Dokument-ID: 386802

Judikatur | Entscheidung

5 Ob 173/01d; OGH; 9. Oktober 2001

GZ: 5 Ob 173/01d | Gericht: OGH vom 09.10.2001

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Klinger als Vorsitzenden und die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Floßmann und Dr. Baumann und die Hofrätinnen des Obersten Gerichtshofes Dr. Hurch und Dr. Kalivoda als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei WEG ***** vertreten durch R***** Hausverwaltung GmbH, ***** vertreten durch Dr. Gerhard Ebner und Dr. Joachim Tschütscher, Rechtsanwälte in Innsbruck, gegen die beklagte Partei Mag. Hermann Z*****, vertreten durch Dr. Maximilian Ellinger & Partner, Rechtsanwälte in Kufstein, wegen S 56.280,35 samt Anhang, infolge Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Landesgerichtes Innsbruck als Berufungsgericht vom 29. März 2001, GZ 1 R 136/01h-24, womit das Urteil des Bezirksgerichtes Kufstein vom 11. Dezember 2000, GZ 2 C 787/99p-19, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

Spruch

Der Revision wird nicht Folge gegeben.

Die klagende Partei ist schuldig, der beklagten Partei die mit ATS 4.871,04 (darin enthalten S 811,84 an USt) bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens binnen 14 Tagen zu ersetzen.

Entscheidungsgründe

Der Beklagte ist Miteigentümer der Liegenschaft EZ ***** KG *****.

Seine Anteile sind wie folgt im Grundbuch einverleibt:

95/4847-Anteil verbunden mit Wohnungseigentum an der Wohnung top A 6 (B-LNr 27), 68/4847-Anteil verbunden mit der Wohnung top Nr A 7 und dem Autoeinstellplatz 22 (B-LNr 141), 68/4847-Anteil verbunden mit Wohnungseigentum an der Wohnung top A 8 und Autoeinstellplatz 12 (B-LNr 146) und 5/4847-Anteile verbunden mit dem Autoeinstellplatz 24 (B-LNr 85). Bei den Autoeinstellplätzen handelt es sich um so genannte Parkwippen. Die Parkwippen sind paarweise zusammengefasst, sodass vier Abstellplätze von einem Mechanismus zum Zu- und Abfahren bewegt werden.

Als man anlässlich einer Besichtigung im Frühjahr 1995 feststellte, dass ein Teil der Doppelparkbühnen Schäden aufwiesen, veranlasste die Hausverwaltung im Namen der Klägerin die Beauftragung eines Unternehmens mit der Sanierung, nachdem sie die Miteigentümer, denen Abstellplätze auf den Wippen zugeordnet sind, mehrfach über die einzelnen geplanten Maßnahmen informierte. Der Beklagte reagierte auf die Schreiben der Hausverwaltung nicht, weigerte sich aber in der Folge, die Kosten für die Kompletterneuerung seiner ihm zugeordneten Stehplätze Nr 22 und 24 und die Sanierung seines Stellplatzes 12 (anteilsmäßig) zu begleichen. Das Erstgericht konnte nicht feststellen, ob insbesondere hinsichtlich der Bühnen 12, 22 und 24 Gefahr im Verzug vorgelegen bzw in welchem Ausmaß eine Sanierung dieser Bühnen notwendig gewesen ist.

Die Klägerin begehrte zuletzt den Zuspruch der nach Miteigentumsanteilen berechneten auf den Beklagten entfallenden Quote an den Gesamtsanierungskosten mit der Begründung, dass die Sanierungsmaßnahmen wegen drohender Einsturzgefahr notwendig gewesen seien. Es handle sich jedenfalls um eine nützliche und zweckmäßige Aufwendung der Hausgemeinschaft, welche auf die Parkbühnen des Beklagten getätigt worden sei.

Der Beklagte beantragte die Klagsabweisung damit, dass die Parkwippen im Wohnungseigentum(zubehör) stünden und daher nur er für deren Sanierung zu sorgen habe. Die ihm zugeordneten Parkwippen seien anstandslos zu benützen gewesen. Er habe weder die Wohnungseigentumsgemeinschaft noch die Hausverwaltung ersucht, eine Sanierung seiner Wippen vorzunehmen. Es seien auch keine ernsten Schäden des Hauses vorgelegen.

Das Erstgericht wies das Klagebegehren vollinhaltlich ab. In rechtlicher Hinsicht gelangte es zu dem Ergebnis, dass an den Parkwippen ein selbstständiges Wohnungseigentum nicht begründet werden könne. Die Parkwippen seien Zwischenwänden bzw Zwischendecken gleichzuhalten und seien daher allgemeine Teile der Liegenschaft. Es sei bei Teilen der Wippen von ernsten Schäden des Hauses auszugehen, sodass der Beklagte die entstandenen Kosten im Verhältnis zu den auf ihn entfallenden Miteigentumsanteilen zu tragen habe. Eine Abrechnung nach den Anteilen aller Miteigentümer sei bisher nicht erfolgt, weshalb die Klagsforderung nicht fällig sei. Dessen ungeachtet bestehe kein Rückstand auf dem Betriebskostenkontoblatt des Beklagten.

Das Berufungsgericht bestätigte das angefochtene Urteil. Es vertrat die Rechtsansicht, dass die Autoeinstellplätze im Zubehörwohnungseigentum stehen. Es habe daher kein ernster Schaden des Hauses bestanden, zumal die Parkwippen jeweils am Rand der durch die Tiefgarage führenden Verbindungswege gelegen seien. Die Klägerin hätte aber den Nachweis erbringen müssen, dass bei den im Wohnungseigentum des Beklagten stehenden Abstellplätzen überhaupt ein Sanierungsbedarf gegeben gewesen sei. Das Erstgericht habe - von den Parteien völlig unbekämpft - festgestellt, dass das Bestehen eines solchen Sanierungsbedarfes und insbesondere sein Ausmaß und seine Dringlichkeit nicht feststellbar sei. Mangels Nachweises eines solchen Sanierungsbedarfes sei die aufgedrängte Bereicherung schon nach allgemeinen Rechtsgrundsätzen nicht ersatzfähig.

Das Berufungsgericht sprach aus, dass die ordentliche Revision zulässig sei, weil es an oberstgerichtlicher Rechtsprechung zur Beurteilung von Parkwippen als Zubehörwohnungseigentum fehle.

Dagegen richtet sich die Revision der Klägerin mit einem Abänderungsantrag, in eventu werde ein Aufhebungsantrag gestellt.

Der Beklagte beantragt, die Revision mangels Vorliegens der Zulässigkeitsvoraussetzungen zurückzuweisen, in eventu ihr nicht Folge zu geben.

Rechtliche Beurteilung

Die Revision ist zulässig, sie ist aber nicht berechtigt.

Die Klägerin räumt ein, dass die Autoeinstellplätze unbestritten im Zubehörwohnungseigentum verschiedener Miteigentümer stehen. Es seien aber die Regeln der gemeinschaftlichen Nutzung zu beachten und die Parkwippen als allgemeiner Teil der Liegenschaft zu behandeln. Seien die Parkwippen so stark verrostet, dass sie nur mehr eingeschränkt benützbar seien und eine verminderte Tragfähigkeit aufweisen, sei davon auszugehen, dass ein ernster Schaden des Hauses vorliege. Es sei unerheblich, ob an den im Zubehörwohnungseigentum des Beklagten stehenden Abstellplätzen ein Sanierungsbedarf vorgelegen sei oder nicht. Der Beklagte sei verpflichtet gewesen, sich an den Sanierungskosten der anderen Parkwippen seinem Anteil entsprechend zu beteiligen.

Wohnungseigentum an deutlich abgegrenzten Abstellflächen (Abstellplätze) für Kraftfahrzeuge kann nur in einer Baulichkeit begründet werden, die ausschließlich zum Abstellen von Kraftfahrzeugen gewidmet und auf einer überwiegend für diesen Zweck dienenden Liegenschaft errichtet ist (§ 1 Abs 1 WEG). An bloßen Abstellflächen außerhalb solcher Baulichkeiten kann daher kein Wohnungseigentum begründet werden (5 Ob 185/98m, MietSlg 33.452, wobl 1991, 194/118). Mit selbstständigen Wohnungen können aber auch andere Teile der Liegenschaft, wie Abstellplätze für Kraftfahrzeuge verbunden sein, sofern sie von der Liegenschaftsgrenze, den allgemeinen Teilen der Liegenschaft, der Wohnung oder der sonstigen Räumlichkeit aus zugänglich und deutlich abgegrenzt sind (§ 1 Abs 2 MRG).

Die Wohnungseigentumstauglichkeit eines Objektes ist anlässlich der Nutzwertfestsetzung als Vorfrage zu prüfen (5 Ob 2220/96y = wobl 1997,105/24 = NZ 1997, 259/393, 5 Ob 298/98d = NZ 2000/249, jüngst 5 Ob 160/01t). Die Beurteilung der Vorfrage kann grundsätzlich nicht in Rechtskraft erwachsen (5 Ob 2220/96y mwN). Die (unrichtige) Eintragung des Wohnungseigentums am Abstellplatz Nr 24 im Grundbuch ändert an der rechtlichen Beurteilung des Falls – wie sich noch ergeben wird – nichts, sodass darauf nicht weiter einzugehen ist.

Die Vereinbarung im Wohnungseigentumsvertrag und die erfolgten Verbücherungen der (mit-)parifizierten Autoeinstellplätze ist jedenfalls als eine Benützungsvereinbarung zwischen den Miteigentümern zu werten (wobl 1991, 195/118, RIS-Justiz RS0082807), was von den Parteien unbestritten ist. Sie gehen beide davon aus, dass die Abstellplätze im Zubehörwohnungseigentum stehen.

Zu prüfen ist nun, ob diese Abstellflächen zubehörwohnungseigentumstauglich sind. § 1 Abs 2 WEG fordert unter anderem für Abstellplätze für Kraftfahrzeuge, dass sie von den allgemeinen Teilen der Liegenschaft oder der sonstigen Räumlichkeit aus zugänglich und deutlich abgegrenzt sind. Die Besonderheit hier liegt nur darin, dass zwei Abstellflächen übereinander angeordnet sind und diese durch einen gemeinsamen Mechanismus zum Zu- und Abfahren bewegt werden können. Dies erfordert aber kein Abgehen von der sonst bei Abstellplätzen für Kraftfahrzeuge üblichen Beurteilung. Ausschlaggebend ist nämlich, dass die Wippen für jedes Fahrzeug eine abgegrenzte eigene Abstellfläche bieten, die nur von einem Wohnungseigentümer benützt wird.

Der Wohnungseigentümer hat die Wohnung und die für die Wohnung bestimmten Einrichtungen auf seine Kosten so zu warten und instandzuhalten, dass den anderen Miteigentümern kein Nachteil erwächst (§ 13 Abs 3 WEG). Diese Verpflichtung erstreckt sich auch auf das Zubehörwohnungseigentum im Sinne des § 1 Abs 2 WEG. Die Instandhaltungspflicht (auch für einen Wippenmechanismus) trifft also jene Miteigentümer, in deren Zubehörwohnungseigentum ein Abstellplatz auf der Wippe steht. Kommt nun ein Miteigentümer seiner Erhaltungspflicht nicht nach und trägt die Wohnungseigentümergemeinschaft den Aufwand, den eigentlich der Miteigentümer nach dem Gesetz selbst hätte machen müssen, so hat sie gegen den säumigen Miteigentümer den Anspruch auf Ersatz nach § 1042 ABGB.

Die Klägerin hat zwar einen Aufwand zur Erhaltung (Erneuerung) für die im Zubehörwohnungseigentum des Beklagten stehenden Abstellflächen getätigt, doch steht von ihr unbekämpft nicht fest, dass diese Sanierung überhaupt notwendig war. Damit fehlt es am Beweis, dass der Beklagte seine Instandhaltungspflicht überhaupt verletzt hat, sodass den anderen Miteigentümern – etwa durch die Gefahr des Herabfallens von Fahrzeugen des Beklagten von der Wippenkonstruktion – ein Nachteil erwachsen wäre. Die Verletzung der Instandhaltungspflicht durch den Wohnungseigentümer ist eine anspruchsbegründende Tatsache, für die die Klägerin beweispflichtig ist, sodass ihr das nonliquet zum Nachteil gereichen muss.

Eine Erhaltungspflicht im Sinne des § 14 Abs 1 WEG kommt im Bereich des Zubehörwohnungeigentums nur dann in Betracht, wenn es um die Behebung ernster Schäden des Hauses geht oder eine allgemeine Funktion für das Haus selbst oder andere Objekte erfüllt wird (MietSlg 38.659, 39.619, RIS-Justiz RS0112445). Da hier aber – wie dargestellt – eine Sanierungsnotwendigkeit gar nicht feststeht, erübrigen sich weitere Erwägungen dazu.

Der Revision war daher ein Erfolg zu versagen.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf §§ 50, 41 ZPO.

Leitsätze

  • Abstellflächen als zubehörwohnungseigentumstauglich?

    Die Wartungs- und Instandhaltungspflicht, dass den anderen Miteigentümern kein Nachteil erwächst, erstreckt sich auch auf das Zubehörwohnungseigentum im Sinne des § 1 Abs 2 WEG 1975.
    WEKA (skn) | Judikatur | Leitsatz | 5 Ob 173/01d | OGH vom 09.10.2001 | Dokument-ID: 374670