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Dokument-ID: 271691

Roman Reßler | News | 28.05.2011

Haftung des Vermieters für Schäden am Mieteigentum durch einen Wasserrohrbruch

Gastautor Mag. Reßler erläutert in seinem Beitrag anhand aktueller Judikatur, in welchen Fällen Vermieter für Schäden an Sachen des Mieters haftbar gemacht werden können.

Rechtsgrundlagen:

§§ 1096 Abs 1, 1295 Abs 1, 1298, 1313a ABGB, 15 Abs 4 WVG, 508 ZPO

OGH 14.7.2010, 7 Ob 133/10z

Sachverhalt:

Der Kläger (Mieter) hat von den Beklagten (vermietende Parteien, wobei die ursprünglich Erstbeklagte bereits verstorben ist) die Wohnung Top 3 in einem Haus in Wien gemietet. In den Jahren 1993, 1994, 1995 und 1996 sowie an den besagten Tagen am 05.08.2000 und am 31.07.2001 kam es in gegenständlicher Wohnung zu Wassereintritten. Durch diese Leitungswassereintritte wurden Architekturpläne des Mieters unbrauchbar gemacht. In der Folge begehrte der Mieter von den Beklagten seine Aufwendungen für die Wiederherstellung der Pläne in der Höhe von insgesamt 1613,88 Euro. Weiters begehrte er die Feststellung der Haftung der Beklagten für allfällige weitere zukünftige Schäden aus der Zerstörung der Pläne. Der Kläger stützte sein Begehren auf die Behauptung, die Beklagten seien ihrer Instandhaltungspflicht als Vermieter nicht nachgekommen. Insbesondere hätten sie Dichtheitskontrollen nicht ordnungsgemäß durchgeführt und eine längst notwendige Sanierung der Wasserleitungsrohre unterlassen. Die Beklagten wendeten ein, dass die von ihnen beauftragten Hausverwaltungs- und Installationsfirmen alle erforderlichen Erhaltungs- und Sorgfaltsmaßnahmen getroffen hätten. Überdies machte die Zweitbeklagte (vermietende Partei) eine die Klagsforderung übersteigende Gegenforderung kompensando geltend. Sie brachte vor, dass durch die mangelhafte Verfugung einer Dusche ein Wasserschaden in der Arztpraxis des zweitbeklagten Eigentümers entstanden wäre.

Zur Erhaltungsverpflichtung des Vermieters nach § 1096 Abs 1 ABGB

Nach § 1096 Abs 1 ABGB ist der Vermieter bzw Verpächter verpflichtet, das Bestandstück auf eigene Kosten in brauchbarem Zustand zu übergeben und zu erhalten und die Bestandinhaber in dem bedungenen Genuss und Gebrauch nicht zu stören.

§ 1096 Abs 1 normiert somit eine umfassende Erhaltungsverpflichtung des Vermieters. Demgemäß ist der Vermieter verpflichtet dem Mieter das Bestandobjekt im brauchbaren Zustand zu übergeben, dieses zu erhalten und darüber hinaus dem Mieter in dem bedungenen Gebrauch oder Genusse nicht zu stören.

Für den Vollanwendungsbereich des Mietrechtsgesetzes ist diese Frage in § 3 Abs 2 Z 2 MRG geregelt. Schäden, verursacht durch Leitungswassereintritt am Bestandgegenstand, gelten zweifellos als ernste Schäden des Hauses und fallen somit in die Behebungspflicht des Vermieters. Was geschieht jedoch, wenn durch diesen Leitungswassereintritt Sachen des Mieters beschädigt oder zerstört werden? Wo liegen die Grenzen für die Erhaltungs- bzw Wiederherstellungspflicht des Vermieters an den vom Mieter eingebrachten Sachen? Zurückkommend auf unsere Entscheidungsbesprechung bedeutet dies Folgendes.

Rechtliche Beurteilung:

Das Erstgericht erachtete die Gegenforderung des Zweitbeklagten als nicht berechtigt und gab sowohl den Leistungs- als auch den Feststellungsbegehren des Klägers statt. Die beklagten Vermieter hafteten gemäß § 1295 Abs 1 ABGB im Verbindung mit § 1096 Abs 1 ABGB für die durch die Vernachlässigung ihrer Instandhaltungspflicht entstandenen Schäden. Die Vermieter hätten aufgrund der bereits mehrmals eingetretenen Wasserschäden mit weiteren Schäden rechnen müssen und der Beweis alle Vorkehrungen und Instandhaltungsarbeiten getroffen zu haben, sei von dem Beklagten nicht erbracht worden. Überdies sei nach Ansicht des Erstgerichtes die über die Gegenforderung der Vermieter aufgrund der mangelhaften Verfugung der Dusche des Klägers nicht eindeutig als Ursache für die Feuchtigkeit in der Wohnung des Zweitbeklagten festgestellt worden. Das Berufungsgericht bestätigte das erstinstanzliche Urteil. Aufgrund der Häufigkeit der bereits aufgetretenen Gebrechen wären dem Vermietern zusätzliche Maßnahmen wie häufigere Dichtheitsproben mit erhöhtem Betriebsdruck, Austausch schadensgeneigter alter Leitungen zumutbar gewesen. Die Rohrgebrechen wären somit für die Beklagten vorhersehbar gewesen. Als Verkehrssicherungspflichtige sind ihnen Schäden des Klägers zuzurechnen, weil sie die Gefahren ignoriert hätten, wobei sie für das Verschulden der bei ihnen herangezogenen Hilfspersonen ebenso hafteten wie für ihr eigenes Verschulden. Auf Antrag der Beklagten nach § 508 ZPO minderte das Berufungsgericht den Ausspruch über die Unzulässigkeit der Revision darin ab, dass es die ordentliche Revision doch für zulässig erklärte, weil es keine oberstgerichtliche Rechtsprechung zu folgenden Fragen gäbe:

  1. ob die Verkehrssicherungspflichten des Hauseigentümers dadurch überspannt werden würden, dass nach mehrfachen Wasserrohrgebrechen der Austausch sämtlicher überwiegend unter Putz verlegter Wasserleitungen als zumutbar anzusehen wäre,
  2. ob der Mieter durch die Lagerung wertvoller Architektenpläne in seiner Wohnung gegen die Schadensminderungspflicht verstoßen habe.

Aufgrund der umfassenden Erhaltungspflicht des Vermieters nach § 1096 Abs 1 ABGB hat er auch dafür Sorge zu tragen, dass der Mieter nicht durch in sein Bestandsobjekt eindringendes Wasser in seinem Gebrauch gestört wird. Kommt der Vermieter dieser Verpflichtung nicht nach, so haftet er für den dem Mieter dadurch entstandenen Schaden (7 Ob 774/81, MietSlg 34.281). War ein Wasserrohrbruch für den Vermieter nicht vorhersehbar, etwa weil der Rohrbruch außerhalb jeden Einflussbereichs für Instandhaltungs- und Pflegemaßnahmen war, kann dem Vermieter kein Verschulden an dem entstanden Schaden des Mieters angelastet werden. Ist jedoch aufgrund des Alters von Wasserrohrleitungen erkennbar, dass die Lebensdauer des Rohres sich dem Ende zuneigt, hat der Vermieter durch entsprechende Wartungs- und Überprüfungsmaßnahmen dafür Sorge zu tragen, dass dem Mieter kein Schaden entsteht. Es handelt sich dabei um eine dem Vermieter diesbezüglich treffende Verkehrssicherungspflicht. Diese Verkehrssicherungspflicht findet jedoch ihre Grenze in der Zumutbarkeit möglicher Maßnahmen der Gefahrenabwehr. Umfang und Intensität der Verkehrssicherungspflichten richten sich vor allem danach, in welchen Maß die Verkehrsteilnehmer selbstvorhandene Gefahren erkennen und ihnen begegnen können. Der konkrete Inhalt einer Verkehrssicherungspflicht kann nur im Einzelfall bestimmt werden. Entscheidend ist, welche Maßnahmen zur Gefahrenabwehr bzw -vermeidung möglich und zumutbar sind (7 Ob 51/00a).

Feststeht nach Ansicht des Höchstgerichtes, dass die Beklagten bzw auch die von ihnen beauftragten Firmen, deren Verhalten dem Beklagten nach § 1313a ABGB zuzurechnen ist, über die Reparatur schadhafter Leitungsteile hinaus keine Erneuerungen der alten Rohrleitungen vorgenommen haben. Insbesondere haben sie aber auch die nach § 15 Abs 4 des Wiener Wasserversorgungsgesetzes vorgeschriebenen Kontrollen, welche im monatlichen Ablesen des Wasserverbrauchs unter Nachschauen bei Mehrverbrauch bzw der Drucküberprüfung alle drei Monate bestehen, unterlassen. Ein Wasserrohrbruch sei für den Hauseigentümer dann vorhersehbar, wenn aufgrund des Alters der Wasserversorgungsanlage und den bereits in der Vergangenheit aufgetretenen Schäden mit einem solchen Schadensfall gerechnet werden muss. Angesichts der vielen Vorfälle war mit einem solchen Schadensfall jedenfalls zu rechnen. Von einer Überspannung der Verkehrssicherungspflicht kann unter diesen Umständen ebenfalls keine Rede sein. Eine erhebliche Rechtsfrage liegt im gegenständlichen Fall ebenfalls nicht vor, da sich das Berufungsgericht im Rahmen der ständigen Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes bewegt habe und die Rechtslage nicht verkannt habe. Mangels der vom OGH aufzugreifenden Fehlbeurteilung stellt sich eine erhebliche Rechtsfrage auch im Zusammenhang mit der grundsätzlich bestehenden Verpflichtung des Klägers zur Schadensminderung nicht. Da auch im Hinblick auf die Gegenforderung des zweitbeklagten Vermieters und damit insgesamt ein tauglicher Grund das Rechtsmittel der Beklagten zuzulassen nicht vorliegt, war daher spruchgemäß zu entscheiden; die Revision zurückzuweisen.

Fazit:

Wenn der Vermieter seiner Verpflichtung zur Hintanhaltung von Störungen durch Wassereintritte nicht nachkommt, haftet er gegenüber dem Mieter für Schäden, welche an dessen Sachen eingetreten sind. Es sind immer die Umstände des Einzelfalles zu prüfen. Danach bemisst sich die Verkehrssicherungspflicht des Vermieters. Entscheidend ist, welche Maßnahmen zur Vermeidung einer Gefahr möglich und zumutbar sind, denn die Verkehrssicherungspflicht soll ja keine verschuldensunabhängige Haftung zur Folge haben. Im konkreten Fall bestand aufgrund der vielen Wassereintritte und des Alters der Rohre erkennbar eine entsprechend hohe Schadensgeneigtheit der Wasserrohre, weshalb der Vermieter mit dem Eintritt weiterer Schäden rechnen musste. Weiter hat er auch die nach § 15 Abs 4 WVG vorgeschriebenen Kontrollen auf Anlagendichtheit nicht durchgeführt. Diese zusätzlichen Überprüfungsmaßnahmen sind nach Ansicht des OGH im vorliegenden Fall dem Vermieter durchaus zumutbar, weshalb er für den eingetretenen Schaden haftet.

Autor:

Mag. Roman Reßler ist Rechtsberater im Zentralverband der Hausbesitzer von Wien. Schon während seines Studiums war er als Eigentümer von Liegenschaften mit Fragen des Miet- und Wohnrechts beschäftigt. Nach Absolvierung des rechtswissenschaftlichen Studiums und des Gerichtsjahres mit dem Schwerpunkt „Wohnrecht“ sammelte er weitere praktische Erfahrungen in einer Hausverwaltung. Im Jahre 2001 begann er seine Tätigkeit als Rechtsberater im Zentralverband der Hausbesitzer von Wien, wo er für die persönliche Mitgliederberatung verantwortlich ist.

Neben seiner Tätigkeit als Rechtsberater verfasst er auch juristische Fachartikel in der monatlich erscheinenden Mitgliederzeitung „Haus & Eigentum“.

www.zvhausbesitzer.at