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Hans Sandrini | News | 14.01.2019

Fragestellungen zur Passivlegitimation im mietrechtlichen Erhaltungsverfahren

Im mietrechtlichen Erhaltungsverfahren (§ 37 Abs 1 Z 2 MRG) stellen sich hinsichtlich der Passivlegitimation besonders schwierige Fragestellungen. Im Folgenden werden die dabei wichtigsten Aspekte von Mag. Hans Sandrini zusammengefasst dargestellt.

Allgemeines

Grundsätzlich ist damit zu beginnen, wer im schriftlichen Mietvertrag als Vermieter angeführt wird. Leider ist es sehr häufig der Fall, dass dort wenig aussagekräftig als Vermieterin die „Hausinhabung“ angeführt wird. Eine Person, die eine Sache einem anderen vermietet ist aber gerade nicht deren Inhaber (vgl § 309 ABGB). Die Vermieterstellung ergibt sich demnach aus den grundbücherlichen Verhältnissen.

Bei Vorliegen eines Hauptmietvertrags kommt die Vermieterstellung gemäß § 2 Abs 1 MRG dem oder den (Mit-)Eigentümern der Liegenschaft oder dem Generalmieter oder Pächter des ganzen Hauses zu. Steht der Mietgegenstand im Wohnungseigentum, ist der Antrag gegen den Wohnungseigentümer bzw die Wohnungseigentumspartner (§ 13 WEG) zu richten. Wenn am Mietgegenstand Wohnungseigentum erst begründet werden soll, ist der Antrag wiederum gegen alle Miteigentümer des Hauses zu richten, wobei dem Wohnungseigentumsbewerber die Verwaltungsvollmacht für das gegenständliche Objekt zukommt (5 Ob 43/04s). Bei Bestehen eines Fruchtgenussrechts an der Liegenschaft oder am Wohnungseigentumsobjekt, kommt die Vermieterstellung dem jeweiligen Fruchtnießer zu.

Die korrekte Bezeichnung der Antragsgegnerseite

Grundsätzlich sind Erhaltungsanträge nicht kleinlich auszulegen. Aber auch hier gilt das Prinzip, dass alle Antragsgegner bei sonstigem Mangel der Passivlegitimation richtig zu bezeichnen sind.

Als gerade noch zulässige Ausdehnung des Antrags auf weitere Miteigentümer im gerichtlichen Verfahren hat es der Oberste Gerichtshof angesehen, wenn der Antrag vor der Schlichtungsstelle gegen die Person gerichtet ist, die im Mietvertrag als Hauseigentümer und Vermieter aufscheint. Der Antrag sei dann nämlich dahingehend zu verstehen, dass er nur namentlich gegen den Mehrheitseigentümer, inhaltlich aber gegen die “Vermieterseite“ gerichtet ist, was die amtswegige Beiziehung der Minderheitseigentümer auch erst im gerichtlichen Verfahren ermöglicht (vgl 5 Ob 143/02v).

Kommt mehr als sechs Personen auf der Gegenseite die Parteistellung zu, kann im verfahrensleitenden Antrag die namentliche Nennung dieser Personen durch die Vorlage eines Verzeichnisses ersetzt werden (§ 37 Abs 3 Ziffer 1 MRG). Dies kann insbesondere bei Liegenschaften mit Wohnungseigentum im Vorbereitungsstadium von Relevanz sein, in denen die formelle Vermieterstellung zahlreichen Miteigentümern zukommt. Als Verzeichnis genügt hierfür auch der Verweis auf einen dem Antrag beigelegten aktuellen Grundbuchsauszug.

Vermieterwechsel im laufenden Verfahren

Da es sich bei einem Antrag gemäß § 6 MRG um ein in die Zukunft weisendes Begehren handelt, ist im Falle eines Eigentümerwechsels während des Verfahrens von Amts wegen der Rechtsnachfolger beizuziehen. Kommt es erst nach einem Verfahren vor der Schlichtungsstelle zum Eigentümerwechsel während des gerichtlichen Verfahrens, so schadet es nicht, dass der Erwerber dem Verfahren vor der Schlichtungsstelle nicht beigezogen war (RIS-Justiz RS0108771).

Im Falle eines Eigentümerwechsels kommt es auf die Einverleibung des Eigentumsrechts im Grundbuch an. Ein außerbücherlicher Erwerber tritt aber nicht ex lege in das Mietverhältnis ein, sondern es bedarf dafür zumindest der schlüssigen Zustimmung des Mieters. Besagtes gilt auch im Falle eines außerbücherlichen Generalmieters- bzw Pächters des ganzen Hauses sowie obligatorischen (also nicht verbücherten) Fruchtnießers (vgl 6 Ob 2061/96y). Der Mieter hat in diesen Fällen aber ein Wahlrecht und kann zur Erfüllung seine Ansprüche nicht nur den bücherlichen Eigentümer, sondern auch den außerbücherlichen Erwerber in Anspruch nehmen (vgl 4 Ob 2146/96h, 5 Ob 117/98m).

Sonderfall „Altmietverhältnisse“

In jenen Erhaltungsangelegenheiten, die sich „auf die Liegenschaft als Gesamtheit beziehen“, kann ein sog „Altmieter“, also eine Mietpartei deren Mietverhältnis vor Begründung von Wohnungseigentum geschlossen wurde, seinen Antrag auch gegen die Eigentümergemeinschaft geltend machen (§ 4 Abs 3 WEG).

Die Möglichkeit, der Beiziehung der Eigentümergemeinschaft als weiterer (wahlweise auch alleiniger) Antragsgegnerin, ist für einen Altmieter nur möglich, soweit es sich dabei um Arbeiten an allgemeinen Teilen des Hauses oder zur Behebung ernster Schäden handelt. Somit fallen Erhaltungsarbeiten zur Beseitigung einer vom Mietgegenstand ausgehenden erheblichen Gesundheitsgefährdung oder Erhaltung mitvermieteter Heizthermen nicht darunter (sofern sie nicht zugleich einen ernsten Schaden darstellen). Diese Arbeiten sind nicht vom Erhaltungsbegriff des § 28 Abs 1 Z 1 WEG umfasst, weshalb in diesen Angelegenheiten dem Wohnungseigentümer die ausschließliche Passivlegitimation zukommt.

Vollstreckungsverfahren (§ 6 Abs 2 MRG)

Die (rechtskräftige) Titelentscheidung zur Durchführung von Erhaltungsarbeiten bindet auch dann den Rechtsnachfolger, wenn dieser erst danach in das Mietverhältnis auf Vermieterseite eingetreten ist (vgl 5 Ob 88/08i). 

Ein enormes Rechtschutzdefizit besteht aber für jene Hauptmieter, deren Mietverträge bei bereits bestehendem Wohnungseigentum abgeschlossen wurden. Diesen steht zur Durchsetzung von Erhaltungsansprüchen wie oben ausgeführt ausschließlich der Wohnungseigentümer als alleiniger Vertragspartner zur Verfügung. Das hat zur Konsequenz, dass eine positive rechtskräftige Titelentscheidung des Gerichts (bzw Schlichtungsstelle) mit dem einem Wohnungseigentümer die Durchführung notwendiger Erhaltungsarbeiten an allgemeinen Teilen oder zur Behebung von ernsten Schäden des Hauses aufgetragen wurde, nicht im Außerstreitverfahren nach § 6 Abs 2 MRG vollstreckt werden kann. In solchen Fällen muss der Hauptmieter eines Wohnungseigentümers (sofern dieser nicht zugleich Mehrheitseigentümer ist), seinen Vermieter im streitigen Rechtsweg auf die Wahrnehmung seiner Minderheitenrechte nach dem Wohnungseigentumsgesetz drängen (vgl 5 Ob 243/95d).

Hier ist der Gesetzgeber dringend gefordert, auch einem Neumieter die Möglichkeit einzuräumen, Erhaltungsansprüche, die ohnedies in der Pflicht der Eigentümergemeinschaft liegen, auf direktem Weg gegen diese geltend zu machen.

Fazit

Die Regelungen des MRG zur Erhaltung werfen auch im Hinblick auf die richtige Antragsgegnerbeiziehung schwierige Rechtsfragen auf und bedürfen zur erfolgreichen Durchsetzung der besonderen Sorgfalt des Rechtsanwenders.

Autor

Mag. Hans Sandrini ist Jurist der Mietervereinigung Österreichs mit langjähriger Beratungserfahrung in sämtlichen Bereichen des österreichischen Wohnrechts und Vertretungstätigkeit in allen Angelegenheiten des wohnrechtlichen Außerstreitverfahrens.