Dokument-ID: 1065838

Anna Sophie Dalinger | News | 16.06.2020

Kein Verjährungsbeginn des Rückforderungsanspruchs vor Abrechnung der Betriebskosten

Ein Anspruch auf Rückzahlung zu viel (voraus-)bezahlter Betriebskosten kann nicht vor Abrechnung der in der jeweiligen Abrechnungsperiode angefallenen Betriebskosten entstehen.

Geschäftszahl

OGH 26.03.2020, 1 Ob 40/20v

Norm

§ 21 MRG, § 1099 ABGB, § 1478 ABGB

Leitsatz

Quintessenz:

Ein Anspruch auf Rückzahlung zu viel (voraus-)bezahlter Betriebskosten kann nicht vor Abrechnung der in der jeweiligen Abrechnungsperiode angefallenen Betriebskosten entstehen.

OGH: Gemäß § 1478 Satz 2 ABGB beginnt die Verjährungsfrist mit dem Zeitpunkt zu laufen, zu dem das Recht zuerst hätte ausgeübt werden können, seiner Geltendmachung also kein rechtliches Hindernis (insbesondere nicht mangelnde Fälligkeit) entgegensteht (RS0034343) und objektiv die Möglichkeit bestand, den Anspruch einzuklagen (RS0034343 [T3, T4]). Dies gilt grundsätzlich für alle Verjährungsfristen (RS0034248 [T7, T12]).

Hinsichtlich der in § 21 Abs 3 MRG geregelten „Jahrespauschalverrechnung“ ist die Judikatur sowie auch die Lehre der Ansicht, dass ein Anspruch auf Rückzahlung zu viel (voraus-)bezahlter Betriebskosten nicht vor Abrechnung der in der jeweiligen Abrechnungsperiode angefallenen Betriebskosten entstehen kann. Die Fälligkeit des – erst mit Abrechnung entstandenen – Rückforderungsanspruchs tritt gemäß § 21 Abs 3 vorletzter Satz MRG mit dem auf die Abrechnung zweitfolgenden Zinstermin ein, weshalb vor diesem Zeitpunkt die Verjährungsfrist nicht zu laufen beginnt.

Außerhalb des Vollanwendungsbereichs des MRG ist für die Fälligkeit von Betriebskostenrückforderungen auf die Parteienvereinbarung abzustellen. Im vorliegenden Fall hatten die Parteien vereinbart, dass die Klägerin die anteiligen Betriebskosten trägt, worauf sie „Vorschusszahlungen“ zu leisten habe, deren Höhe vom Vermieter bekannt gegeben werde. Die Beklagte hatte sich zu einer jährlichen Betriebskostenabrechnung bis 30. Juni des Folgejahres verpflichtet. Die Beklagte bringt damit, so wie nach § 21 Abs 3 MRG, zur Deckung ihrer im Lauf des Kalenderjahres fällig werdenden Bewirtschaftungskosten zu jedem Zinstermin einen gleichbleibenden Teilbetrag „zur Anrechnung“, der in der im Folgejahr zu erstellenden Betriebskostenabrechnung auf die tatsächlich angefallenen Kosten angerechnet wird. Die laufenden Teilzahlungen werden nur unter Vorbehalt einer nachträglichen Korrektur geleistet, ein allfälliger Rückzahlungsanspruch ergibt sich erstmals aus der Abrechnung, mit der die Beklagte die tatsächlich angefallenen Betriebskosten bekannt gibt. Daher war auch hier die Betriebskostenabrechnung Voraussetzung für die Ermittlung und damit auch die Fälligkeit eines Rückforderungsanspruchs, weshalb die Verjährungsfrist nicht vorher zu laufen beginnen kann.