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Dokument-ID: 872114

Roman Reßler | News | 18.11.2016

Mietzinsminderung bei Lärmbeeinträchtigung

Gastautor Mag. Reßler erläutert in seinem Beitrag, wann ein Anspruch auf Mietzinsminderung besteht und wann nicht, und bringt Beispiele aus der Praxis bezüglich der Höhe des Anspruchs.

Rechtlicher Hintergrund

§ 1096 Abs 1 ABGB beinhaltet die wichtigste Gewährleistungsnorm im Immobilienrecht. Demnach ist der Bestandnehmer (Mieter) für den Fall, dass das Bestandstück im Zeitpunkt der Übergabe derart mangelhaft ist, oder es während der Bestandzeit ohne Verschulden des Bestandnehmers (Mieters) derartig mangelhaft wird, sodass es dem bedungenen Gebrauche nicht taugt, für die Dauer und im Ausmaß der Unbrauchbarkeit von der Entrichtung des Zinses befreit.

Auf diese Mietzinsbefreiung kann bei der Miete unbeweglicher Sachen im Voraus nicht verzichtet werden. Es handelt sich somit um einen verschuldensunabhängigen Gewährleistungsanspruch, der jederzeit geltend gemacht werden kann (8 Ob 90/10 h). Der Anspruch auf Mietzinsminderung beginnt ex lege ab dem Beginn der Unbrauchbarkeit und dauert bis zum Zeitpunkt der Behebung des Mangels (7 Ob 155/05 b). Bei der Ermittlung der Höhe des Mietzinsminderungsanspruches ist eine Vergleichsmethode heranzuziehen, wobei zu hinterfragen ist, welcher Mietzins ohne Mangel im Vergleich zum erzielbaren Mietzins für ein Mietobjekt mit Mangel erzielt werden kann (MietSlg 40131).

Kein Anspruch auf Mietzinsminderung

Ein Mietzinsminderungsanspruch des Mieters ist ausgeschlossen, wenn der Mieter den mangelhaften Zustand im Zeitpunkt des Abschlusses des Mietvertrages kannte (4 Ob 191/10g). Das Gleiche gilt, wenn der Mieter die Beeinträchtigung selbst herbeigeführt hat. § 364 Abs 2 ABGB beinhaltet die wichtigste Bestimmung, aufgrund derer ein Eigentümer eines Grundstückes dem Nachbarn, die von dessen Grund ausgehenden Einwirkungen, unter anderem auch durch Lärm, insoweit untersagen kann, als die Einwirkung das nach den örtlichen Verhältnissen gewöhnliche Maß überschreitet, und die ortsübliche Benützung des Grundstückes wesentlich beeinträchtigt. Ein Unterlassungsanspruch ist nur dann gegeben, wenn die Beeinträchtigung das, nach den örtlichen Verhältnissen gewöhnliche, Maß überschreitet, und gleichzeitig die ortsübliche Benutzung des Grundstückes wesentlich beeinträchtigt. Wenn Einwirkungen die Grenzen der Ortsüblichkeit und die ortsübliche Benützung eines Grundstückes nicht wesentlich beeinträchtigen, so hat der Mieter die entsprechende Lärmbeeinträchtigung hinzunehmen. Demnach sind in einem geschlossenen Siedlungsgebiet Lärmimmissionen aufgrund baulicher Maßnahmen als ortsüblich anzusehen, soweit sie bei schonungsvoller, die Interessen der Anrainer berücksichtigender Bauführung unvermeidbar sind von jedem Nachbarn hinzunehmen(Baulärmprivileg). Beachten Sie, dass das Baulärmprivileg nur die eigentliche Baulärmimmission betrifft, jedoch nicht andere von der Baustelle ausgehende Immissionen (Staub, Verunreinigungen und anderes, 6 Ob 216/13b).

Wann besteht ein Anspruch?

Demnach würde eine Überschreitung der üblichen von einer Baustelle zu erwartenden Lärmimmission einen Mietzinsminderungsanspruch des Mieters begründen. Für die Beurteilung, ob eine Immission ortsüblich ist, sind die tatsächlichen Verhältnisse in der näheren Umgebung ausschlaggebend (MietSlg.55029).

Die Grenze zwischen den vom Mieter hinzunehmenden Lärmbeeinträchtigungen und jenen die aufgrund einer Mangelhaftigkeit des Mietgegenstandes begründet sind, wird sowohl aufgrund der geltenden Ö-Normen, als auch auf aufgrund öffentlich-rechtlicher Vorschriften zu beurteilen sein (3 Ob 93/14v).

Für die Beurteilung zu welchen Tageszeiten oder Tagen Lärmbeeinträchtigungen einzuschränken sind ist grundsätzlich die Verkehrsüblichkeit maßgeblich. Nachdem Menschen vor allem in den Abend- und Nachtzeiten schlafen, wird eine Störung der Nachtruhe zwischen 22.00 und 07.00 Uhr in Wohngegenden unzulässig sein (6 Ob 33/15v).

Bei der Beurteilung, ob die entsprechende Beeinträchtigung wesentlich ist, ist immer auf die Person eines „Durchschnittsmenschen mit normalen Empfindungen“ in der Lage des Beeinträchtigten auszugehen (7Ob 286/03i).

Beachten Sie auch, dass für die wesentliche Beeinträchtigung auch das Kriterium der Verträglichkeit bestimmter Beeinträchtigungen ins Kalkül zu ziehen sein wird, was insbesondere bei schrillen Tönen anzunehmen sein wird (2 Ob 166/14x).

Einige Beispiele für die Höhe des Mietzinsminderungsanspruches

Beachten Sie, dass Mietzinsminderungsansprüche den Gesamtmietzins, also Hauptmietzins plus Betriebskosten betreffen! Als allgemeine Lärmgrenze darf bei Lärmbeeinträchtigungen eine Obergrenze von 25 % des Bruttomietzinses anzunehmen sein. In einem geschlossenen Siedlungsgebiet ist mit gelegentlichen baulichen Maßnahmen zu rechnen, sodass ein Mietzinsminderungsanspruch mit 0 % anzusetzen ist (5 Ob 57/13p). Dauern die Bauarbeiten jedoch über einen achtmonatigen Zeitraum hinaus an und führen zeitweise zu Lärmbeeinträchtigungen, so ist mit einem Mietzinsminderungsanspruch von 5 % des Gesamtmietzinses zu rechnen, Gleiches gilt für Lärm aufgrund von Bauarbeiten am Nachbargrundstück (1 Ob 177/05v). Bei Garten- und Terrassenbenützung aufgrund eines Garagenbaus auf dem Nachbargrundstück beträgt dieser 15 % (1 Ob 177/05v).

Strenger ist die Judikatur bei Lärmbeeinträchtigungen im Zusammenhang mit einem Bürobetrieb. In der Entscheidung 8 Ob 526/90 wurde dem Mieter ein Mietzinsminderungsanspruch in der Höhe von 25 % zugesprochen. Ein durch intensive Bauarbeiten mit Baumaschinen und Presslufthämmern gestörter Geschäftsbetrieb rechtfertigte in einem Einzelfall einen Mietzinsminderungsanspruch von 70 % (MietSlg 51131).

Fazit

Die genaue Ermittlung der Höhe eines Mietzinsminderungsanspruches kann nur einzelfallbezogen erfolgen, wobei bei zu erwartenden Beeinträchtigungen von Mietrechten vorab das Einvernehmen mit dem Mieter zu suchen ist.

Autor

Mag. Roman Reßler ist Rechtsberater im Zentralverband Haus und Eigentum. Schon während seines Studiums war er als Eigentümer von Liegenschaften mit Fragen des Miet- und Wohnrechts beschäftigt. Nach Absolvierung des rechtswissenschaftlichen Studiums und des Gerichtsjahres mit dem Schwerpunkt „Wohnrecht“ sammelte er weitere praktische Erfahrungen in einer Hausverwaltung. Im Jahre 2001 begann er seine Tätigkeit als Rechtsberater im Zentralverband Haus und Eigentum, wo er für die persönliche Mitgliederberatung verantwortlich ist.

Neben seiner Tätigkeit als Rechtsberater verfasst er auch juristische Fachartikel in der monatlich erscheinenden Mitgliederzeitung „Haus & Eigentum“.