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Dokument-ID: 792992

WEKA (vpa) | News | 11.11.2015

Zum schlüssigen Aufrechnungsverzicht im Falle einer drohenden Illiquidität der Gemeinschaft

Liegt ein akuter Liquiditätsengpass der Gemeinschaft vor und folgen Sondervorschreibungen zu dessen Überbrückung den Verteilungsgrundsätzen des § 32 WEG 2002, so ist die Aufrechnung mit Rückforderungsansprüchen nach § 1431 ABGB ausgeschlossen.

Geschäftszahl 

OGH 25. August 2015, 5 Ob 144/15k

Norm 

§§ 31, 32 WEG 2002

Leitsatz

Quintessenz:

Liegt ein akuter Liquiditätsengpass als Folge rechtskräftiger Exekutionstitel gegen die Gemeinschaft vor und folgen Sondervorschreibungen zu dessen Überbrückung den Verteilungsgrundsätzen des § 32 WEG 2002, so ist die Aufrechnung mit Rückforderungsansprüchen nach § 1431 ABGB ausgeschlossen, auch wenn diese aufgrund einer vorhergehenden gesetzwidrigen Aufteilung der Beiträge zur Rücklage bestehen.

OGH: Um die Finanzierung der Wohnungseigentumsanlage zu gewährleisten und Liquiditätsengpässe in Bezug auf Liegenschafsaufwendungen im Interesse aller Wohnungseigentümer zu vermeiden, sind vom Verwalter vorgeschriebene Akontozahlungen für die Miteigentümer bindend. Nicht relevant für die Verpflichtung zu Akontozahlungen ist, ob der Verwalter seiner Rechnungslegungspflicht nachkommt. Ist eine Akontozahlung fällig, so kann sie unabhängig davon eingehoben werden, ob die Aufwendung, für die sie eingehoben wird, bereits abgerechnet ist oder Streit über deren Abrechnung besteht.

Aufgrund der Bedeutung der Liquiditätssicherung ist die Aufrechnung eigener Ansprüche gegen Akontovorschreibungen unzulässig. Ein schlüssiger Aufrechnungsverzicht ergibt sich auch aus dem Zweck des Wohnungseigentumsvertrages.

Im Gegensatz zu Akontozahlungen geht es bei der Rücklagenbildung nicht um die Vermeidung von Liquiditätsproblemen der Eigentümergemeinschaft, weswegen in diesem Fall nicht mit dem Vorrang der Gemeinschaftsinteressen argumentiert werden kann, weil hier die gleiche anteilige Belastung der Wohnungseigentümer in Bezug auf die finanzielle Vorsorge zur Deckung des Instandhaltungsaufwandes gesetzlich geboten ist. Das Argument, aus dem Wohnungseigentumsvertrag ergebe sich ein genereller, schlüssiger Aufrechnungsverzicht, greift hier nicht.

Primärer Zweck der Rücklage ist nach § 31 Abs 1 WEG 2002 zwar die Vorsorge für künftige Aufwendungen, jedoch sind auch Leistungen zur Bevorschussung eines bereits bestimmten Erhaltungsaufwandes erfasst. Rücklagen dienen außerdem dem Zweck, einen Haftungsfonds bzw Liquiditätsreserven zu schaffen, damit neben den alltäglichen Auslagen auch größere Investitionen finanziert werden können.

Folgt eine Sondervorschreibung zur Überbrückung eines akuten Liquiditätsengpasses als Folge rechtskräftiger Exekutionstitel gegen die Gemeinschaft den Verteilungsgrundsätzen des § 32 Abs 1 WEG 2002, so liegt keine überproportionale Belastung einzelner Wohnungseigentümer vor und die Aufrechnung mit Rückforderungsansprüchen nach § 1431 ABGB ist ausgeschlossen, auch wenn sie aufgrund einer vorhergehenden gesetzwidrigen Aufteilung der Beiträge zur Rücklage bestehen. Diese Rückforderungs- und Aufrechnungsansprüche aufgrund der gesetzwidrigen Aufteilung stünden dann allen Wohnungseigentümern zu, was nicht vereinbar damit ist, die Liquidität der Gemeinschaft aufrecht zu erhalten.

Dienen die Sondervorschreibungen dazu, den Haftungsfonds, der im Falle ausreichender Rücklagen bestünde, zu schaffen, so greift aufgrund der drohenden Illiquidität der Gemeinschaft der Vorrang der Gemeinschaftsinteressen und der damit verbundene schlüssige Aufrechnungsverzicht.

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