Dokument-ID: 319380

Olaf Rittinger | News | 20.10.2010

Rechtliche Durchsetzung von Bewirtschaftungskosten unter Wohnungseigentümern

Ein Mitglied einer Wohnungseigentumsgemeinschaft befindet sich trotz mehrmaliger Mahnung durch die Hausverwaltung mit der Zahlung der Bewirtschaftungskosten im Rückstand. Es stellt sich heraus, dass dieser die Wohnung vermietet hat.

Rechtsgrundlagen:

§§ 20, 27, 32, 36 WEG, § 42 MRG, §§ 294ff EO, §§ 133 EO

Sachverhalt:

Ein Mitglied einer Wohnungseigentumsgemeinschaft befindet sich trotz mehrmaliger Mahnung durch die Hausverwaltung mit der Zahlung der Bewirtschaftungskosten im Rückstand. Es stellt sich heraus, dass dieser die Wohnung vermietet hat und der Mieterin vermutlich auch Betriebskosten vorschreibt.

Beitragspflicht des Wohnungseigentümers:

Gemäß § 32 WEG haben die Wohnungseigentümer die Aufwendungen für die Liegenschaft einschließlich der Beiträge zur Rücklage nach dem Verhältnis ihrer Miteigentumsanteile mitzutragen, sofern nicht ein davon abweichender Aufteilungsschlüssel vereinbart ist (§ 32 Abs 2 WEG). Die Vorschreibung der jeweiligen Beiträge erfolgt in der Regel durch den von der Eigentümergemeinschaft bestellten Verwalter.

Gemäß § 20 Abs 2 WEG ist der Verwalter verpflichtet, die Wohnungseigentümer in Form einer Vorausschau über Erhaltungsarbeiten, Verbesserungsarbeiten, Beiträge zur Rücklage sowie sonstige Aufwendungen, insbesondere die Bewirtschaftungskosten, zu informieren und die dafür notwendigen Vorauszahlungen bekannt zu geben. Diese Vorauszahlungen werden monatlich als Akontozahlungen vorgeschrieben. Mangels anderslautender Vereinbarung sind die vorgeschriebenen Vorauszahlungen auf die Aufwendungen für die Liegenschaft am fünften eines jeden Kalendermonats fällig (§ 32 Abs 9 WEG). Nach Ablauf einer Abrechnungsperiode wird der Verwalter über sämtliche Zahlungsein- und ausgänge rechnungslegungspflichtig (§ 20 Abs 3 WEG), wobei diesbezüglich strenge Anforderungen gestellt werden (vgl dazu OGH zu 5Ob258/07p).

Mahnung und Klagsführung bei Zahlungsverzug – Vorzugspfandrecht:

Im Rahmen der ordentlichen Verwaltung hat der Verwalter dafür Sorge zu tragen, dass diese verpflichtenden Pauschalbeträge für die Bewirtschaftungskosten von sämtlichen Wohnungseigentümern geleistet werden. Bei Nichtbezahlung trotz Abmahnung hat er binnen sechs Monaten ab Fälligkeit der Forderung (§ 20 Abs 5 iVm § 27 Abs 2 WEG) Klage einzubringen und eine grundbücherliche Anmerkung der Klage zu beantragen.

Die Einhaltung der vorgenannten Voraussetzungen ist zur Sicherstellung bzw „Aktivierung“ des Vorzugspfandrechtes iSd § 27 WEG unbedingt erforderlich. Das Pfandrecht besteht ex lege, die Klagsanmerkung führt daher zu keiner konstitutiven Belastung des Miteigentumsanteils, jedoch wird das Pfandrecht erst durch die Klagsanmerkung verwertbar (vgl. dazu OGH zu 5Ob67/04w; 5Ob267/07m). Dieses Vorzugspfandrecht garantiert dem Forderungsberechtigen, im gegenständlichen Fall der Eigentümergemeinschaft, eine bevorzugte Position bei der Befriedigung des Anspruches; das bücherliche Rangordnungsprinzip wird somit durchbrochen. (vgl. dazu Ausführungen in Dirnbacher, WEG idF der WRN 2006).

Zwar ist der Verwalter zur Wahrung des Vorzugspfandrechtes verpflichtet, Kläger ist aber nicht der Verwalter sondern die Eigentümergemeinschaft. Zur klagsweisen Geltendmachung ist eine Mahnklage ausreichend, der Antrag auf grundbücherliche Anmerkung ist im „sonstigen Vorbringen“ unterzubringen (vgl. dazu Würth-Zingher-Kovanyi, Kommentar Miet- und Wohnrecht21, zu § 27 Rz 11).

Exekution nach Rechtskraft des Zahlungsbefehles, Besonderheiten:

Grundsätzlich stehen nach rechtskräftiger klagsweise Geltendmachung des ausständigen Betrages die in der Exekutionsordnung vorgesehenen Exekutionsarten offen. Hat der Wohnungseigentümer wie im gegenständlichen Fall die Wohnung vermietet, so ist eine Forderungsexekution im Sinne des § 294 EO jedoch nur eingeschränkt möglich. In Abweichung der allgemeinen Bestimmung, wonach sämtliche bestehende Forderungen gepfändet werden können, dies unter Angabe von Namen, Anschrift und Beschäftigung des Drittschuldners, besteht bei Mietverhältnissen, die den Bestimmungen des Mietrechtsgesetzes unterliegen, gem § 42 MRG lediglich die Möglichkeit, Exekution in Form von Zwangsverwaltung durchzuführen. Zur Vermeidung dieser Exekutionsbeschränkung ist als betreibender Gläubiger bloß zu behaupten, dass auf das Bestandverhältnis die Bestimmungen des MRG nicht anzuwenden sind (vgl. dazu Feil, Kommentar Exekutionsordnung4, zu § 294, Rz 20).

Wenn sich der Betreibende in einem auf Mietzinsforderungen gemäß § 294 EO gerichteten Exekutionsantrag nicht auf die Unanwendbarkeit des MRG beruft, ist sein Exekutionsantrag unschlüssig. Ein unschlüssiger Exekutionsantrag führt aber zur sofortigen Abweisung, ohne dass zuvor ein Verbesserungsverfahren einzuleiten wäre (OGH zu 3Ob53/08b).

Die Exekutionsbeschränkung ist in jeder Lage des Verfahrens von Amts wegen wahrzunehmen (§ 42 Abs 6 MRG), sohin auch im Rekursverfahren des Drittschuldners gegen die Exekutionsbewilligung. Dies stellt eine ausdrückliche Ausnahme des Neuerungsverbotes im Rekursverfahren dar, ein entsprechendes Vorbringen des Drittschuldners ist aber notwendig (vgl. dazu OGH zu 3Ob221/00x; 3Ob99/04m; 3Ob53/08b).

Mietrechte selbst sind insofern der Exekution entzogen, als es sich um unentbehrliche Wohnräume handelt (vgl. dazu OGH zu 8Ob163/99z; 3Ob32/04h).

Scheitern von Forderungs- und Fahrnisexekution – Ausschussverfahren:

Sollten sämtliche sonstige Exekutionsmittel nicht zum erwünschten Ziel führen, verbleibt noch das Ausschlussverfahren im Sinne des § 36 WEG. Dieses Verfahren sieht ua bei Vernachlässigung der dem Wohnungseigentümer obliegenden Pflichten, insbesondere bei Nichtleistung der ihm obliegenden Zahlungen, die Möglichkeit der Ausschlussklage durch die Mehrheit der übrigen Wohnungseigentümer vor (§ 36 Abs 1 Z 1 WEG). Bei der Berechnung der (Anteils-)mehrheit von Wohnungseigentümern bleibt der Anteil des Auszuschließenden außer Betracht. Die Ausschlussklage ist im Grundbuch anzumerken (vgl. wiederum Ausführungen in Dirnbacher, WEG idF der WRN 2006).

Bei Zahlungsverzug ist zu entscheiden, ob der säumige Wohnungseigentümer die offenen Forderungen bis zum Schluss der dem erstinstanzlichen Urteil vorangehenden Verhandlung leistet. Im Verfahren auf Ausschließung des Wohnungseigentümers aus der Gemeinschaft besteht eine Bindung an einen vollstreckbaren Zahlungsbefehl, mit welchem der Wohnungseigentümer zur Nachzahlung offener Betriebskosten verpflichtet wurde. Behauptet dieser, der Zahlungsbefehl wäre ihm nie zugestellt worden, so muss er dies im Verfahren auf Aufhebung der Vollstreckbarkeitsbestätigung geltend machen (vgl. dazu OGH zu 5 Ob174/08m).

§ 36 Abs 4 WEG sieht nach Rechtskraft des stattgebenden Urteils im Ausschlussverfahren eine Frist von drei Monaten vor, in welcher der Wohnungseigentümer freiwillig die Liegenschaft veräußern könnte. Im Anschluss daran kann eine Zwangsversteigerung des Miteigentumsanteiles nach den Bestimmungen der §§ 133 EO beantragt werden.

Fazit:

Bei rückständigen Zahlungsverpflichtungen eines Wohnungseigentümers ist primär der bestellte Verwalter gefordert, die Eintreibung und die Sicherstellung des Vorzugspfandrechtes zu veranlassen. Das Vorzugspfandrecht bringt eine Besserstellung der übrigen Wohnungseigentümer im Exekutionsverfahren mit sich. Andererseits ist der Verwertung des Liegenschaftsanteils des säumigen Wohnungseigentümers das Ausschlussverfahren vorgelagert.

Bei Pfändung von Mietzinsen aus Vermietung des Wohnungseigentumsobjektes ist auf die Exekutionsbeschränkung des § 42 MRG zu achten.

Sowohl bei Zwangsverwaltung als auch bei Verwertung durch Zwangsversteigerung ist der Kostenfaktor in die Überlegungen der weiteren Vorgangsweise miteinzubeziehen.

Autor:

Herr Dr. Olaf Rittinger ist selbstständiger Rechtsanwalt in Salzburg. Eines seiner Spezialgebiete ist das Miet- und Wohnrecht. Als Gastautor schreibt er regelmäßig Artikel für Wohnrecht online.

www.ra-rittinger.at