Dokument-ID: 482290

Olaf Rittinger | News | 22.10.2012

Mieterschutzvorschrift des § 33 Abs 2 MRG

Gastautor Dr. Rittinger geht in seinem Beitrag der Frage nach, ob Mieter im Falle eines Mietzinsrückstandes ein Räumungsbegehren abwehren können und beleuchtet die Möglichkeiten der Vermieter im Falle einer nicht fristgerechten Zahlung.

Sachverhalt:

Ein Mieter ist mit zwei Monatsmieten im Rückstand. Es ist nicht das erste Mal, dass der Vermieter im Laufe des bestehenden Vertragsverhältnisses auf den Mietzins warten muss. Ab und zu wurde er mit Hinweis auf einen Arbeitswechsels des Mieters vertröstet, ein anderes Mal war es angeblich ein irrtümlicher Fehler der Bank des Mieters, der eine fristgerechte Zahlung des Mietzinses verhinderte. Welche Möglichkeiten hat der Vermieter? Wie kann der Mieter eine Beendigung des Vertragsverhältnisses abwenden?

Gesetzliche Grundlagen für Beendigung des Mietverhältnisses:

Gemäß § 33 Abs 1 MRG kann der Vermieter das Vertragsverhältnis gerichtlich kündigen. Daneben besteht die Möglichkeit einer Mietzins- und Räumungsklage, diese gestützt auf § 1118 ABGB. Letztere Variante beinhaltet eine sofortige Auflösungserklärung, die außergerichtlich aber auch mit einer Klage erfolgen kann. Eine Räumungsklage ersetzt eine Mahnung (vgl. dazu ua „Dittrich-Tades“²², Taschenkommentar, zu § 1118 ABGB, Seite 520 bzw „Dittrich-Tades“³7, Kommentar ABGB, zu § 1118 ABGB, E 8).

Solange die eingebrachte Kündigung ohne Einwendungen bleibt oder im Räumungsverfahren ein Versäumungsurteil mangels Bestreitung und/oder Nichterscheinen des Mieters ergeht, wird eine Beendigung des Vertragsverhältnisses rasch möglich sein. Die Frage der tatsächlichen Räumung und der allfälligen Notwendigkeit einer kostenintensiven zwangsweisen Räumung soll an dieser Stelle ausgespart werden.

Im Bestreitungsfalle sieht nun § 33 Abs 2 MRG unter bestimmten Voraussetzungen die Möglichkeit vor, dass die Kündigung aufgehoben, bzw das Räumungsbegehren abgewendet werden kann. Gemäß § 33 Abs 3 MRG ist Abs 2 auch für Räumungsklagen nach § 1118 Fall 2 ABGB – im Bereich des Kündigungsschutzes des MRG – vollinhaltlich anzuwenden (vgl. dazu „Würth – Zingher – Kovanyi“21, Miet- und Wohnrecht, zu § 33 MRG, Rz 32).

Voraussetzungen des § 33 Abs 2 MRG:

Trifft den Mieter am Zahlungsrückstand kein grobes Verschulden und entrichtet er vor Schluss der der Entscheidung des Gerichtes erster Instanz unmittelbar vorangehenden Verhandlung den geschuldeten Betrag, so ist die Kündigung aufzuheben, bzw dem Räumungsbegehren nicht Folge zu geben.

Es stellt sich daher die Frage, wann ein grobes Verschulden angenommen werden kann und wem dafür die Beweispflicht trifft.

Wie so oft, wird eine Einzelfallbeurteilung nicht ausbleiben. Der Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes sind aber einige Abgrenzungskriterien zu entnehmen. In einer aktuellen Entscheidung des Obersten Gerichthofes wird ausgeführt, dass nur eine Verspätung von wenigen Tagen oder vorübergehende Zahlungsschwierigkeiten des Mieters toleriert werden kann. Häufige Rückstände trotz Mahnung können nur ausnahmsweise nach den Besonderheiten des Einzelfalls eine sonst naheliegende grobe Fahrlässigkeit ausschließen. Auch ist das Zahlungsverhalten des Mieters vor dem Räumungsprozess zu berücksichtigen (vgl dazu OGH zu 3 Ob 71/12f).

In andere anderen Entscheidung hat der Oberste Gerichtshof festgestellt, dass grobes Verschulden generell ein hohes Maß an Sorglosigkeit voraussetzt, sodass der Vorwurf berechtigt erscheint, der Mieter habe die Interessen des Vermieters aus Rechtshaberei, Willkür, Leichtsinn oder Streitsucht verletzt (vgl dazu OGH zu 8Ob82/10g).

Weites wurde vom Obersten Gerichtshof judiziert, dass bei der Beurteilung groben Verschuldens an der verspäteten Zinszahlung die Willensrichtung des Mieters, die zur Zahlungsverzögerung führte, entscheidend ist, wozu entsprechende Feststellungen im Rahmen des vom Mieter dazu erstatteten Vorbringen erforderlich sind (vgl. dazu OGH zu 9 Ob 21/09t).

Die Behauptungs- und Beweispflicht dafür, dass ein grobes Verschulden an der Nichtzahlung des Mietzinses vorliegt, trifft den Mieter (vgl. dazu OGH zu 9 Ob 21/09t; „Dirnbacher“, Das Mietrechtsgesetz idF der Wohnrechtsnovelle 2006, Seite 410; „Würth – Zingher – Kovanyi“21, Miet- und Wohnrecht, zu § 33 MRG, Rz 28).

Weitere Voraussetzung des § 32 Abs 2 MRG ist, dass der gesamte geschuldete Mietzins vor Schluss der mündlichen Verhandlung erster Instanz entrichtet wird. Nach ständiger Rechtsprechung können auch erst im Zuge des Prozesses aufgelaufene Rückstände ein auf § 1118 ABGB gestütztes Räumungsbegehren rechtfertigen. Das Räumungsbegehren ist nur dann berechtigt, wenn der qualifizierte Rückstand zum Zeitpunkt der Abgabe der Auflösungserklärung oder der diese ersetzende Fortführung des Räumungsprozesses noch bestand (vgl. dazu OGH zu 3 Ob 71/12f). Zinsen und Kosten sind zu diesem Zeitpunkt nicht gefordert (vgl. ua „Würth – Zingher – Kovanyi“21, Miet- und Wohnrecht, zu § 33 MRG, Rz 29).

Schließlich sei darauf hingewiesen, dass bei strittiger Höhe des geschuldeten Betrages vom Gericht notwendiger Weise eine Beschlussfassung (bzw. ein Teilurteil im Fall der Mietzins- und Räumungsklage) stattfinden muss. Dies gilt auch für den Fall, dass die Höhe des Mietzinsrückstandes zwar nicht strittig ist, vom Mieter aber ein Mietzinsminderungsanspruch behauptet wird. Ein Teilurteil kann nur dann entfallen, wenn grobes Verschulden vorliegt (vgl dazu ua OGH zu 2 Ob 149/06k, bzw 7Ob306/05). Wird eine Beschlussfassung, bzw die Entscheidung durch Teilurteil unterlassen, stellt dies einen Verfahrensmangel dar, der ausdrücklich gerügt werden muss (vgl. ua „Würth – Zingher – Kovanyi“21, Miet- und Wohnrecht, zu § 33 MRG, Rz 30).

Kostenersatzpflicht:

Erfüllt der Mieter vor Schluss der mündlichen Verhandlung erster Instanz alle Voraussetzungen des § 33 Abs 2 MRG wird ihn zwar die Vergünstigung dieser Mieterschutzvorschrift zukommen, aber eine Kostenersatzpflicht treffen, sofern er ohne seine nachträgliche Zahlung eine Kostenersatzpflicht getroffen hätte.

(vgl dazu „Dirnbacher“, Das Mietrechtsgesetz idF der Wohnrechtsnovelle 2006, Seite 414)

Fazit:

Besteht nachgewiesener Weise bei Einbringung der Kündigung, bzw Mietzins- und Räumungsklage ein Mietzinsrückstand, wird der Mieter auf alle Fälle kostenersatzpflichtig und hat den bestehenden Rückstand zu begleichen. Ob das Räumungsbegehren abgewehrt oder die Kündigung aufgehoben werden kann, hängt davon ab, ob es dem Mieter gelingt, den Vorhalt des groben Verschuldens am Rückstand auszuräumen.

Autor:

Herr Dr. Olaf Rittinger ist selbstständiger Rechtsanwalt in Salzburg. Eines seiner Spezialgebiete ist das Miet- und Wohnrecht. Als Gastautor schreibt er regelmäßig Artikel für Wohnrecht online.

www.ra-rittinger.at

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