© WEKA Business Solutions GmbH
A-1200 Wien, Dresdner Straße 45
E-Mail: kundenservice@weka.at

Dokument-ID: 871980

WEKA (ato) | News | 14.11.2016

Erhaltungspflicht des Vermieters bei Undichtheit von Innenfenstern?

Die Erhaltung von Innenfenstern obliegt als Teil des Mietobjektes grundsätzlich nicht dem Vermieter, sofern es sich nicht um einen ernsten Schaden des Hauses handelt. Wie hat der OGH diesbezüglich im vorliegenden Fall entschieden?

Geschäftszahl

OGH 14. Juni 2016, 5 Ob 249/15a

Norm

§§ 3, 6, 18, 19 MRG

Leitsatz

Quintessenz:

Die Erhaltung von Innenfenstern obliegt als Teil des Mietobjektes grundsätzlich nicht dem Vermieter, sofern es sich nicht um einen ernsten Schaden des Hauses handelt. In casu stellte die Undichtheit der Innenfenster für sich allein keinen ernsten Schaden des Hauses dar und war als solche von der Schadhaftigkeit der Außenfenster (faktisch und rechtlich) zu trennen.

OGH: Es stand zur Frage, ob - wie vom Rekursgericht festgelegt - die Antragsgegner als Vermieter auch die Erhaltungspflicht für Innenflügel der Fenster treffe. Aus technischer Sicht trifft es zwar zu, dass bei aus Innen- und Außenflügeln bestehenden Fenstern die Innenflügel dicht sein müssten, während die Außenflügel nicht luftdicht sein dürften, damit eingedrungene Feuchtigkeit nach außen ablüften könne. Laut OGH kann jedoch aus diesem – bei jedem derartigen Fenster bestehenden bauphysikalischen Zusammenhang zwischen Innen- und Außenflügeln – nicht auf die rechtliche Einheit rückgeschlossen werden. Vielmehr hat es im Falle von Fenstern mit Innen- und Außenflügeln bei der oberstgerichtlichen Rechtsprechung zu bleiben, der zufolge den Vermieter die Erhaltungspflicht iSd § 3 MRG nur bezüglich der Außenflügel treffe.

Nach ständiger Rechtsprechung des OGH gehören die Außenfenster zu den allgemeinen Teilen des Hauses. Sie fallen somit in die Erhaltungspflicht des Vermieters. Verbundfenster, bei denen Außen- und Innenteile zu einer Einheit verbunden sind, sodass sie funktional nur in dieser Einheit geöffnet und geschlossen werden können, fallen als Teil der „Außenhaut“ insgesamt (bezüglich der Außen- UND Innenflügel) in die die Erhaltungspflicht des Vermieters iSd § 3 Abs 2 Z 1 MRG. Bei einem Kastenfenster, bei dem an einer Zarge zwei Fenster hintereinander montiert sind, obliegt die Erhaltung der Innenfensterflügel als Teil des Mietobjekts hingegen grundsätzlich nicht dem Vermieter, sofern es sich nicht um einen ernsten Schaden des Hauses handelt. Im vorliegenden Fall bestand keine über die allgemeine bauphysikalische Funktionsweise eines Kastenfensters hinausgehende Verbindung zwischen den Außen- und Innenflügeln. Die Fenster wiesen ihrer Konstruktion nach sowohl eine räumliche als auch funktionelle Trennung auf. Die Innenfensterflügel waren folglich nicht als Teile der „Außenhaut“, sondern als Teile des Mietobjekts zu qualifizieren, deren Erhaltung grundsätzlich nicht dem Vermieter obliegt.

Zu den vom Vermieter durchzuführenden Erhaltungsarbeiten gehören ebenfalls Vor- und Nacharbeiten. Auf das Vorliegen solcher ist aus deren funktionellem Zusammenhang mit der eigentlichen Erhaltungsarbeit rückzuschließen. Sie sind zu deren Durchführung notwendig, ermöglichen oder erleichtern sie bzw dienen dazu, den ursprünglichen Zustand nach Abschluss der Erhaltungsarbeit wiederherzustellen. Eine Gemeinsamkeit dieser „abgeleiteten“ Erhaltungsarbeiten stellt der Umstand dar, dass sie als notwendige Folge der eigentlichen Erhaltungsarbeit in direktem Zusammenhang mit dieser stehen, selbst aber nicht Teil der eigentlichen Erhaltungsmaßnahme sind.

Dem Erstgericht zufolge umfasse eine „nachhaltige Sanierung“ auch die dichte Instandsetzung der Innenfenster, um „den Bestand der instandgesetzten Außenflügel sicherzustellen“. Der OGH meinte hierzu, dass die Herstellung der Dichtheit der Innenfenster zwar einen erneuten Schadenseintritt verhindern soll, mit den Erhaltungsarbeiten an den Außenfenstern jedoch nicht in dem Sinn in einem direkten Zusammenhang steht, als sie zu deren Durchführung notwendig oder förderlich wäre oder dazu dienen würde, den ursprünglichen Zustand wiederherzustellen. Aus diesem Grund konnte die in casu aufgetragene Herstellung der Dichtheit der Innenfenster auch nicht als von der Erhaltungspflicht des Vermieters umfasste Nacharbeit qualifiziert werden.

Die Erhaltungspflicht der Antragsgegner wurde vom Rekursgericht letztlich damit begründet, dass die Erhaltung der Innenfensterflügel der Behebung eines ernsten Schadens des Hauses diene. Als „ernst“ gilt ein Schaden nur dann, wenn er die ordentliche Benützung des Bestandobjekts unmöglich macht und ein außergewöhnliches Ausmaß erreicht. Der Einfluss des Schadens auf die Brauchbarkeit des Mietobjekts ist dabei nicht allein ausschlaggebend. Die Behebungspflicht im Inneren des Bestandgegenstands trifft den Vermieter nur dann, wenn der Schaden nicht ohne geringen Aufwand jederzeit beseitigt werden kann und es sich um einen Schaden des Hauses - um einen Mangel – handelt, der Auswirkungen auf den Bauzustand des Gebäudes hat. Die hier gegebene Undichtheit der Innenfenster stellte für sich allein keinen ernsten Schaden des Hauses dar und war als solche von der Schadhaftigkeit der Außenfenster (faktisch und rechtlich) zu trennen.

Alle Entscheidungen und Leitsätze finden Sie auf dem Portal unter https://www.weka.at/wohnrecht/Judikatur.

Noch nicht Kunde?

Mehr Informationen sowie Bestellmöglichkeit finden Sie hier: Portal „Wohnrecht online“