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Dokument-ID: 1019404

Eva-Maria Hintringer | News | 11.03.2019

Verkehrsüblichkeit bei Austausch von Fenstern gegen bodentiefe Fenster und Fenstertüren?

Bei der Beurteilung der Verkehrsüblichkeit sind die Beschaffenheit des Hauses, das Umfeld, das Ausmaß des Eingriffs in die Bausubstanz sowie das Ausmaß der Inanspruchnahme oder Umgestaltung allgemeiner Teile zu berücksichtigen.

Geschäftszahl

OGH 13.12.2018, 5 Ob 169/18s

Norm

§ 16 WEG 2002

Leitsatz

Quintessenz:

Bei der Beurteilung der Verkehrsüblichkeit von Änderungen eines Wohnungseigentumsobjekts sind die Beschaffenheit des Hauses, das Umfeld, das Ausmaß des Eingriffs in die Bausubstanz sowie das Ausmaß der Inanspruchnahme oder Umgestaltung allgemeiner Teile zu berücksichtigen. Das Umfeld ist als „Gegend“ und „Umgebung“ zu verstehen. Der Einbau bodentiefer Fenster und Türen kann im 19. Wiener Gemeindebezirk als nicht verkehrsüblich beurteilt werden.

OGH: Im Anlassfall wollte der Antragsteller die bestehenden Fenster des in seinem Wohnungseigentum stehenden Geschäftslokals gegen bodentiefe Fenster und Fenstertüren austauschen. Da durch diese Änderung allgemeine Teile der Liegenschaft betroffen wären, müssen sie zusätzlich zu den in § 16 Abs 2 Z 1 WEG 2002 geforderten negativen Voraussetzungen kumulativ auch die Voraussetzungen des § 16 Abs 2 Z 2 WEG 2002 erfüllen. Die Änderungen müssen also entweder der Übung des Verkehrs entsprechen oder einem wichtigen Interesse des Wohnungseigentümers dienen.

Bei Beurteilung der Verkehrsüblichkeit einer Änderung ist nach der Rechtsprechung keine generalisierende Betrachtung einer vom Standort abstrahierten Baupraxis vorzunehmen, sondern zu fragen, ob die konkret beabsichtigte Änderung in ihrer geplanten Ausgestaltung unter Berücksichtigung der Beschaffenheit des Hauses, des Umfelds, des Ausmaßes des Eingriffs in die Bausubstanz sowie des Ausmaßes der Inanspruchnahme oder Umgestaltung allgemeiner Teile verkehrsüblich ist.

Im Hinblick auf diese Kriterien ist es vertretbar, wenn bei der Beurteilung des Umfelds und der Häufigkeit von Gastronomiebetrieben mit Fenstertüren nicht auf das gesamte Stadtgebiet Wiens, sondern auf die nähere Umgebung abgestellt wird. Nach der Rechtsprechung des OGH ist unter dem maßgeblichen Umfeld in der Regel die „Gegend“ oder die „Umgebung“ zu verstehen. Es ist nicht korrekturbedürftig, zu vertreten, dass nach der Lebenserfahrung im Wohngebiet des 19. Wiener Gemeindebezirks bis zum Boden ragende Fenster und Fenstertüren nicht als verkehrsüblich anzusehen sind.