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Dokument-ID: 513842

Iman Torabia | News | 09.01.2013

Haftung der Eigentümergemeinschaft und Hausverwalterin im Falle eines Sturzes auf einem schneebedeckten Parkplatz

Die Eigentümergemeinschaft ohne besondere Vertragsbeziehung haftet ihren Mitgliedern nur deliktisch für die Verletzung der ihr im Rahmen der Verwaltung obliegenden Wegesicherungspflichten.

Geschäftszahl

OGH 19.09.2012, 3 Ob 136/12i

Norm

§§ 1315; 1319a ABGB

Leitsatz

Quintessenz:

Die Eigentümergemeinschaft ohne besondere Vertragsbeziehung haftet ihren Mitgliedern nur deliktisch für die Verletzung der ihr im Rahmen der Verwaltung obliegenden Wegesicherungspflichten. Dasselbe gilt auch im Verhältnis zu Mietern von Wohnungseigentümern. Die Eigentümergemeinschaft ist nicht Vertragspartnerin des von einem Wohnungseigentümer mit einem Mieter geschlossenen Mietvertrages.

OGH: Neben einer Besorgungsgehilfenhaftung nach § 1315 ABGB kann ein haftungsbegründendes eigenes Verschulden der Eigentümergemeinschaft, die den Winterdienst auf einen selbstständigen Unternehmer ausgelagert hat, in Form eines Organisations-, Auswahl- oder Überwachungsverschuldens bestehen. Auch im Anwendungsbereich des § 1319a ABGB reicht leichte Fahrlässigkeit aus.

Auch eine persönliche Haftung des Verwalters gegenüber Wohnungseigentümern sowie gegenüber Dritten setzt (außerhalb einer Haftung für Besorgungsgehilfen nach § 1315 ABGB) eigenes Verschulden voraus, insbesondere – so wie bei der Eigentümergemeinschaft – Organisations-, Auswahl- oder Überwachungsverschulden.

In casu fehlt zudem eine rechtliche Sonderbeziehung, die zu einem Einstehenmüssen der Eigentümergemeinschaft (oder der Verwalterin) nach § 1313a ABGB führen würde. Aufgrund der fehlenden Spezifizierung des Vorbringens, dass eine „Haftung aufgrund vertraglicher Schutz- und Sorgfaltspflichten in Form eines Vertrages mit Schutzwirkung zugunsten Dritter“ bestehe, kann nicht festgestellt werden, welcher von wem mit wem geschlossene Vertrag auf welcher Grundlage haftungsbegründende Schutzwirkungen zugunsten des Klägers entfalten könnte.

Maßgeblich ist, ob die beklagten Parteien eine Sorgfaltswidrigkeit in Bezug auf die Organisation des Winterdienstes bzw die Auswahl und die Überwachung der Nebenintervenientin trifft.

Es bestehen keinerlei Anhaltspunkte dahingehend, dass den beklagten Parteien bei der Organisation des Winterdienstes und bei der Auswahl der Nebenintervenientin eine Sorgfaltswidrigkeit zur Last fiele.

Ist der Schaden – wie in casu - auf ein Unterlassen zurückzuführen, liegt nach der Rechtsprechung ein kausaler Zusammenhang vor, wenn die Vornahme einer bestimmten aktiven Handlung (nämlich der gebotenen Handlung) das Eintreten des Erfolgs verhindert hätte. Den Geschädigten obliegt die Beweislast dafür, dass der Schaden bei pflichtgemäßem Verhalten nicht eingetreten wäre. Allerdings sind die Anforderungen an den Beweis des bloß hypothetischen Kausalverlaufs geringer als die Anforderungen an den Nachweis der Verursachung bei einer Schadenszufügung durch positives Tun.

Ausgehend von den Feststellungen fehlt es an diesem – vom Kläger zu beweisenden – Kausalzusammenhang zwischen einer Überwachungspflichtverletzung und dem konkreten Schaden. Es steht nicht fest, dass es zu Unzukömmlichkeiten beim Winterdienst (Räumung, Streuung) gekommen war. Daher gehen die vom Kläger im erstinstanzlichen Vorbringen gezogenen Schlüsse auf eine Kausalität eines Überwachungsverschuldens in Bezug auf den Unfall ins Leere. Es trifft aber den geschädigten Kläger nach allgemeinen Kriterien die Beweislast für die Kausalität zwischen Überwachungspflichtverletzung und dem konkreten Schadenseintritt.

Im vorliegenden Fall wäre der konkrete Unfall nicht dadurch verhindert worden, dass die Arbeiten der Nebenintervenientin engmaschiger kontrolliert worden wären, ereignete sich der Sturz des Klägers doch relativ knapp nach den Räumungsarbeiten durch die Mitarbeiter der Nebenintervenientin.

Wenn also der Kausalzusammenhang zwischen einem möglichen Überwachungsverschulden und dem konkreten Schadenseintritt nicht feststeht, ist eine Schadenersatzpflicht der beklagten Parteien zu verneinen.

Zudem besteht keinerlei Verdacht darauf, dass sich die beklagten Parteien bei der Übertragung des Winterdienstes einer untüchtigen oder wissentlich einer gefährlichen Person bedient hätten (§ 1315 ABGB).

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