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Dokument-ID: 715713

WEKA (wed) | Judikatur | Entscheidung

5 Ob 137/14d; OGH; 4. September 2014

GZ: 5 Ob 137/14d | Gericht: OGH vom 04.09.2014

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten Hon.-Prof. Dr. Danzl als Vorsitzenden sowie die Hofrätinnen und Hofräte Dr. Lovrek, Dr. Höllwerth, Dr. Grohmann und Mag. Wurzer als weitere Richter in der wohnrechtlichen Außerstreitsache der Antragstellerin W*****, vertreten durch Dr. Franz Terp, Rechtsanwalt in Wien, gegen die Antragsgegner 1. S***** J*****, 2. G***** J*****, 3. D***** J*****, alle *****, vertreten durch Dr. Heinz Neuner, Rechtsanwalt in Wien, und 4. Mag. Gerhard Waldherr, 1180 Wien, Plenergasse 24/16, vertreten durch Dr. Gerhard Deinhofer, Dr. Friedrich Petri, Rechtsanwälte in Wien, wegen §§ 18c Abs 2, 37 Abs 1 Z 5 MRG, über die Revisionsrekurse der Antragsgegner gegen den Beschluss des Landesgerichts für Zivilrechtssachen Wien als Rekursgericht vom 29. Jänner 2014, GZ 39 R 395/13x-20, mit dem über Rekurs der Antragstellerin der Sachbeschluss des Bezirksgerichts Döbling vom 12. September 2013, GZ 9 Msch 37/12x-15, aufgehoben wurde, den

Beschluss

gefasst:

Spruch

Die Revisionsrekurse werden zurückgewiesen.

Die Erst- bis Drittantragsgegner sind schuldig, der Antragstellerin die mit EUR 401,59 (darin EUR 66,93 USt) bestimmten Kosten der Revisionsrekursbeantwortung binnen 14 Tagen zu ersetzen.

Der Viertantragsgegner ist schuldig, der Antragstellerin die mit EUR 401,59 (darin EUR 66,93 USt) bestimmten Kosten der Revisionsrekursbeantwortung binnen 14 Tagen zu ersetzen.

Begründung:

Das Erstgericht wies den auf § 18c Abs 2 MRG gestützten Antrag der Antragstellerin auf Duldung des Dachbodenausbaus und der damit verbundenen Einschränkung der Benützungsrechte der Antragsgegner am Dachboden gegen Leistung eines angemessenen Ersatzes durch die Antragstellerin ab. Dazu führte es in rechtlicher Hinsicht aus, den Antragsgegnern seien ganz konkrete, jeweils cirka 10 m² große Bereiche des Dachbodens überlassen worden, sodass ihnen Sonderrechte daran zukämen, von denen alle anderen Mieter des Hauses ausgeschlossen seien.

Dem dagegen erhobenen Rekurs der Antragsgegnerin gab das Gericht zweiter Instanz Folge, hob den angefochtenen Sachbeschluss auf und trug dem Erstgericht eine neuerliche Entscheidung nach Verfahrensergänzung auf. Den Antragsgegnern seien nicht räumlich abgegrenzte Dachbodenabteile mitvermietet, sondern teils unter Verweis auf die Hausordnung, teils auch durch ausdrückliche mündliche Absprache das Recht eingeräumt worden, den Dachboden und die Waschküche mitzubenützen. Eine solche Zuweisung räumlich nicht abgegrenzter Bereiche zur Lagerung von Gegenständen sei der Vermietung abgeschlossener Dachbodenabteile nicht gleichzuhalten, sondern habe lediglich der Schaffung eines Ordnungssystems zwischen den Mitbenutzungsberechtigten gedient. Es liege daher ein typischer Fall des § 18c Abs 2 MRG vor, weswegen das Erstgericht zu prüfen gehabt hätte, ob die im Zuge des Verfahrens von der Antragstellerin angebotenen Ersatzflächen im Souterrain eine gleichwertige Interessenbefriedigung der Antragsgegner ermöglichten; im fortgesetzten Verfahren werde auch zu erörtern sein, inwieweit der Hof zum Trocknen der Teppiche geeignet sei. Da die Feststellungen des Erstgerichts zur Beurteilung dieser Fragen nicht auslangten, sei das Verfahren in erster Instanz fortzusetzen. Dabei werde gegebenenfalls auch eine Entscheidungsgrundlage für die Bemessung einer angemessenen Entschädigung zu schaffen sein.

Den Revisionsrekurs erklärte das Gericht zweiter Instanz für zulässig, weil – soweit überblickbar – höchstgerichtliche Rechtsprechung dazu fehle, ob § 18c MRG im Falle der Zuweisung räumlich nicht abgetrennter Flächen an einzelne Mieter zur Lagerung von Gegenständen anzuwenden sei.

Der Revisionsrekurs ist entgegen dem – den Obersten Gerichtshof nicht bindenden (§ 71 Abs 1 AußStrG) – Ausspruch des Rekursgerichts nicht zulässig, weil Fragen von der Bedeutung des § 62 Abs 1 AußStrG hier nicht zu klären sind.

Rechtliche Beurteilung

1. Die durch das 3. WÄG BGBl 1993/800 eingeführte Bestimmung des § 18c MRG regelt die nachträgliche Neuerrichtung von Mietgegenständen. Stünden den dafür erforderlichen Baumaßnahmen Rechte zur Benützung von allgemeinen Teilen der Liegenschaft, wie etwa von Dachboden- oder Kellerräumen, Grünanlagen oder Hofflächen entgegen, so haben nach § 18c Abs 2 MRG die bisherigen Benützungsberechtigten die Baumaßnahmen unter der Voraussetzung zu dulden, dass ihnen gleichwertige Benützungsrechte oder die sonstige Möglichkeit zur gleichwertigen Befriedigung ihrer Interessen eingeräumt werden, oder dass ihnen der Verlust des Benützungsrechts unter Berücksichtigung der bisherigen Ausübung abgegolten wird.

2. Die Bestimmung des § 18c Abs 2 MRG soll die Schaffung neuen Wohnraums im Wege der wohnungspolitisch erwünschten „Nachverdichtung“ der bestehenden Gebäudesubstanz erleichtern. Sie ist daher im Zweifel so auszulegen, dass die Voraussetzungen, unter denen ein Mieter den Ausbau eines von ihm mitbenützten Dachbodens zu dulden hat, gegenüber der früheren Rechtslage vermindert und nicht erschwert werden (RIS-Justiz RS0107166). Der Oberste Gerichtshof hat dazu bereits ausgesprochen, dass § 18c Abs 2 MRG bloße Mitbenützungsrechte an „typisch“ allgemeinen Teilen betrifft, an denen nicht ausschließliche Benützungsrechte bestehen (5 Ob 61/09w immolex 2010, 11/10 [Stibi] = wobl 2010, 100/45; so auch E. M. Hausmann in Hausmann/Vonkilch, Österreichisches Wohnrecht³ § 18c MRG Rz 16; Würth/Zingher/Kovanyi²² Rz 7 zu § 18c MRG unter Hinweis auf 6 Ob 2293/96s = wobl 1997/42 [Call] = SZ 70/6).

3. Die Revisionsrekurswerber nehmen für sich Sonderrechte an bestimmt bezeichneten Flächen des Dachbodens in Anspruch, die einer Anwendung des § 18c Abs 2 MRG entgegenstünden, und leiten diese im Wesentlichen daraus ab, dass dem ursprünglichen Wohnungsmieter bei Anmietung der Wohnung eine bestimmte Fläche des Dachbodens zur Nutzung zugewiesen worden sei (Erst- bis Drittantragsgegner) bzw im Zusammenhang mit einer Ablösezahlung vom Vermieter „dezidiert das Recht eingeräumt“ worden sei, Gegenstände am Dachboden und in der Waschküche abzustellen (Viertantragsgegner).

4.1 Ob den Erst- bis Drittantragsgegnern bzw deren Rechtsvorgänger und dem Viertantragsgegner ein ausschließliches Benützungsrecht an nicht notwendig allgemeinen Teilen des Hauses vertraglich eingeräumt wurde, und damit Nebenflächen mitvermietet wurden (vgl § 31 Abs 5 MRG), oder ob bloß Mitbenützungsrechte an allgemeinen Teilen, wie hier am Dachboden des Hauses, vorliegen, ist in erster Linie eine Frage der Vertragsauslegung, die nur dann eine erhebliche Rechtsfrage iSd § 62 Abs 1 AußStrG begründen kann, wenn dem Berufungsgericht eine auffallende Fehlbeurteilung unterlaufen wäre (zu § 502 ZPO: RIS-Justiz RS0044358 [T11; T12]). Das ist hier nicht der Fall.

4.2 Nach den Feststellungen haben sämtliche Mieter des Hauses einen Schlüssel zum Dachboden, der – ausgenommen die Waschküche – aus einem einheitlichen Raum ohne bauliche Trennung zwischen jenen Dachbodenbereichen, an welchen die Antragsgegner Sondernutzungsrechte geltend machen, und der übrigen Fläche, besteht. In keinem der Mietverträge ist der Dachboden oder ein Teil davon als Bestandteil des Mietgegenstands angeführt. Die Nutzung des Dachbodens regelt vielmehr die Hausordnung, wobei in dem vom Viertantragsgegner abgeschlossenen Mietvertrag ausdrücklich festgehalten wurde, dass der Mieter berechtigt ist, Waschküche und Trockenboden gemäß der Hausordnung mitzubenutzen. Bei dieser Sachlage kann entgegen der Ansicht der Revisionsrekurswerber weder aus der Zuweisung eines bestimmten, cirka 10 m² großen Platzes an den Rechtsvorgänger der Erst- bis Drittantragsgegner zum Abstellen von Gegenständen, noch aus der mündlichen Bekräftigung gegenüber dem Viertantragsgegner, er sei zur Nutzung des Dachbodens und der Waschküche als Abstellfläche berechtigt, die Vereinbarung eines ausschließlichen Benützungsrechts an bestimmten abgegrenzten Dachbodenflächen und damit deren Mitvermietung abgeleitet werden. Vielmehr hat in diesem Zusammenhang bereits das Rekursgericht zutreffend darauf verwiesen, dass in der Zuweisung bestimmter Flächen zur Lagerung von Gegenständen lediglich die Schaffung eines Ordnungssystems gesehen werden kann, um Konflikte über die Nutzung des – jedenfalls zum Zeitpunkt des Abschlusses der hier gegenständlichen Mitverträge – allen Mietern zugänglichen Dachbodens hintanzuhalten.

4.3 Ergibt sich bereits aus der Vertragsauslegung, dass eine (ausdrückliche oder konkludente) Vereinbarung ausschließlicher Benützungsrechte im Sinne einer Mitvermietung von bestimmten Dachbodenflächen nicht gegeben ist, und liegen folgedessen lediglich Rechte zur (Mit-)Benützung von „typisch“ allgemeinen Teilen der Liegenschaft vor (vgl 5 Ob 61/09w), ist die Anwendung des § 18c Abs 2 MRG schon nach dem Wortlaut des Gesetzes nicht zweifelhaft. Das erkennt auch das Rekursgericht, wenn es von „typisch von § 18c MRG erfassten Mitbenützungsrechten“ ausgeht. Dass Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs zu einer konkreten Fallgestaltung fehlt, bedeutet aber noch nicht, dass die Entscheidung von der Lösung einer erheblichen Rechtsfrage abhängt (RIS-Justiz RS0102181).

5. Da den Antragsgegnern nicht jeweils ausschließliche Nutzungsrechte eingeräumt, sondern ihnen lediglich allgemeine Teile des Hauses zur Mitbenützung überlassen wurden, erübrigt sich eine Auseinandersetzung mit der von ihnen zur Stützung ihres Standpunkts ins Treffen geführten Ausdehnung ihrer Mietverträge (vgl hiezu RIS-Justiz RS0014325; RS0014305 ua). Damit geben auch die Rechtsmittel der Antragsgegner keine Rechtsfrage von der Bedeutung gemäß § 62 Abs 1 AußStrG zu erkennen, weswegen die Revisionsrekurse zurückzuweisen sind.

Einer weiteren Begründung bedarf dieser Beschluss nicht (§ 71 Abs 3 AußStrG).

6. Die Kostenentscheidung beruht auf § 37 Abs 3 Z 17 MRG. Die Antragstellerin hat in ihren Rechtsmittelbeantwortungen auf die Unzulässigkeit der Revisionsrekurse hingewiesen. Es entspricht daher der Billigkeit, dass ihr die im Zwischenstreit über die Zulässigkeit der Revisionsrekurse entstandenen Kosten ersetzt werden (vgl RIS-Justiz RS0122294). Die Bemessungsgrundlage richtet sich im Zweifel jedoch nach § 10 Z 3 lit a) bb) RATG.

Leitsätze

  • Zum Tatbestand des § 18c Abs 2 MRG - zugänglicher Dachboden

    § 18c Abs 2 MRG erleichtert die Schaffung neuen Wohnraums im Wege der wohnungspolitisch erwünschten Nachverdichtung der bestehenden Gebäudesubstanz. Im Zweifel ist so auszulegen, dass die Voraussetzungen, unter denen ein Mieter den Ausbau eines von ihm mitbenützten Dachbodens zu dulden hat, gegenüber der früheren Rechtslage vermindert und nicht erschwert werden darf. Dies betrifft bloße Mitbenützungsrechte an typisch allgemeinen Teilen, an denen nicht ausschließliche Benützungsrechte bestehen.
    WEKA (wed) | Judikatur | Leitsatz | 5 Ob 137/14d | OGH vom 04.09.2014 | Dokument-ID: 715692