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Dokument-ID: 895539

WEKA (ato) | News | 06.02.2017

Zählt eine Hausbrieffachanlage zu den allgemeinen Teilen des Hauses und wen trifft die Erhaltungspflicht?

Nach der Rsp handelt es sich dann um keinen allgemeinen Teil, wenn dieser funktional nur einem einzigen oder einer begrenzten Zahl von Mietgegenständen zugeordnet ist. Dies trifft auf die Hausbrieffachanlage nicht zu.

Geschäftszahl

OGH 22. November 2016, 5 Ob 92/16i

Norm

§§ 3, 8 MRG; § 34 PMG; § 14 Postgesetz 1997

Leitsatz

Quintessenz:

Zu den allgemeinen Teilen des Hauses gehört örtlich grundsätzlich alles, was sich außerhalb des Mietgegenstands befindet. Nach der Rsp handelt es sich dann um keinen allgemeinen Teil, wenn dieser funktional nur einem einzigen oder einer begrenzten Zahl von Mietgegenständen zugeordnet ist. Dies trifft auf die Hausbrieffachanlage nicht zu.

OGH: Der in casu geschlossene Mietvertrag lautete in den gegenständlich ausschlaggebenden Punkten wie folgt:

„§ 1 (Mietgegenstand und Ausstattung)

1. Vermietet wird ausschließlich der Innenraum der Wohnung …
 …
 § 4 (Sonstige Rechte und Pflichten der Vertragspartner)

1. Der Mieter hat den Mietgegenstand und die für den Mietgegenstand bestimmten Einrichtungen… zu warten und soweit instand zu halten und zu erneuern (…), als es sich nicht um ernste Schäden des Hauses handelt …“

§ 34 Abs 8 PMG verpflichtete den Universaldienstbetreiber, jene Hausbrieffachanlagen, die den Anforderungen der Abs 2, 4 und 5 nicht entsprachen, bis 31. Dezember 2012 auszutauschen. Die Eigentümer der Gebäude, in denen sich diese befinden, waren verpflichtet, den Austausch unentgeltlich zu ermöglichen. Nach der Durchführung gingen die Hausbrieffachanlagen unentgeltlich in deren Eigentum über.

§ 1 Z 1 des Mietvertrags zufolge war ausschließlich der Innenraum der Wohnung vermietet, womit bereits das vor der Umstellung bestandene Hausbrieffach genauso wenig mitvermietet war wie es das inzwischen ausgetauschte ist.

Die in § 4 Z 1 des Mietvertrags bezüglich der Instandhaltungs- und Wartungspflicht des Mieters für „den Mietgegenstand und die für den Mietgegenstand bestimmten Einrichtungen“ enthaltene Bestimmung ist iS und im Einklang mit der Rechtsprechung zu §§ 3, 8 MRG so auszulegen, dass sich diese Pflicht nicht auf die allgemeinen Teile des Hauses erstreckt. Unter diesen ist grundsätzlich örtlich alles, was sich außerhalb des Mietgegenstands befindet, zu verstehen, somit auch das Hausbrieffach.

Die Antragsgegnerin (Hauseigentümerin) brachte vor, dass nach der Rechtsprechung im Falle, dass dieser funktional nur einem einzigen oder einer begrenzten Zahl von Mietgegenständen zugeordnet ist, kein allgemeiner Teil vorliegt. Zur Unterscheidung können hierbei jedoch auch funktionelle (wertende) Kriterien einfließen.

Bei der für Gebäude mit mehr als vier Abgabestellen, die sich in mehr als zwei Geschossen befinden, gesetzlich vorgesehenen Hausbrieffachanlage handelt es sich ihrer Beschaffenheit sowie ihrem Zweck nach um eine mehrfunktionale Gemeinschaftsanlage, mit der jedem Empfänger des Hauses eine postdiensttaugliche Abgabestelle zur Verfügung gestellt werden soll. Nur aus diesem Grund sind die einzelnen Brieffächer jeweils einer Abgabestelle im Gebäude zuzuordnen und mit der Türnummer bzw sonstigen eindeutigen alphanumerischen Bezeichnung der betreffenden Abgabestelle zu versehen. Der Mieter ist hierbei weder über die Hausbrieffachanlage als solche verfügungsberechtigt, noch steht ihm ein Anspruch auf ein ganz bestimmtes Hausbrieffach zu. Aus diesen Ausführungen folgt, dass die Hausbrieffachanlage inklusive der einzelnen Brieffächer funktional als allgemeiner Teil und Gemeinschaftsanlage anzusehen ist, die in die Erhaltungspflicht des Vermieters fällt.

Die Antragsgegnerin vertrat die Meinung, dass im Falle der Annahme ihrer Erhaltungspflicht die im Erkenntnis des VfGH betreffend die Aufhebung von Teilen des § 14 Postgesetz 1997 maßgeblichen Gründe auch gegen § 34 Abs 4 und Abs 8 PMG gelten müssten. In G 100/05 erachtete der VfGH die in der bekämpften Regelung normierte Verpflichtung jedes Eigentümers eines Gebäudes (mit einer oder mehreren Adresse/n), auf seine Kosten eine näher bestimmte Brieffachanlage zu errichten bzw eine bestehende Hausbrieffachanlage, die den gesetzlichen Anforderungen nicht genügt, gegen eine entsprechende auszutauschen, für eine nicht im öffentlichen Interesse gelegene Verletzung des Eigentumsrechts des Gebäudeeigentümers. Eine solche Pflicht traf die Antragsgegnerin in casu nicht.

§ 34 PMG sah für den Austausch von Hausbrieffachanlagen eine über fünf Jahre gestreckte, verhältnismäßige Aufteilung der Kosten zwischen allen konzessionierten Betreibern vor, wobei dem Universaldienstbetreiber die Umrüstung und Vorfinanzierung auferlegt wurde. Nach Ansicht des OGH stellt die anschließende, mit nur sehr geringen Belastungen verbundene Pflicht zur weiteren Bereithaltung der Hausbrieffachanlage ein dem liberalisierten Postmarkt und der in diesem Zusammenhang notwendigen Umsetzung gemeinschaftsrechtlich vorgegebenen Anforderungen geschuldeten, lediglich geringfügigen und daher nicht bedenklichen Eigentumseingriff dar.

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