetzliche Positvierung der bereits zuvor herrschenden Judikatur dar.

Die Voraussetzungen und das Verfügungsverfahren richten sich dabei nach den Bestimmungen der EO (§ 378ff EO). Durch § 37 Abs 3 Z 20 MRG wird allerdings einschränkend bestimmt, dass die Sicherung eines Anspruchs auf Durchführung privilegierter Erhaltungsarbeiten iSd § 3 Abs 3 Z 2 MRG nicht von einer Sicherheitsleistung nach § 390 Abs 2 EO abhängig gemacht werden kann.

II. Zuständigkeit

Die einstweilige Verfügung ist gemäß § 387 Abs 1 EO beim für die Hauptsache zuständigen Gericht zu beantragen, im Verfahren nach § 37 MRG daher beim Bezirksgericht, in dessen Sprengel das Bestandobjekt liegt. Wird ein Antrag auf Erlassung einer einstweiligen Verfügung bei Gericht eingebracht, so ist auch in der Hauptsache das Gericht, ohne Vorschaltung der Gemeinde (Schlichtungsstelle) nach § 39 MRG, zuständig. Wenn zum Zeitpunkt der Einbringung des Antrags auf Erlassung einer einstweiligen Verfügung das Verfahren in der Hauptsache bereits bei der Gemeinde anhängig gemacht wurde, ist das Verfahren bei der Gemeinde einzustellen und gilt, ohne Berücksichtigung der sonst erforderlichen dreimonatigen Verfahrensdauer, iSd § 40 Abs 2 MRG als von der Schlichtungsstelle abgezogen (5 Ob 240/02h).

Die sofortige Zuständigkeit des Gerichts in der Hauptsache ist nach der Judikatur auch dann zu bejahen, wenn mehrere, nicht im unmittelbaren Zusammenhang stehende, Erhaltungsarbeiten in einem gemeinsamen Antrag nach § 6 Abs 1 MRG geltend gemacht werden, wenn auch nur einer der Antragspunkte durch einstweilige Verfügung gesichert werden soll. Dies gilt nach der Rechtsprechung selbst dann, wenn der Antrag auf Erlassung der einstweiligen Verfügung im Laufe des Verfügungsverfahrens wieder zurückgezogen wird (5 Ob 240/02h). Die zitierte Judikatur bietet somit die Möglichkeit, die oft sehr langwierigen Verfahren nach § 6 MRG, durch Antrag auf Erlassung einer einstweiligen Verfügung entsprechend abzukürzen.

III. Voraussetzungen und praktische Anwendungsfälle

Einstweilige Verfügungen zur Sicherung von Ansprüchen nach § 3, 6 MRG sind einerseits denkbar, wenn zu besorgen ist, dass die Verwirklichung des Hauptanspruchs durch Veränderung des bestehenden Zustandes vereitelt oder erheblich erschwert wird (§ 381 Z 1 EO), andererseits wenn eine Sicherungsmaßnahme zur Abwendung eines drohenden unwiederbringlichen Schadens notwendig erscheint (§ 381 Z 2 EO).

Die erstgenannte Variante kann sich etwa dann ergeben, wenn die Erhaltung eines Bauteils durch geplante Veränderungen des Vermieters unmöglich gemacht wird. Die zweitgenannte, in der Praxis häufiger vorkommende, Variante ergibt sich vor allem durch Schäden, die eine gesundheitliche Schädigung der Mieter bewirken, etwa durch eine stark verschimmelte Wohnung.

Der für das Provisorialverfahren geltende Grundsatz, wonach die einstweilige Verfügung der Endentscheidung in der Hauptsache nicht vorgreifen darf, ist bei zweitgenannter Variante nur einschränkend anzuwenden, da sich in diesen Fällen die Sicherungsmaßnahme meist zumindest teilweise mit dem in der Hauptsache angestrebten Ziel decken wird. So kann etwa die Hintanhaltung der Gesundheitsgefährdung durch Schimmelbelastung nur durch die auch in der Hauptsache beantragte Entfernung des Schimmels gewährleistet werden. Zur Abwendung eines unwiederbringlichen Schadens iSd § 381 Z 2 EO lässt es die Rechtsprechung daher auch zu, dass sich das verfügte Sicherungsmittel mit der beantragten Erhaltungsmaßnahme in der Endentscheidung deckt (RS0009418). In diesem Sinne hat das LGZ Wien erst kürzlich die auch in der Hauptsache beantragte Neuerrichtung eines Aufzuges als Sicherungsmaßnahme durch einstweilige Verfügung bestätigt, weil der gefährdeten Partei das Erreichen der Wohnung über die Treppe ohne Gefährdung der Gesundheit (Herzerkrankung) nicht möglich war (LGZ Wien 38 R 225/13i).

IV. Rechtsmittel und Kostenersatz

Hinsichtlich der Rechtsmittelmöglichkeiten sind die Vorschriften der EO zu beachten, daher steht zum einen der Rekurs binnen 14 Tagen, zum anderen der Widerspruch binnen selber Frist unter der Voraussetzung des § 397 Abs 1 EO zur Verfügung. Beiden Rechtsmitteln kommt grundsätzlich keine hemmende Wirkung zu.

Einstweilige Verfügungen werden nach § 393 EO zunächst auf Kosten der antragstellenden Partei getroffen. Ein möglicher Kostenersatz des Gegners der gefährdeten Partei richtet sich nach den Kostenersatzbestimmungen des Verfahrens in der Hautptsache, im mietrechtlichen Außerstreitverfahren daher unter Berücksichtigung der Billigkeit nach § 37 Abs 3 Z 17 MRG. Obsiegt die gefährdete Partei in der Hauptsache, so hat sie Anspruch auf Ersatz der Kosten des (erfolgreichen) Verfügungsverfahrens (Kodek in Angst, § 393 EO Rz 2 ff). Da das Verfügungsverfahren grundsätzlich getrennt von der Hauptsache zu betrachten ist, kann mE der von einem Interessensvertreter vertretene Antragsteller den pauschalen Vertretungskostenersatz gemäß § 37 Abs 3 Z 17 MRG sowohl für das Verfügungsverfahren als auch für das Hauptverfahren beanspruchen.

V. Verfügungsvollzug

Nachdem einstweilige Verfügungen nach § 381 Z 2 EO einer gesonderten Exekution bedürfen, stellt sich im Verfahren zur Sicherung des Anspruchs nach §§ 3, 6 MRG die Frage, ob auch die einstweilige Verfügung durch Antrag nach § 6 Abs 2 MRG (Zwangsverwalterbestellung) vollzogen werden muss. Aufgrund des zweiseitigen, kontradiktorischen Verfahrens nach § 6 Abs 2 MRG und der damit einhergehenden längeren Verfahrensdauer, würde dies allerdings im Widerspruch zu dem, von der einstweiligen Verfügung angestrebten, Ziel der raschen Sicherung stehen. Richtigerweise ist die einstweilige Verfügung daher auch in diesen Fällen nach den Bestimmungen der EO zu vollziehen, selbst wenn das verfügte Sicherungsmittel bereits, der Hauptsache vorgreifend, eine Erhaltungsmaßnahme nach §§ 3, 6 MRG darstellt.

VI. Resumée

Das in der mietrechtlichen Praxis in letzter Zeit häufiger eingesetzte Mittel der einstweiligen Verfügung taugt zur Sicherung des Anspruchs nach §§ 3, 6 MRG vor allem in jenen Fällen, in denen die Mängel eine Gesundheitsgefährdung des Mieters darstellen. Selbst wenn die einstweilige Verfügung dabei am Ende nicht zu bewilligen ist, eignet sie sich zumindest dazu eine Verfahrensbeschleunigung in den ohnehin meist sehr langwierigen Verfahren nach § 6 MRG zu erwirken.

Autor

Mag. Philipp Ortbauer ist Jurist der Mietervereinigung Österreichs mit langjähriger Beratungserfahrung in sämtlichen Bereichen des österreichischen Wohnrechts und Vertretungstätigkeit in allen Angelegenheiten des wohnrechtlichen Außerstreitverfahrens.