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Dokument-ID: 353543

Judikatur | Entscheidung

5 Ob 229/00p; OGH; 31. März 2001

GZ: 5 Ob 229/00p | Gericht: OGH vom 31.03.2001

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Klinger als Vorsitzenden sowie durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Floßmann und Dr. Baumann und die Hofrätinnen des Obersten Gerichtshofes Dr. Hurch und Dr. Kalivoda als weitere Richter in der außerstreitigen Rechtssache der Antragstellerin h***** GmbH, ***** vertreten durch Dr. Helmut Stadlmayr, Rechtsanwalt in Salzburg, wider den Antragsgegner Dr. Eugen S*****, vertreten durch Dr. Markus Kroner, Rechtsanwalt in Salzburg, wegen § 37 Abs 1 Z 14 iVm § 27 MRG, infolge Revisionsrekurses des Antragsgegners gegen den Zwischensachbeschluss des Landesgerichtes Salzburg als Rekursgericht vom 6. April 2000, GZ 54 R 35/00m-39, womit der Zwischensachbeschluss des Bezirksgerichtes Salzburg vom 18. August 1999, GZ 16 Msch 33/98d-29, bestätigt und teilweise aufgehoben wurde, folgenden

Beschluss

gefasst:

Spruch

Dem Revisionsrekurs des Antragsgegners wird Folge gegeben.

Der angefochtene Zwischensachbeschluss wird dahin abgeändert, dass er zu lauten hat:

„Die zwischen den Parteien über die Geschäftsräumlichkeiten im zweiten Stock des Hauses ***** in***** abgeschlossene Ablösevereinbarung unterliegt nicht den Bestimmungen des § 27 MRG“.

Begründung

Die Antragstellerin, die Mieterin von Geschäftsräumlichkeiten im zweiten Stock des Hauses ***** in***** ist, begehrt vom Antragsgegner, ihrem Vormieter, den Ersatz eines Betrages von ATS 51.120,– den sie ihm aufgrund einer Ablösevereinbarung bezahlt habe. Dieser Vereinbarung stehe das Verbot des § 27 MRG entgegen, weil keine gleichwertige Gegenleistung erbracht worden sei.

Die Antragstellerin habe nicht die gesamte Verpflichtung aus dem Ablösevertrag erfüllt, weshalb der Antragsgegner zu 11 C 201/97w des BG Salzburg einen restlichen Betrag von ATS 78.000,– klagsweise geltend gemacht habe.

Der Antragsgegner beantragte die Abweisung des Begehrens, weil der Leistung gleichwertige Investitionen gegenübergestanden seien. Darüber hinaus brachte er vor, dass § 27 MRG nicht anwendbar sei, weil das Bestandobjekt in einem Gebäude geleben sei, das ohne Zuhilfenahme öffentlicher Mittel nach dem 30. Juni 1953 neu errichtet worden sei. Damit liege der Ausnahmetatbestand des § 1 Abs 4 Z 1 MRG vor. Der Antragsgegner stellte einen Zwischenantrag auf Feststellung dahin, dass „für den Mietgegenstand § 27 MRG nicht anwendbar sei, der Mietgegenstand in einem Gebäude gelegen sei, welches aufgrund einer Baubewilligung nach dem 30.07.1953 ohne Zuhilfenahme öffentlicher Mittel neu errichtet worden sei“. Beide Vorinstanzen wiesen den Antrag auf Zwischenfeststellung ab, wobei das Rekursgericht noch Punkt 1b des erstinstanzlichen Zwischensachbeschlusses ersatzlos behob (die Feststellung, dass der Mietgegenstand in einem Gebäude gelegen sei, das nach dem 30.07.1953 neu errichtet worden sei).

Dem liegt folgender Sachverhalt zugrunde:

Das Haus ***** in *****wurde aufgrund einer im Jahr 1929 vom Magistrat der Stadt *****erteilten Baubewilligung errichtet, die Kollaudierung erfolgte mit Bescheid vom 16.06.1933. In der Folge wurde im Haus im Erdgeschoß eine Tischlerei betrieben und das Obergeschoß als Wohnung genutzt. Im Dachgeschoß befanden sich einige nicht bewohnte Räumlichkeiten. Im Kellergeschoß, das teilweise ausgebaut war, waren der Tank und der Heizraum sowie ein kleiner Abstellraum vorhanden.

Im Jahr 1976 beschlossen die damaligen Eigentümer des Hauses Maria F***** und DI Walter F***** einen Umbau und die Generalsanierung des Hauses und stellten ein darauf lautendes Baubewilligungsansuchen. Es war geplant, das Dachgeschoß vollwertig auszubauen und vier Wohnungen zu schaffen, zwei im Obergeschoß und zwei im Dachgeschoß. Der Erdgeschoßbereich sollte in ein Büro umgebaut werden. Im Keller sollten neben der Erweiterung der Heizanlage auch Abstellräume geschaffen werden. Durch entsprechenden Haushub sollte der Kellerbereich wesentlich erweitert werden und zwar auf das mehr als Vierfache des bisher unterkellerten Bereichs.

Mit Bescheid vom 11.08.1976 bewilligte der Magistrat der Stadt***** einerseits eine Bauerleichterung und erteilte die Baubewilligung „für den Umbau und die Generalsanierung des auf dem Grundstück 2111/4 und Baufläche***** Abteilung N***** befindlichen Gebäudekomplexes (ehemals Tischlereibetrieb) für die Verwendung als Büro- und Wohnhaus“. Die Kollaudierung erfolgte mit Bescheid vom 27.02.1978. Dieser Kollaudierungsbescheid nimmt nicht Bezug auf die während des Baugeschehens eingetretenen Änderungen gegenüber dem ursprünglichen Bauvorhaben. Als nämlich die Geschoßdecke oberhalb des Erdgeschosses geöffnet worden war, hatte man Vermorschungen an den Tramdecken festgestellt und daher nicht nur diese Decke, sondern auch die Decke oberhalb des ersten Obergeschosses entfernt. Nur die Außenwände des 1929 errichteten Hauses blieben bei den Umbaumaßnahmen im Jahr 1975/1976 stehen, es fand eine völlige Entkernung des Inneren des Hauses statt. Um den Keller ausbauen zu können, öffnete man eine Seitenwand des Hauses, sodass Bagger durchfahren und dort im Inneren des Hauses graben konnten. Inwieweit dabei eine 1929 errichtete Wendeltreppe stehenblieb, steht nicht fest. Jedenfalls wurde die Wendeltreppe schon vom Aufstiegsbereich her vergrößert und verändert.

Bei Herstellung des vergrößerten Kellers mussten die Außenmauerteile unterfangen werden. Der Keller wurde (wegen Grundwasser) um ca 1 m höher verlegt, wodurch sich die Lage der vorher gegebenen Geschoßdecken nach oben veränderte. Im ersten Obergeschoß wurden auch die Zwischenwände anders konfiguriert als zuvor vorgesehen.

Bei diesen Generalsanierungs- und Umbaumaßnahmen wurden keine öffentlichen Mittel verwendet.

Nach Abschluss der Arbeiten wurde das erste Obergeschoß weiterhin als Wohnraum benützt und im zweiten Obergeschoß Büroräumlichkeiten eingerichtet. Im Kellergeschoß entstanden neben Waschküchenbereich und Heiz- Öltankraum noch eine Reihe von Abstellräumen, Trockenraum und Archivräume.

Es steht nicht fest, ob – bei den oben geschilderten Veränderungen – nach der Fertigstellung des Baus noch irgendein schon im Ursprungszustand 1929 gegebener Raum vorhanden war.

Das Rekursgericht folgt in seiner Rechtsansicht jener des Erstgerichtes, dass der Ausnahmetatbestand des § 1 Abs 4 Z 1 MRG nicht verwirklicht sei. Nach der dazu bestehenden Rechtsprechung führe die Weiterverwendung von Mauern nur dann nicht zum Ausnahmetatbestand des § 1 Abs 4 Z 1 MRG, wenn die Baumaßnahmen im Ergebnis dennoch als Neuerrichtung des Gebäudes anzusehen seien. So habe die Rechtsprechung die Umwandlung eines jahrhundertealten Stall- und Tennengebäudes in einen modernen Verbrauchermarkt ebensowenig als Neuerrichtung beurteilt wie den Umbau einer Scheune in eine Reparaturewerkstätte. Bei Weiterverwendung von Räumen des alten Baubestandes liege niemals eine Neuerrichtung vor. Im vorliegenden Fall seien Kellerräume und Räumlichkeiten im Obergeschoß, wenn auch neu konfiguriert, schon vorher vorhanden gewesen, weshalb der Ausnahmetatbestand des § 1 Abs 4 Z 1 MRG ausscheide. Maßgeblich sei auch, dass die Baubehörde von einer zumindest teilweisen Verwendung des Altbestandes ausgegangen sei, weil nicht eine Neuerrichtung, sondern bloß eine Umbau- und Generalsanierung bewilligt worden sei. Der Austausch von morschen Holzdecken durch Betondecken sei eben nur eine Sanierungsmaßnahme, die Neukonfigurierung von Zwischenwänden führe nicht zur Neuschaffung von Räumen.

Das Rekursgericht ließ den ordentlichen Revisionsrekurs zu, weil noch keine höchstgerichtliche Rechtsprechung in dem Fall vorliege, dass nur Umbau- und Sanierungsmaßnahmen beantragt und baubehördlich bewilligt worden seien, dann aber doch Geschoßdecken erneuert werden mussten und inwieweit damit der Ausnahmetatbestand des § 1 Abs 4 Z 1 MRG verwirklicht sei.

Gegen diesen Zwischensachbeschluss richtet sich der Revisionsrekurs des Antragsgegners wegen Mangelhaftigkeit des Rekursverfahrens und unrichtiger rechtlicher Beurteilung mit dem Antrag auf Abänderung des angefochtenen Zwischensachbeschlusses im Sinn einer Stattgebung seines Zwischenantrags auf Feststellung. Hilfsweise wird ein Aufhebungsantrag gestellt. Die Antragstellerin beantragt, den Revisionsrekurs zurückzuweisen, in eventu, ihm nicht Folge zu geben.

Rechtliche Beurteilung

Der Revisionsrekurs des Antragsgegners ist zulässig, weil die Frage, ob die Sanierung eines Hauses nach vorheriger gänzlicher Aushöhlung des Gebäudes einer Neuerrichtung im Sinn des § 1 Abs 4 Z 1 MRG gleichzuhalten ist, noch keine höchstgerichtliche Rechtsprechung besteht.

Der Revisionsrekurs ist im Sinne seines Abänderungsantrags auch berechtigt.

Es entspricht ständiger Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes, dass weder die Neuerrichtung eines einzelnen Mietobjektes noch der bloße Umbau eines Gebäudes unter Wiederverwendung bestehen gebliebener vermietbarer Räume zur Teilausnahme vom MRG gemäß § 1 Abs 4 Z 1 MRG führt (wobl 1993, 114/78; wobl 1995, 18/6; wobl 1998, 13/1; EWR I/1/32 ff; 92; zuletzt 5 Ob 134/99p; MietSlg 45.196; RIS-Justiz RS0069257; RS0068742; Würth/Zingher Miet- und Wohnrecht20 Rz 52 zu § 1 MRG; Dirnbacher in Anm zu wobl 1998, 45/16). Deshalb wurde der Ausbau einer Fabrikshalle zu Wohnungen nicht als Neubau im Sinn der Ausnahmebestimmung, sondern als Neuschaffung von Bestandobjekten im Sinn des § 16 Abs 1 Z 2 MRG gewertet (immolex 1998/144). In diesem Fall kam es nicht zur „Aushöhlung“ des Gebäudes, es wurden keine Wände oder Decken abgerissen, sondern in bestehenden Hallen durch Anbringung von Zwischenwänden etc, Wohnungen errichtet. Auch die Umwandlung eines Stalles in einen Verbrauchermarkt stellte demnach keine Neuerrichtung dar (wobl 1995/6), ebensowenig wie die Umwandlung einer Scheune in eine Reparaturwerkstätte (5 Ob 85/93), wobei im letzteren Fall noch vermietbare Räume erhalten blieben. Ganz grundsätzlich ist bei der Frage, ob eine Neuerrichtung eines Gebäudes vorliegt, auch die Verkehrsauffassung heranzuziehen, die zwar nicht zuletzt durch die geltenden Bauvorschriften geprägt wird, doch entscheiden letztlich die speziellen Wertungen, die dem MRG zugrundeliegen und nicht die ganz anders gelagerten Zielsetzungen der Baubehörde (5 Ob 2033/96y).

Für die Verwirklichung des Ausnahmetatbestandes des § 1 Abs 4 Z 1 MRG ist die Neuerrichtung des Gebäudes selbst erforderlich, woraus im Weiteren folgt, dass die Einbeziehung geringfügiger alter Gebäudeteile in ein neues Objekt für die Annahme einer gänzlichen Neuerrichtung spricht, wenn es sich um Reste alten Mauerwerks (etwa Fundamente, denkmalgeschützte Fassadenteile etc) handelt oder auch um umschlossene Gebäudeteile, denen unter dem Aspekt der Vermietbarkeit keinerlei selbstständige Bedeutung zukommt. Die Weiterverwendung von Mauern an sich schließt nur dann den Ausnahmetatbestand des § 1 Abs 4 Z 1 MRG nicht aus, wenn die Baumaßnahmen im Ergebnis dennoch als Neuerrichtung des Gebäudes anzusehen sind, was nur durch wertenden Vergleich mit der Neuerrichtung eines Gebäudes ohne Weiterverwendung von Teilen eines schon bestehenden Gebäudes erfolgen kann (RIS-Justiz RS0069270; zuletzt 5 Ob 34/00m mwN). Beispielsweise wurde der Wiederaufbau einer Brandruine unter Weiterverwendung der gesamten Kellerräume, der Fundamente, der massiven Betondecke des Kellers, der massiv ausgeführten Stiege vom Keller ins Erdgeschoß sowie der Innenwände und Außenwände des Erdgeschosses und Obergeschosses bei einer solchen vergleichenden Wertung nicht als Neuerrichtung eines Gebäudes angesehen (5 Ob 34/00m).

Eine andere Betrachtung ist jedoch angezeigt, wenn faktisch nur drei von vier Außenwänden eines Gebäudes bestehen bleiben (die dritte Außenwand wurde durchbrochen, damit Baufahrzeuge in das Innere des Gebäudes einfahren können), es also zur gesamten Aushöhlung und Entkernung des Hauses kam. Kein Stockwerk blieb aus dem Altbestand bestehen, da sämtliche Decken inklusive der Kellerdecke nicht nur erneuert, sondern auch bis zu einem Meter angehoben wurden. Auch die innere Raumeinteilung blieb nicht bestehen. Selbst die bestehen gebliebenen Außenmauern mussten aus statischen Gründen unterfangen werden. Dass in etwa dort, wo früher ein Heiz- und ein Abstellraum im Keller vorhanden war, durch eine völlige Neugestaltung und Anhebung des Kellers wiederum Kellerräume entstanden, lässt, abgesehen davon, dass solchen Objekten hinsichtlich einer selbstständigen Vermietbarkeit keinerlei Bedeutung zukommt, es auch nicht zu, von einer Wiederverwendung alten Bestands auszugehen. Ein wertender Vergleich mit einer vollständigen Neuerrichtung des Gebäudes fällt im vorliegenden Fall eindeutig zugunsten der Verwirklichung des Ausnahmetatbestands des § 1 Abs 4 Z 1 MRG aus. Die gänzliche Aushöhlung eines Gebäudes samt Neuherstellung des Kellers und aller Geschoßdecken ist einer Neuerrichtung eines gesamten Gebäudes gleichzuhalten.

Wie oben ausgeführt, kommt es hier nicht auf eine baurechtliche Betrachtungsweise an und schadet daher keinesfalls, dass die geschilderten Baumaßnahmen in der Baubewilligung unter dem Titel „Umbau und Generalsanierung“ bezeichnet wurden.

Bei Fassung eines dem Antrag stattgebenden Zwischensachbeschlusses - eine Entscheidung in der Sache durch die Vorinstanzen wurde bisher nicht getroffen, weshalb es dem Obersten Gerichtshof verwehrt ist, eine Antragsabweisung vorzunehmen -, war dem Begehren und dem Inhalt des § 27 MRG entsprechend eine Umformulierung angebracht. Eine selbstständige Feststellung der Tatbestandsvoraussetzungen des § 1 Abs 4 Z 1 MRG kommt im Rahmen des § 236 ZPO iVm § 37 Abs 3 Z 13 MRG nicht in Betracht. Sie stellt die rechtliche Begründung für die Antragsstattgebung und nicht isoliert feststellungsfähige Tatsachen dar.

In diesem Sinn war der Revisionsrekurs des Antragsgegners berechtigt.

Leitsätze

  • Neuerrichtung oder Umbau eines Gebäudes

    Die Neuerrichtung nur eines einzelnen Mietobjekts oder der Umbau eines Gebäudes unter Wiederverwendung bestehen gebliebener vermietbarer Räume ist einer Neuerrichtung des Gebäudes nach § 1 Abs 4 Z 1 MRG nicht gleichzuhalten.
    Judikatur | Leitsatz | 5 Ob 229/00p | OGH vom 13.03.2001 | Dokument-ID: 377640