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Roman Reßler | News | 08.06.2011

Vor- und Nacharbeiten im Zusammenhang mit der Erhaltung eines Mietgegenstandes

Gastautor Mag. Reßler geht in seinem Gastbeitrag näher darauf ein, unter welchen Voraussetzungen laut jüngster Rechtsprechung vorbereitenden, begleitenden und nachfolgenden Tätigkeiten zu den Erhaltungsarbeiten zählen.

Rechtsgrundlagen:

§§ 3, 4, 6, 8 Abs 2 und Abs 3 MRG, OGH 02.12.2010, 5 Ob 113/10v

Sachverhalt:

Der Antragsteller ist Hauptmieter des Geschäftslokales im Hause der Antragsgegnerin, welche Vermieterin und Eigentümerin des betreffenden Hauses ist. Das Erstgericht trug der Antragsgegnerin entsprechend den Bestimmungen der §§ 3, 4 und 6 MRG die Durchführung bestimmter und im Revisionsrekursverfahren nicht mehr strittiger Erhaltungsarbeiten inklusive der hierzu erforderlichen Vor- und Nacharbeiten auf. Das Rekursgericht schränkte die nun nicht mehr strittigen Erhaltungsarbeiten im Revisionsrekursverfahren betreffend des Holzbodens im Nebenraum im gewissen Umfang ein. Gleichzeitig sprach das Rekursgericht aus, dass hinsichtlich aller aufgetragenen Erhaltungsarbeiten auch die hierzu erforderlichen Vor- und Nacharbeiten, ausgenommen die vorangehende Räumung des Objektes von Fahrnissen und deren Wiedereinbringung in das Objekt, umfassen. Das Rekursgericht sprach aus, dass der ordentliche Revisionsrekurs nicht zulässig sei, da eine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung nicht zu klären wäre. Gegen die Entscheidung des Rekursgerichtes erhob der Antragsteller einen Revisionsrekurs wegen unrichtiger rechtlicher Beurteilung, aber nur gegen die Entscheidung des Rekursgerichtes in Hinblick auf den Umfang der Vor- und Nacharbeiten. Der Antragsteller begehrte in seinem Revisionsrekurs eine Abänderung dahingehend, dass die Vor- und Nacharbeiten zur Erhaltung betreffend des Holzbodens auch die vorangehende Räumung des Objektes von Fahrnissen und deren Wiedereinbringung in das Objekt zu umfassen habe.

Zu den Vor- und Nacharbeiten im Zusammenhang der Erhaltung eines Mietgegenstandes:

Nach § 3 Abs 1 MRG hat der Vermieter nach Maßgabe der rechtlichen, wirtschaftlichen und technischen Gegebenheiten und Möglichkeiten dafür zu sorgen, dass das Haus, die Mietgegenstände und die der gemeinsamen Benützung der Bewohner des Hauses dienenden Anlagen im jeweils ortsüblichen Standard erhalten und erhebliche Gefahren für die Gesundheit der Bewohner beseitigt werden. Der „ortsübliche Standard“ ist ein unbestimmter Gesetzesbegriff, welcher

  1. Arbeiten umfasst, die zur Erhaltung der allgemeinen Teile des Hauses erforderlich sind und
  2. Arbeiten umfasst, welche zur Erhaltung der Mietgegenstände des Hauses erforderlich sind.Arbeiten zur Erhaltung der Mietgegenstände fallen jedoch nur dann darunter, wenn es sich dabei um solche handelt, die der Beseitigung von ernsten Schäden, einer vom Mietgegenstand ausgehenden erheblichen Gesundheitsgefährdung oder um solche Arbeiten, die erforderlich sind, um einen zu vermietenden Mietgegenstand im brauchbaren Zustand zu übergeben.

Unbestritten ist, dass der schadhafte Holzboden zu den Erhaltungspflichten des Vermieters im Sinne des § 3 Abs 1 MRG gehört.

Fraglich ist jedoch, ob und in welchem Umfang erforderliche Vor- bzw Nachfolgearbeiten im Zusammenhang mit Substanzschäden oder der Brauchbarmachung eines Mietgegenstandes in die Erhaltungspflicht des Vermieters fallen.

Abgesehen von Einzelentscheidungen, wie etwa 1 Ob 228/00m, haben die Judikatur sowie die Lehre immer die Auffassung vertreten, dass zu den Erhaltungsarbeiten auch die damit vorbereitenden, begleitenden und nachfolgenden Tätigkeiten gehören, sofern diese Arbeiten als adäquat, dh notwendig oder zweckmäßig, erachtet werden können. In diesem Zusammenhang wird für notwendige Erhaltungsarbeiten von einem schadhaften Fußboden zunächst die Verbringung der im Mietgegenstand befindlichen Möbel und nach erfolgter Instandsetzung des Holzfußbodens im Nebenraum deren Rückstellung in das Mietobjekt als Erhaltungsarbeit anzusehen sein. Die Erhaltung im ortsüblichen Standard wird nach der Verkehrsauffassung zu bemessen sein, während für die aufzutragenden Erhaltungsarbeiten bei der Festsetzung der aufzuerlegenden Leistungsfrist auf die Umstände des Einzelfalles Bedacht zu nehmen ist.

In Hinblick auf die für die Erhaltung des Holzbodens notwendigen Vor- und Nacharbeiten folgte der OGH der bisherigen Judikatur und Lehre, wonach auch die Verbringung sowie Replazierung der Möbel in das Mietobjekt zu den Erhaltungsarbeiten nach § 3 MRG zähle. Der Umfang der Vor- und Nacharbeiten stehe im Zusammenhang mit dem Verständnis der „Duldungspflichten“ des Mieters nach § 8 Abs 2 MRG (5 Ob 1062/93). Dies sogar unter jedweder Ausklammerung einer Mitwirkungspflicht des Mieters sowie dessen Entschädigungsanspruch nach § 8 Abs 3 MRG (5 Ob 16/95).

Als weitere Beispiele von Vor- und Nacharbeiten im Zusammenhang mit der Erhaltung führte das Höchstgericht den Aufwandersatz nach § 8 Abs 3 MRG für das Verschieben und Abdecken von Möbeln und Teppichen sowie auch für die Entfernung von Inventar aus einem Bestandobjekt an (5 Ob 158/98s). Somit erwies sich der Revisionsrekurs des Antragstellers als berechtigt und die Kosten der Rechtsvertretung hatte nach § 37 Abs 3 Z 19 aF jede Partei selbst zu tragen.

Fazit:

Vor- und Nacharbeiten können, im vorliegenden Sachverhalt, ganz erheblich und mit erheblichem finanziellen Aufwand verbunden sein. Dies wohlgemerkt unter jedweder Ausklammerung einer Mitwirkungspflicht des Mieters und unbeschadet entsprechender Entschädigungsansprüche. Die gerade in den letzten Jahren gestiegenen Erhaltungsanforderungen an den Vermieter (Haftung für erhebliche Gesundheitsgefährdung), aber auch zusätzliche Vorlagepflichten (Energieausweis, Dokumentationspflichten) erfordern die Notwendigkeit, diese Kosten zumindest im gesetzlich geregelten Hauptmietzins berücksichtigen zu können.

Autor:

Mag. Roman Reßler ist Rechtsberater im Zentralverband der Hausbesitzer von Wien. Schon während seines Studiums war er als Eigentümer von Liegenschaften mit Fragen des Miet- und Wohnrechts beschäftigt. Nach Absolvierung des rechtswissenschaftlichen Studiums und des Gerichtsjahres mit dem Schwerpunkt „Wohnrecht“ sammelte er weitere praktische Erfahrungen in einer Hausverwaltung. Im Jahre 2001 begann er seine Tätigkeit als Rechtsberater im Zentralverband der Hausbesitzer von Wien, wo er für die persönliche Mitgliederberatung verantwortlich ist.

Neben seiner Tätigkeit als Rechtsberater verfasst er auch juristische Fachartikel in der monatlich erscheinenden Mitgliederzeitung „Haus & Eigentum“.

www.zvhausbesitzer.at