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Dokument-ID: 1010824

WEKA (ffa) | News | 22.10.2018

Unterbrechung eines Verfahrens auf Abberufung von Stiftungsorganen

Ein Außerstreitverfahren kann nur unterbrochen werden, wenn eine Vorfrage Gegenstand eines anderen Verfahrens ist, dessen Lösung im anhängigen Verfahren nicht ohne erheblichen Verfahrensaufwand möglich wäre.

Geschäftszahl

6 Ob 72/18h; OGH; 28. Juni 2018

Norm

§ 25 Abs 2 Z 1 AußStrG

Leitsatz

Quintessenz:

Ein Außerstreitverfahren kann nur dann unterbrochen werden, wenn eine Vorfrage Gegenstand eines anderen Verfahrens ist, dessen Lösung im anhängigen Verfahren nicht ohne erheblichen Verfahrensaufwand möglich wäre und mit der Unterbrechung keine unzumutbare Verzögerung verbunden ist. Wenn nach 13 Monaten Gerichtsanhängigkeit noch keine richterliche Tätigkeit in einem Verfahren erkennbar ist, stellt das eine unzumutbare Verzögerung dar, schon deshalb war der Unterbrechungsantrag abzuweisen.

OGH: In casu war darüber zu entscheiden, ob das Außerstreitverfahren auf Abberufung von Stiftungsvorständen bis zur Beendigung eines Zivilprozesses (mit teilweiser Parteienidentität) zur Feststellung der Rechtswirksamkeit diverser Beschlüsse des Stiftungsvorstands und der Änderung der Stiftungsurkunde zu unterbrechen ist.

Die kumulativen Voraussetzungen zur Unterbrechung eines Verfahrens nach § 25 Abs 2 Z 1 AußStrG sind, dass die Vorfrage über das Bestehen oder Nichtbestehen eines Rechtsverhältnisses den Gegenstand eines anderen Verfahrens vor einem Gericht oder einer Verwaltungsbehörde darstellt, die Lösung der Vorfrage im anhängigen Verfahren nicht ohne einen erheblichen Verfahrensaufwand möglich ist und mit der Unterbrechung keine unzumutbare Verzögerung verbunden ist. Im Zweifel ist die Vorfrage im Außerstreitverfahren selbst zu beurteilen.

Bei der gerichtlichen Bestellung oder Abberufung von Stiftungsorganen handelt es sich um ein Rechtsfürsorgeverfahren. Das zeigt sich schon in § 27 Abs 2 PSG, demnach hat die Abberufung bei Vorliegen eines Abberufungsgrundes, nicht nur auf Antrag, sondern auch von Amts wegen zu erfolgen. Aus diesem Grund, sowie wegen dem in der Privatstiftung bestehenden „Kontrolldefizit“ sind die Voraussetzungen für die Unterbrechung eines Verfahrens auf Abberufung von Stiftungsvorständen besonders eng zu verstehen.

Aus Art 6 EMRK lässt sich ein Justizgewährungsanspruch ableiten, wonach jedermann Anspruch auf rasche und korrekte Abwicklung von Verfahren durch Gerichte hat. Eine Unterbrechung ist deshalb nur unter besonders gewichtigen Gründen zu rechtfertigen.

Die Abberufung von Vorstandsmitgliedern einer Privatstiftung wirkt sofort, ein Ausspruch einer vorläufigen Verbindlichkeit und Vollstreckbarkeit iSd § 44 AußStrG ist dazu nicht erforderlich. Dementsprechend ist der Rechtsschutz rascherer und effektiverer, wenn das Abberufungsverfahren weitergeführt wird, als wenn es bis zur rechtskräftigen Entscheidung des Zivilprozesses unterbrochen würde.

Es besteht kein Grundsatz des Vorrangs des Zivilprozesses vor dem Außerstreitverfahren und seit Inkrafttreten des AußStrG 2003 ist auch die Ansicht überholt, dass das streitige Verfahren sei für die Behandlung kontradiktorischer Verfahren besser geeignet als das außerstreitige Verfahren.

Darüber hinaus ist zu beachten, dass im betreffenden Zivilprozess noch nicht einmal eine vorbereitende Tagsatzung anberaumt wurde. Seit Gerichtsanhängigkeit des Zivilprozesses sind rund 13 Monate vergangen, ohne dass irgendeine richterliche Tätigkeit erkennbar wäre. Bereits allein dieser Umstand macht eine Unterbrechung des Abberufungsverfahrens bis zur rechtskräftigen Erledigung des Zivilprozesses für die Antragstellerin unzumutbar.

Der Unterbrechungsantrag war somit abzuweisen, die Frage der Präjudizialität des Zivilverfahrens muss nicht geprüft werden.

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