Dokument-ID: 009479

Judikatur | Entscheidung

5 Ob 133/10k; OGH; 23. September 2010

GZ: 5 Ob 133/10k | Gericht: OGH vom 23.09.2010

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten Hon.-Prof. Dr. Danzl als Vorsitzenden sowie die Hofrätinnen Dr. Hurch und Dr. Lovrek und die Hofräte Dr. Höllwerth und Dr. Roch als weitere Richter in der außerstreitigen Mietrechtssache des Antragstellers Mag. Daniel A*****, vertreten durch Mag. Roswitha Wallner, Mag. Michaela Schinnagl, beide Funktionärinnen der Mietervereinigung Österreichs, 1010 Wien, Reichsratsstraße 15, gegen den Antragsgegner Edwin S*****, vertreten durch Dr. Erich Kafka und Dr. Manfred Palkovits, Rechtsanwälte in Wien, wegen § 16 Abs 2 iVm § 37 Abs 1 Z 8 MRG, über den Revisionsrekurs des Antragsgegners gegen den I. Teilsachbeschluss und II. Beschluss des Landesgerichts für Zivilrechtssachen Wien als Rekursgericht vom 22. März 2010, GZ 40 R 28/10d–40, mit dem infolge Rekurses beider Parteien der Sachbeschluss des Bezirksgerichts Döbling vom 22. September 2009, GZ 15 Msch 9/08t–33, zum Teil abgeändert und zum Teil aufgehoben wurde, den

Beschluss

gefasst:

Spruch

Der Revisionsrekurs wird zurückgewiesen.

Der Antrag auf Zuspruch der Kosten der Revisionsrekursbeantwortung wird abgewiesen.

Begründung

Das Rekursgericht hat den Revisionsrekurs sowohl gegen seinen Teilsachbeschluss als auch den Aufhebungs- und Zurückverweisungsbeschluss zugelassen, weil seine Überlegungen „zum heranzuziehenden Richtwert von EUR 4,37 bei Mietvertragsabschluss [zwischen den Streitteilen] oder den damals schon bekannten und bei Mietvertragsbeginn gültigen EUR 4,50 nicht durch eine Rechtsprechung des Obersten Gerichtshof abgesichert“ seien.

Rechtliche Beurteilung

Der Revisionsrekurs des Antragsgegners ist – entgegen dem den Obersten Gerichtshof nicht bindenden (§ 71 Abs 1 AußStrG iVm § 37 Abs 3 MRG) Ausspruch des Rekursgerichts – unzulässig, was gemäß § 71 Abs 3 AußStrG nur kurz zu begründen ist:

1. Selbst wenn das Rekursgericht zu Recht ausgesprochen haben sollte, die Anfechtung seiner Entscheidung sei zur Klärung einer bestimmten Rechtsfrage zulässig, ist das an den Obersten Gerichtshof gerichtete Rechtsmittel – auch in außerstreitigen Verfahren nach § 37 MRG – zurückzuweisen, wenn darin – wie hier – nur solche Gründe geltend gemacht werden, deren Erledigung nicht von der Lösung erheblicher Rechtsfragen abhängt (RIS–Justiz RS 0102059 [T10]).

2. Der Antragsgegner bekämpft die Rechtsansicht der Vorinstanzen, es fehle an einer dem Schriftformgebot des § 16 Abs 1 Z 5 MRG entsprechenden Vereinbarung.

2.1. Ein Vertrag, für den Gesetz oder Parteiwille Schriftlichkeit bestimmt, kommt nach § 886 ABGB durch Unterschrift der Parteien zustande. Entsprechend dieser Grundregel liegt Schriftlichkeit nur dann vor, wenn der Text der Erklärung auch mit der eigenhändigen Unterschrift des Erklärenden versehen ist (RIS–Justiz RS 0017221, RS 0078934, RS 0017232, RS 0014174, RS 0017219). Die Rechtsprechung hat die Maßgeblichkeit des § 886 ABGB auch bereits in jenen Fällen bejaht, in denen das MRG die Schriftform verlangt (RIS–Justiz RS 0101797, RS 0112243, RS 0068994, 1 Ob 525/93 = wobl 1994, 70 = RIS–Justiz RS 0017223). Zu § 16 Abs 1 Z 5 MRG wurde judiziert, dass das Schriftformerfordernis vorrangig dem Übereilungsschutz des Mieters, aber auch der Beweissicherung dient (7 Ob 181/08f = RIS–Justiz RS 0124342).

2.2. Einfache E-Mails (wie das hier zu beurteilende des Antragstellers vom 09.06.2006 = Blg ./1) entsprechen mangels Unterschrift nicht der Schriftform (Kolmasch in Schwimann ABGB TaKomm § 886 Rz 6). § 4 Abs 1 SigG sieht (offenkundig deshalb) vor, dass – sofern durch Gesetz oder Parteienvereinbarung nichts anderes bestimmt ist – das Schriftformerfordernis durch eine qualifizierte elektronische Signatur erfüllt werden kann, weil diese einer eigenhändigen Unterschrift entspricht. Damit ist mittelbar durch eine gesetzliche Regelung klargestellt, dass einfache E–Mails das Schriftformgebot nicht erfüllen.

2.3. Entgegen der Ansicht des Antragsgegners entspricht eine in Form einer einfachen E-Mail abgegebene Erklärung des Mieters nicht dem Zweck des Schriftformgebots. Das Verfassen und Versenden einer einfachen, nicht mit einer qualifizierten elektronischen Signatur iSd § 4 Abs 1 SigG versehenen E-Mail bietet nämlich keinen der eigenhändigen Unterfertigung eines Schriftstücks gleichwertigen Übereilungsschutz, da es an einem Akt fehlt, der die Bedeutung der Vertragserklärung besonders augenscheinlich macht (vgl RIS–Justiz RS 0068994).

3. Der Antragsgegner kritisiert weiters, das Rekursgericht hätte zum Richtwertmietzins für näher bezeichnete Positionen keine oder keine ausreichenden Zuschläge vorgenommen:

3.1. Die Frage, ob und in welcher Höhe Ab- bzw Zuschläge vom bzw zum Richtwertmietzins gerechtfertigt sind, hängt aber von den Umständen des Einzelfalls ab und unterliegt deshalb grundsätzlich keiner Nachprüfung durch den Obersten Gerichtshof (RIS–Justiz RS 0116132). § 16 Abs 2 Satz 2 MRG fordert bei Vornahme der Zuschläge oder Abstriche vom Richtwert, sich an der allgemeinen Verkehrsauffassung und der Erfahrung des täglichen Lebens zu orientieren. Mit diesen Kriterien ist unvereinbar, alle Ausstattungsdetails gesondert zu bewerten und die so gewonnenen Zuschläge (und Abschläge) einfach zusammenzurechnen. Geboten ist vielmehr eine Gesamtschau, weil der Wert einer Wohnung nur insgesamt erfassbar ist. Die Auflistung und Bewertung einzelner Fakten ist nur ein Kontrollinstrument (RIS–Justiz RS 0117881; 5 Ob 117/05z mwN).

3.2. Die vom Rekursgericht vorgenommene Bewertung, die wegen Zuschlägen von 10 % für den Erstbezug nach Generalsanierung und von 2 % für den sehr guten Zustand des Hauses Ausstattungsdetails (Telefon, Telekabel, Anschluss für Waschmaschine und Isolierglasfenster) unberücksichtigt lässt, bildet im vorliegenden Einzelfall jedenfalls keine unvertretbare und damit korrekturbedürftige Ermessensübung; das gilt ebenso für die Ausmessung von Zuschlägen für Fischgrätparkettböden und den sehr guten Zustand des Hauses. Entscheidungen des erkennenden Senats, zu denen sich die Vorinstanz in Widerspruch gesetzt hätte, zeigt der Antragsgegner nicht auf.

4. Die Kostenentscheidung beruht auf § 37 Abs 3 Z 17 MRG. Der Antragsteller hat auf die Unzulässigkeit des Revisionsrekurses nicht hingewiesen (5 Ob 75/09d mwN).

Leitsätze