Dokument-ID: 488198

Judikatur | Entscheidung

5 Ob 76/12f; OGH; 9. August 2012

GZ: 5 Ob 76/12f | Gericht: OGH vom 09.08.2012

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten Hon.-Prof. Dr. Danzl als Vorsitzenden sowie die Hofrätinnen Dr. Hurch und Dr. Lovrek und die Hofräte Dr. Höllwerth und Mag. Wurzer als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Dr. H*****, vertreten durch Dr. Edgar Veith, Rechtsanwalt in Götzis, gegen die beklagte Partei Eigentümergemeinschaft der Liegenschaft EZ ***** GB ***** (Grundstücksadresse *****), vertreten durch Grass & Dorner, Rechtsanwälte in Bregenz, wegen EUR 91.420,04 sA und Feststellung (Gesamtstreitwert EUR 95.420,04), über die Revisionen beider Parteien gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Innsbruck als Berufungsgericht vom 1. Februar 2012, GZ 4 R 242/11m-27, womit über Berufung beider Parteien das Zwischenurteil (richtig: Teilzwischenurteil) des Landesgerichts Feldkirch vom 9. Oktober 2011, GZ 42 Cg 11/07f-19, bestätigt wurde,

I. den

Beschluss

gefasst:

Spruch

Die Revision der klagenden Partei wird zurückgewiesen.

Die klagende Partei ist schuldig, der beklagten Partei die mit EUR 1.988,64 bestimmten Kosten der Revisionsbeantwortung (darin enthalten EUR 331,44 USt) binnen 14 Tagen zu ersetzen.

II. zu Recht erkannt:

Der Revision der beklagten Partei wird Folge gegeben und die Entscheidungen der Vorinstanzen werden dahin abgeändert, dass sie insgesamt als Teilurteil zu lauten haben wie folgt:

„Das Klagebegehren, die beklagte Partei sei schuldig, der klagenden Partei EUR 91.420,04 samt 4 % Zinsen seit 25. 1. 2007 zu bezahlen, wird abgewiesen.

Die Entscheidung über die auf das Teilurteil entfallenden Verfahrenskosten erster Instanz wird der Endentscheidung vorbehalten."

Die klagende Partei ist schuldig, der beklagten Partei die mit EUR 12.058,34 bestimmten Kosten des Berufungs- und des Revisionsverfahrens (darin enthalten EUR 1.273,14 USt; EUR 4.538 Barauslagen) binnen 14 Tagen zu ersetzen.

Entscheidungsgründe

An der Liegenschaft EZ ***** GB ***** ist Wohnungseigentum begründet. Die Klägerin ist Mieterin des Wohnungseigentümers der Wohnung Top Nr 3 im Haus. In diesem Objekt betreibt die Klägerin ihre Arztpraxis.

Die Wohnhausanlage besteht aus 55 Wohnungen und acht Geschäftsräumlichkeiten. Zur Anlage gehört eine Tiefgarage; ferner Parkplätze auf einem offenen Parkplatz. Zu diesem Parkplatz führt von der öffentlichen Straße aus eine abschüssige Zufahrtsrampe. Über diese wird zu den Parkplätzen zugefahren. Diese Zufahrtsrampe wird aber auch von Fußgängern, die zur Wohnungseigentumsanlage zugehen wollen, benützt. Über den Parkplatz gelangt man zum Hauseingang, der etwa 6 m vom Fuß der Zufahrtsrampe gelegen und in Richtung zum Hauseingang gesehen schräg rechts von diesem versetzt ist. Es handelt sich um einen Privatparkplatz, der zum Abstellen der Fahrzeuge der Miteigentümer, Mieter und Besucher dient und als solcher auch gekennzeichnet ist. Der Klägerin steht aufgrund ihres Mietvertrags die Benützung zweier zu Top 3 gehöriger Parkplätze zu.

Die beklagte Eigentümergemeinschaft bestellte eine GmbH zur Verwalterin, die grundsätzlich auch für die Räumung und Streuung, also für den Winterdienst verantwortlich ist. Tatsächlich wird die Schneeräumung und Schneestreuung von einem von der Beklagten angestellten Hausbesorgerehepaar durchgeführt.

Die Verwalterin besprach anlässlich der Übernahme der Verwaltung, welche Tätigkeiten das Hausbesorgerehepaar im Rahmen des Winterdienstes zu verrichten hat. Ab diesem Zeitpunkt funktionierte der Winterdienst nach Kenntnis der Verwalterin stets anstandslos. Sie erfuhr nie von Beschwerden. Aus diesem Grund erteilten die Mitarbeiter der Verwalterin dem Hausbesorgerehepaar keine speziellen Weisungen, wie die Schneeräumung und Streuung zu funktionieren hat. Auch eine Kontrolle erfolgte nicht. Die Verwalterin stellte dem Hausbesorgerehepaar zur Ausübung des Winterdienstes einen Traktor mit Pflug, eine Schneeschleuder und je einen Streuwagen mit Salz und mit Splitt zur Verfügung. Pro Jahr werden ca 1 Tonne Salz und 2 bis 3 m³ Splitt verbraucht.

Der Hausbesorger und die Hausbesorgerin organisieren die Schneeräumung so, dass sie üblicherweise in der Früh, ab ca 4:30 Uhr, den Zustand des Vorplatzes kontrollieren. Wenn notwendig, räumt der Hausbesorger mit dem Räumwagen sowohl den Parkplatz als auch den Bereich vor der Tiefgaragenzufahrt. Die Hausbesorgerin fährt dann mit dem Streuwagen hinterher und streut den gesamten Bereich mit Salz. Muss nicht geräumt werden, überprüft die Hausbesorgerin zwischen ca 5:30 Uhr und 6:00 Uhr, ob eine Salzstreuung erforderlich ist. Sollte eine Streuung notwendig sein, salzt sie mit dem Streuwagen, gegebenenfalls streut sie auch mit der Hand nach. Sie streut jedoch stets nur Salz. Die Splittstreuung übernimmt der Hausbesorger. Das Hausbesorgerehepaar wusste, dass es oft notwendig ist, mehrmals am Tag Salz zu streuen, weil das Salz nicht immer sofort wirkt. Sowohl der Hausbesorgerin als auch ihrem Gatten war außerdem bekannt, dass sich im Bereich des Fußes der Zufahrtsrampe eine Vertiefung im Asphalt befindet, in der sich häufig Wasser sammelt, wobei dieses Wasser auch frieren kann, sodass es zur Eisbildung kommt.

Am Unfallstag war es in der Nacht vom 03. auf den 04.02.2004 im Raum B***** bewölkt und trocken. Die Lufttemperatur sank von ca 17:00 Uhr am Vortag auf etwa 1° C bis ca 6:20 Uhr in der Früh am 04.02.2004, anschließend sank die Temperatur auf 0° C und stieg erst ab etwa 7:40 Uhr wieder an. Bis 9:00 Uhr erreichte die Lufttemperatur knapp über 2° C. Die Bodentemperatur war um ca 1° C geringer, betrug daher um ca 7:00 Uhr minus -1° C, erreichte aber um 9:00 Uhr ebenfalls knapp über 2° C.

Auch am Unfallstag kontrollierte die Hausbesorgerin in der Früh die Notwendigkeit eines Räumens und/oder Streuens. Um 6:00 Uhr früh war es am Boden zwar feucht, sie nahm aber kein Eis wahr, insbesondere nicht im Bereich unterhalb der Zufahrtsrampe. Erst bei einer späteren Kontrolle stellte sie fest, dass es doch eisig war. Sie hielt ein Streuen daher für notwendig und streute um ca 7:15 Uhr großflächig mit dem Salzwagen. Zu diesem Zeitpunkt hatte sich im Bereich der Mulde unterhalb der Abfahrtsrampe bereits eine ca 1 m lange ovale Eisfläche gebildet. Diese bemerkte die Hausbesorgerin nicht. Sie rauhte die Eisfläche daher weder mit einem Eispickel auf noch setzte sie sonstige Maßnahmen, um die Eisfläche zu entfernen. Sie streute auch nicht zusätzlich in diesem Bereich Splitt oder Salz. Nach 7:15 Uhr nahm die Hausbesorgerin bis 9:45 Uhr keine weiteren Streumaßnahmen vor.

Um ca 8:40 Uhr ging eine Patientin der Klägerin die Zufahrtsrampe zu der Wohnanlage hinunter, weil sie beabsichtigte, die Klägerin in ihrer Ordination aufzusuchen. Als sie die Zufahrtsrampe hinabging, fiel ihr auf, dass sich eine große Stelle am Fuß der Zufahrtsrampe befand, die aussah, als wäre dort eine Wasserlache. Weil sie bereits einmal auf einer vereisten Stelle ausgerutscht war, war sie vorsichtig und betrat die Stelle nicht. Sie nahm dann wahr, dass es sich um eine völlig glatte Eisfläche handelte. Als die Patientin der Klägerin das Haus betreten wollte, kam ihr die Hausbesorgerin entgegen. Die Patientin machte die Hausbesorgerin auf die Eisfläche unterhalb der Zufahrtsrampe aufmerksam und teilte ihr mit, dass dies gefährlich sei, dort könne ein Unfall passieren. Trotz dieses Hinweises unternahm die Hausbesorgerin nichts, um die Stelle zu sichern.

Gegen 9:15 Uhr fuhr die Klägerin mit ihrem Auto über die Zufahrtsrampe auf den Parkplatz zu. Nachdem sie ihr Fahrzeug auf dem Parkplatz abgestellt hatte, ging sie in Richtung des Hauseingangs und überquerte dabei auch den Bereich des Fußes der Zufahrtsrampe. Die Klägerin trug damals fellgefütterte Winterschuhe mit starkem Sohlenprofil.

Der Klägerin war durch Beschwerden von Patienten ihr gegenüber und aus eigener Wahrnehmung bekannt, dass es im Bereich des Parkplatzes häufig eisig ist und teilweise nicht ausreichend gestreut worden war. Die Klägerin wusste auch, dass es im Bereich des Fußes der Zufahrtsrampe leicht schräg ist und sich dort eine leichte Mulde befindet. Sie wusste ferner, dass sich dort Wasser sammelt und es daher häufiger eisig ist als an anderen Stellen des Parkplatzes. Der Klägerin fiel am Unfallstag auf, dass es an einigen Stellen eisig war. Sie sah zwar auch, dass der Bereich des Fußes der Zufahrtsrampe dunkel aussah, nahm jedoch nicht wahr, dass es sich dabei um Eis handelte. Die Eisplatte war nicht spiegelnd, sondern weißlich verfärbt. Bei entsprechend aufmerksamer Beobachtung hätte die Klägerin in Annäherung an diese Stelle die Eisbildung erkennen können.

Als die Klägerin über den vereisten Bereich ging, rutschte sie mit dem rechten Fuß auf der Eisplatte aus, stürzte auf die rechte Hüfte und konnte sich nicht mehr erheben. Dabei erlitt sie Verletzungen. Ihr zunächst gegen den Vermieter gerichtetes Schadenersatzbegehren wurde in einem Vorverfahren rechtskräftig abgewiesen.

Die Klägerin begehrt nach einer Klageeinschränkung zuletzt EUR 91.420,04 sA an näher aufgeschlüsseltem Verdienstentgang und Schmerzengeld sowie die Feststellung, dass die Beklagte für künftig entstehende Schäden aus dem Vorfall vom 04.02.2004 hafte. Die Beklagte sei für die Verwaltung der Liegenschaft zuständig. Dazu gehöre die Veranlassung des erforderlichen Winterdienstes. Die Beklagte sei dieser Verpflichtung nicht nachgekommen. Trotz Warnung einer Patientin der Klägerin um ca 8:40 Uhr des Unfallstags habe die Hausbesorgerin die eisige Fläche weder abgesperrt noch ein Warnschild aufgestellt oder gestreut. Die Beklagte hafte der Klägerin wegen Verletzung von Verkehrssicherungspflichten deliktisch bereits bei leichter Fahrlässigkeit für Schäden aus Handlungen oder Unterlassungen ihres Hausverwalters. Die Tätigkeit des Hausbesorgerehepaars sei nicht regelmäßig kontrolliert worden. Auch klare Vorgaben – zB das „Sperren“ vereister Stellen – seien nicht erteilt worden.

Der Bereich, in dem sich der Unfall ereignet habe, sei kein Weg iSd § 1319a ABGB, weil er innerhalb eines Privatgrundstücks liege. Teilen der Liegenschaft, die nur den Wohnungseigentümern samt deren Mietern und Besuchern zur allgemeinen Benützung zustünden, fehle das von § 1319a ABGB vorausgesetzte Tatbestandsmerkmal der „Zulässigkeit der allgemeinen Benützung".

Die Beklagte wendet ein, dass der Hausverwalterin, die seit Jahrzehnten professionell tätig sei, die Organisation und Durchführung des Winterdienstes obliege. In all den Jahren der Tätigkeit der Hausverwaltung habe die Beklagte nie Kenntnis darüber erlangt, dass der Winterdienst unzureichend gewesen wäre. Aus diesem Grund scheide eine Haftung der Beklagten von vornherein aus. Das Hausbesorgerehepaar habe im Übrigen kurz vor dem Sturz der Klägerin eine Salzstreuung der Parkplatzfläche vorgenommen. Am Unfallstag hätten in B***** eisige Verhältnisse geherrscht. Das sei auch der Klägerin nicht entgangen. Sie selbst habe am Unfallstag auch Eis wahrgenommen. Sie wäre daher zu einer besonderen Vorsicht und Aufmerksamkeit verpflichtet gewesen. Hätte die Klägerin der von ihr einzuschlagenden Wegstrecke eine entsprechende Aufmerksamkeit zugewendet und insbesondere „vor die Füße geschaut", wäre sie nicht zu Sturz gekommen. Die Organisation des Winterdienstes durch die Hausverwaltung sei nicht zu beanstanden. Dem Hausbesorgerehepaar stehe für die Schneeräumung ein Traktor mit Pflug, eine Schneeschleuder und je ein Streuwagen mit Salz und Splitt zur Verfügung. Vor dem Unfall seien keinerlei Missstände aufgetreten. Die von der Klägerin gegenüber dem Hausbesorgerehepaar fallweise geäußerte Kritik sei weder der Beklagten noch der Hausverwalterin zur Kenntnis gelangt. Ein Vertragsverhältnis zwischen den Streitteilen bestehe nicht. Es komme daher lediglich eine deliktische Haftung der Beklagten in Betracht.

Das Erstgericht sprach mit seinem Zwischenurteil (richtig: Teilzwischenurteil) aus, dass das Klagebegehren über EUR 91.420,04 samt Zinsen dem Grunde nach zu 50 % zu Recht bestehe und behielt die Entscheidung über das Feststellungsbegehren und die Kostenentscheidung der Endentscheidung vor.

Rechtlich vertrat das Erstgericht die Auffassung, dass die Beklagte den Winterdienst zwar der Hausverwalterin übertragen habe; diese habe jedoch keinerlei Maßnahmen gesetzt, sondern den Winterdienst dem von der Beklagten angestellten Hausbesorgerehepaar überlassen. Der Winterdienst sei prinzipiell ordnungsgemäß organisiert und durchgeführt worden. Im konkreten Fall sei die Hausbesorgerin allerdings über eine gefährliche Stelle, nämlich eine Eisfläche, vor dem Unfall informiert worden. Obwohl ihr die Gefährlichkeit dieser Stelle bekannt gewesen sei, habe sie keine Maßnahmen ergriffen. Dieses Verhalten sei der Beklagten zuzurechnen, weil die Hausbesorgerin Angestellte der Beklagten sei. Die Klägerin treffe jedoch ein Mitverschulden. Ihr sei bekannt gewesen, dass sich an der Unfallstelle häufig Wasser sammle und es zu Vereisungen komme. Sie habe auch am Unfallstag wahrgenommen, dass sich an anderen Stellen Eisflächen gebildet hätten. Sie hätte daher an der besonders neuralgischen Unfallstelle auch besonders vorsichtig sein müssen. Dieses Mitverschulden sei im Ausmaß von 50 % anzusetzen.

Das Berufungsgericht gab den von beiden Parteien erhobenen Berufungen nicht Folge und sprach aus, dass die ordentliche Revision zulässig sei, weil höchstgerichtliche Rechtsprechung zur Frage fehle, ob die Eigentümergemeinschaft – über die Haftung für ihren Verwalter hinaus – auch noch für weitere „Repräsentanten“ hafte.

Das Berufungsgericht erledigte die in beiden Berufungen erhobenen Beweisrügen der Parteien und übernahm die erstgerichtlichen Feststellungen als Ergebnis einer unbedenklichen Beweiswürdigung.

Rechtlich beurteilte es diese Feststellungen wie folgt:

Die Eigentümergemeinschaft hafte für Delikte ihres Machthabers, des Hausverwalters. Ohne besondere Vertragsbeziehung hafte die Eigentümergemeinschaft ihren Mitgliedern und deren Mietern grundsätzlich nur deliktisch für die Verletzung der ihr im Rahmen der Verwaltung obliegenden Wegesicherungspflichten. Durch den Mietvertrag mit einem Wohnungseigentümer werde eine vertragliche Beziehung des Mieters zu den übrigen Miteigentümern oder zur Gemeinschaft der Wohnungseigentümer nicht begründet. Die Eigentümergemeinschaft sei nicht Vertragspartnerin des Mietvertrags. Die Mit- und Wohnungseigentümer einer Liegenschaft stünden zwar aufgrund des Wohnungseigentumsvertrags zueinander in einem gesellschaftsähnlichen Verhältnis, hätten aber zu ihrer in Verwaltungsangelegenheiten als juristische Person agierenden Gemeinschaft keine Vertragsbeziehung. Mangels einer derartigen Vertragsbeziehung zwischen dem Vermieter der Klägerin und der beklagten Eigentümergemeinschaft könne auch unter Zuhilfenahme des Rechtsinstituts des Vertrags mit Schutzwirkung zu Gunsten Dritter die Passivlegitimation der Beklagten nicht begründet werden.

Allerdings entspreche es ständiger Rechtsprechung, dass die juristische Person deliktisch nicht nur für ihre verfassungsmäßigen Organe hafte, sondern auch für alle Personen, die in verantwortlicher, leitender oder überwachender Funktion Tätigkeiten ausübten. Machthaber seien Personen, die eine leitende (gehobene) Stellung mit selbstständigem Entscheidungsspielraum, Wirkungskreis oder eigenen Kontrollbefugnissen inne hätten. Nach den Feststellungen sei der Winterdienst von dem angestellten Hausbesorgerehepaar besorgt worden. Lediglich einmal, als die Hausverwalterin beauftragt worden sei, sei besprochen worden, welche Tätigkeiten die Hausbesorger im Rahmen des Winterdienstes zu verrichten hätten. Seither seien ihnen keine Weisungen erteilt worden. Auch eine Kontrolle habe nicht stattgefunden. Die Hausbesorger seien daher als Repräsentanten der Beklagten anzusehen; letztere hafte für deren Verschulden auch ohne die strengen Voraussetzungen des § 1315 ABGB wie für eigenes Verschulden.

Zwar dürften Verkehrssicherungspflichten nicht überspannt werden. Allerdings hätte ein durchschnittlich sorgfältiger Hausbesorger ab der Verständigung durch eine Patientin der Klägerin um 8:40 Uhr auf die vereiste Stelle nicht über eine halbe Stunde mit Streumaßnahmen zugewartet, sondern umgehend reagiert. Die Hausbesorgerin treffe daher ein Verschulden am Sturz der Klägerin. Allerdings habe sich auch die Klägerin selbst sorglos verhalten. Grobe Fahrlässigkeit der Hausbesorgerin liege nicht vor. Das Berufungsgericht erachtete daher die vom Erstgericht vorgenommene Verschuldensteilung im Verhältnis von 1:1 als angemessen.

Gegen das Urteil des Berufungsgerichts wendet sich einerseits die Revision der Klägerin aus den Revisionsgründen der Nichtigkeit und der unrichtigen rechtlichen Beurteilung mit dem Antrag auf Abänderung dahin, dass dem Leistungsbegehren zum Grund des Anspruchs zur Gänze stattgegeben werde.

Die Beklagte strebt mit ihrer aus dem Revisionsgrund der unrichtigen rechtlichen Beurteilung erhobenen Revision die gänzliche Abweisung des Klagebegehrens an.

Die Klägerin beantragt, der Revision der Beklagten nicht Folge zu geben.

Die Beklagte beantragt in ihrer Revisionsbeantwortung, die Revision der Klägerin zurückzuweisen; hilfsweise, ihr nicht Folge zu geben.

Rechtliche Beurteilung

In der Revision der Klägerin wird eine erhebliche Rechtsfrage nicht aufgezeigt. Ihre Revision ist daher nicht zulässig.

Die Revision der Beklagten hingegen ist aus dem vom Berufungsgericht genannten Grund zulässig und berechtigt.

I. Zur Revision der Klägerin

1. Nichtig soll das Berufungsurteil deshalb sein, weil das Berufungsgericht in sich widersprüchlich eine Repräsentantenhaftung für die Hausbesorgerin bejaht habe, obwohl die Hausbesorgerin Angestellte der Beklagten sei.

Damit wird der Nichtigkeitsgrund des § 477 Abs 1 Z 9 ZPO nicht geltend gemacht. Ein diesen Nichtigkeitsgrund darstellender Widerspruch liegt nur vor, wenn einzelne Aussprüche innerhalb des Spruchs der Entscheidung einander logisch ausschließen (RIS-Justiz RS0042171) oder die Entscheidung gar nicht oder so unzureichend begründet ist, dass sie nicht überprüfbar ist (RIS-Justiz RS0042133 [T6]). Davon kann hier keine Rede sein.

2. Die übrigen Revisionsausführungen der Klägerin beschränken sich ausschließlich darauf, aufzuzeigen, warum die Beklagte vertraglich hafte bzw warum entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts kein Fall der Verletzung einer Verkehrssicherungspflicht, sondern eine Wegehalterhaftung nach § 1319a ABGB zu bejahen sei.

Abgesehen davon, dass die Klägerin sich in erster Instanz ausdrücklich nur auf eine deliktische Haftung der Beklagten wegen Verletzung von Verkehrssicherungspflichten berief und überdies ein ausführliches Vorbringen dazu erstattete, warum § 1319a ABGB nicht anwendbar sei (ON 10), übersieht sie ganz grundsätzlich, dass das Berufungsgericht die Haftung der Beklagten dem Grunde nach ohnedies bejahte. Es erachtete lediglich aufgrund des Mitverschuldenseinwands der Beklagten eine Haftungsteilung im Ausmaß 1:1 für angemessen. Warum diese Beurteilung unzutreffend sein soll, zeigt die Revision der Klägerin mit keinem Wort auf. Ihre Revision ist daher zurückzuweisen.

Der Kostenzuspruch gründet sich auf §§ 41, 50 ZPO: Die Beklagte hat auf die Unzulässigkeit der Revision hingewiesen (RIS-Justiz RS0035979).

II. Zur Revision der Beklagten

Die Beklagte hält der Rechtsauffassung des Berufungsgerichts in ihrer Revision entgegen, dass die Hausbesorger den Winterdienst im ausschließlichen Auftrag der dafür zuständigen Hausverwalterin, die auch kontroll- und weisungsbefugt sei, durchgeführt hätten. Nur die Hausverwalterin sei Repräsentantin der Beklagten. Eine weitergehende Repräsentantenhaftung könnte nur unter der Voraussetzung bejaht werden, dass dem „Repräsentanten“ ein selbstständiger Wirkungsbereich ohne Kontrollmöglichkeit eines anderen zustehe. Das treffe auf die Hausbesorgerin nicht zu. Bei beiden Hausbesorgern handle es sich weder um untüchtige noch um gefährliche Dienstnehmer. Eine Haftung der Beklagten sei daher zu verneinen.

Dazu wurde erwogen:

1. Vorauszuschicken ist, dass die Klägerin die Verwalterin nicht in Anspruch nimmt. Eines Eingehens darauf, welche Konsequenzen eine Verletzung der der Verwalterin vertraglich auferlegten Pflichten auf ihre Haftung gegenüber Wohnungseigentümern und deren Mietern hat (vgl dazu 1 Ob 529/94 SZ 67/40; RIS-Justiz RS0019594), bedarf es daher nicht.

2. Nach der Rechtsprechung haftet die Eigentümergemeinschaft ohne besondere Vertragsbeziehung ihren Mitgliedern und deren Mietern nur deliktisch für die Verletzung der ihr im Rahmen der Verwaltung obliegenden Wegesicherungspflichten.

2.1 Das wird damit begründet, dass Mit- und Wohnungseigentümer einer Liegenschaft aufgrund des Wohnungseigentumsvertrags zueinander in einem gesellschaftsähnlichen Verhältnis stehen, aber zu ihrer in Verwaltungsangelegenheiten als juristische Person agierenden Gemeinschaft (sofern sie mit ihr keinen Kontrakt abschließen) keine Vertragsbeziehung haben.

2.2 Der vom Wohnungseigentümer mit einem Dritten geschlossene Mietvertrag selbst gewährt diesen Schutz nicht, weil die Eigentümergemeinschaft nicht Vertragspartnerin des Mietvertrags ist (5 Ob 28/01f wobl 2001/85 [zust Call]; RIS-Justiz RS0114886; ebenso Schober, Rechte und Pflichten der Eigentümergemeinschaft, [2004] 139).

2.3 Es ist in Lehre und Rechtsprechung allerdings anerkannt, dass auch außerhalb einer Vertragsbeziehung Schuldner einer gesetzlichen Verbindlichkeit für ihre Hilfspersonen nach § 1313a ABGB haften (Reischauer in Rummel³ § 1313a ABGB Rz 1 f; Karner in KBB³ § 1313a Rz 2; Koziol, Grundfragen des Schadenersatzrechts Rz 6/103; Huber in Schwimann, ABGB-TaKomm, § 1313a Rz 6; RIS-Justiz RS0028527). Die Abgrenzung wird danach vorgenommen, ob es sich um die Verletzung von Pflichten handelt, die gegenüber jedermann bestehen, in welchem Fall § 1313a ABGB unanwendbar ist, oder ob Pflichten aus einer „rechtlichen Sonderbeziehung“ missachtet werden (Koziol, Delikt, Verletzung von Schuldverhältnissen und Zwischenbereich, JBl 1994, 209; RIS-Justiz RS0028527).

2.4 Nun könnte durchaus diskussionswürdig sein, ob nicht die Eigentümergemeinschaft als Trägerin sämtlicher Maßnahmen der Liegenschaftsverwaltung, die ihr durch § 18 Abs 1 WEG ausdrücklich zugeordnet werden, wobei ihr in diesem eingeschränkten Umfang auch Rechtspersönlichkeit zukommt (Löcker in Hausmann/Vonkilch, Österreichisches Wohnrecht § 18 WEG Rz 24 ff, 35 je mwN), gegenüber den einzelnen Wohnungseigentümern eine über die gegenüber jedermann bestehenden Verkehrssicherungspflichten hinausgehende, aus dem WEG ableitbare Verpflichtung trifft, für die gefahrlose Benutzung der Liegenschaft Sorge zu tragen. Bejaht man eine entsprechende Verpflichtung, also eine „rechtliche Sonderbeziehung“ zwischen Gemeinschaft und einzelnem Wohnungseigentümer, könnte eine Verletzung dieser Verpflichtung durch einen von der Gemeinschaft eingesetzten Gehilfen zu deren Haftung nach § 1313a ABGB für den Gehilfen führen.

2.5 Eine nähere Auseinandersetzung mit dieser Frage ist allerdings entbehrlich: Die Klägerin hat sich in erster Instanz nicht nur ausdrücklich auf eine bloß deliktische Haftung der Eigentümergemeinschaft berufen; sie hat auch mit ihrem erstinstanzlichen Sachvorbringen mit keinem Wort auf ein besonderes, zwischen der Eigentümergemeinschaft und dem einzelnen Wohnungseigentümer bestehendes Rechtsverhältnis verwiesen. Dazu kommt, dass die Klägerin selbst nicht Wohnungseigentümerin ist und es daher jedenfalls eines gesonderten Vorbringens bedürfte, warum eine allfällige, zwischen der Gemeinschaft und dem Wohnungseigentümer bestehende „Sonderbeziehung“ Auswirkungen auf das Rechtsverhältnis der Klägerin als bloßer Mieterin eines Wohnungseigentümers zur Eigentümergemeinschaft haben könnte.

3. In erster Instanz verwies die Klägerin zutreffend darauf, dass vom Anwendungsbereich des § 1319a ABGB im Regelfall innerhalb eines Grundstücks befindliche Wege ausgenommen werden, weil ihnen das die sachliche Rechtfertigung für die haftpflichtrechtliche Sonderbehandlung bildende belastende Merkmal der „Zulässigkeit der allgemeinen Benützung“ fehlt (2 Ob 217/08p SZ 2009/57 = ZVR 2009/171 [Huber] = immolex 2010/10 [Maier-Hülle]; RIS-Justiz RS0030061). Anders als im Anlassfall der Entscheidung 2 Ob 217/08p steht hier nicht fest, dass die Wege innerhalb der Wohnhausanlage von „jedermann ohne jede Einschränkung“ benützt werden können.

4. Eine Haftung nach § 93 Abs 1 StVO – auf die sich die Klägerin auch gar nicht gestützt hat – scheidet aus, weil diese Bestimmung auf die innerhalb der Wohnanlage befindlichen Gehwege nicht anzuwenden ist (2 Ob 217/08p mwN).

5. Als Haftungsgrundlage kommt daher nur eine – von der Klägerin auch allein geltend gemachte – der Beklagten zurechenbare Verletzung von Verkehrssicherungspflichten in Betracht.

5.1 Die Besorgung bzw Veranlassung des Winterdienstes gehört zur Verwaltung einer Liegenschaft (5 Ob 283/99z; 5 Ob 335/99x; 2 Ob 217/08p; 5 Ob 209/09k wobl 2011/6 = immolex 2010/73 [Prader]).

5.2 Gemäß § 18 Abs 2 Z 1 WEG wird die Eigentümergemeinschaft durch den bestellten Verwalter vertreten. Dieser ist verpflichtet und befugt, alle Maßnahmen, die der Erhaltung und Verwaltung des gemeinsamen Guts dienen, zu ergreifen, wobei Verwaltungshandlungen ebenso wie deren Unterlassungen der Eigentümergemeinschaft zuzurechnen sind (5 Ob 206/07s wobl 2008/60 [Call]; 5 Ob 209/09k uva).

5.3 Die Eigentümergemeinschaft haftet in Angelegenheiten der Verwaltung der gemeinschaftlichen Liegenschaft deliktisch für Schäden aus Handlungen oder Unterlassungen des Verwalters, wobei letztlich dahinstehen kann, ob diese Haftung als Organhaftung der juristischen Person zu qualifizieren ist (2 Ob 217/08p) oder aber ob, begreift man den bestellten Verwalter nicht als Organ der Eigentümergemeinschaft, die Grundsätze der Repräsentantenhaftung dazu führen, der Gemeinschaft das Handeln des Verwalters zuzurechnen (5 Ob 173/02f; 5 Ob 291/01g wobl 2002/100 [Call] - „Repräsentantenhaftung für Verwalter als Organ"; so auch Reischauer in Rummel³ § 1315 ABGB Rz 2a).

5.4 Eine Haftung der Eigentümergemeinschaft für Handlungen und Unterlassungen der Verwalterin ist – zumindest bei nicht positivierten Verkehrssicherungspflichten (vgl Kienast, Haftungsfragen bei mangelnder Gehsteigräumung, ZVR 2009/167, 316 [318]) – nicht nur dann begründet, wenn die Verwalterin selbst die schädigende Handlung setzte (oder eine bestimmte gebotene Maßnahme unterließ), sondern auch dann, wenn zwar die Schädigung durch andere Hilfspersonen erfolgte und diese weder nach § 1313a ABGB noch nach § 1315 ABGB der juristischen Person zuzurechnen sind, den Machthaber (Verwalter) jedoch ein Organisations-, Auswahl- oder ein Überwachungsverschulden zur Last zu legen ist (Koziol, Grundfragen des Schadenersatzrechts, Rz 6/127 mwN). Dieser Fall ist etwa verwirklicht, wenn der Verwalter den Winterdienst einem Fremdunternehmen überträgt. Ebenso wie im Fall der Übertragung der Pflichten zur Erhaltung sicherer Wege durch die Eigentümergemeinschaft einer Wohnanlage auf einen selbstständigen Unternehmer die Eigentümergemeinschaft für ein eigenes (ihr zurechenbares) Auswahl- oder Überwachungsverschulden haftet, hat sie auch für ein entsprechendes Fehlverhalten, also Auswahl- oder Überwachungsverschulden des Hausverwalters, einzustehen.

5.5 Dieser Fall liegt hier jedoch nicht vor, weil die Eigentümergemeinschaft ihrerseits ein Dienstverhältnis mit dem Hausbesorgerehepaar begründete, dem auch die Durchführung des Winterdienstes oblag.

5.6 Der Auffassung des Berufungsgerichts, die Beklagte hafte für das Verschulden der Hausbesorgerin als ihrer „Repräsentantin", kann nicht beigetreten werden:

5.6.1 Nach ständiger Rechtsprechung haften juristische Personen deliktisch nicht nur für ihre verfassungsmäßigen Organe, sondern auch für alle Personen, die in verantwortlicher, leitender oder überwachender Funktion Tätigkeiten für eine juristische Person ausüben (1 Ob 625/78 SZ 51/80; 2 Ob 107/98v JBl 1998, 713; 6 Ob 108/07m JBl 2009, 518; RIS-Justiz RS0009113). Wesentlich ist allerdings, dass für das Verhalten nur jener Personen als „Repräsentanten“ einzustehen ist, die mit eigenverantwortlicher Entscheidungsbefugnis ausgestattet sind (4 Ob 75/09x JBl 2010, 59 mwN; RIS-Justiz RS0009113). Dabei ist zwar nicht maßgeblich, dass der Wirkungskreis dem eines Organs entspricht (2 Ob 107/98v; 4 Ob 75/09x). Repräsentant ist allerdings nicht, wer bloß eine untergeordnete Tätigkeit ausübt. Für dessen deliktisches Verhalten hat die juristische Person nur nach § 1315 ABGB einzustehen (4 Ob 179/99y).

5.6.2 Hier steht fest, dass die Beklagte ein Dienstverhältnis mit dem Hausbesorgerehepaar begründete. Das Anstellungsverhältnis steht nun der Annahme, dass die Hausbesorger „Repräsentanten“ der Beklagten waren, nicht zwingend entgegen: Hätte die Beklagte die Hausbesorger in Ansehung des Winterdienstes mit eigenverantwortlicher Entscheidungsbefugnis ausgestattet (4 Ob 75/09x), könnte allenfalls eine Repräsentantenhaftung für die Hausbesorgerin erwogen werden (vgl 2 Ob 291/03p - Haftung für „Bereichsleiter“ des Winterdienstunternehmens als dessen Repräsentant bejaht). Dieser Fall ist aber nicht verwirklicht: Dass – abweichend vom üblichen Inhalt eines Hausbesorgerdienstvertrags – vereinbart worden wäre, dass die Hausbesorger ihre Tätigkeit selbstständig und eigenverantwortlich zu verrichten hätten, steht nicht fest. Die Verrichtung des Winterdienstes gehört (vgl § 4 Abs 1 Z 1 lit e des Hausbesorgergesetzes BGBl 1979/16 idgF) zu den den Hausbesorger aufgrund des Dienstverhältnisses treffenden Dienstpflichten. Die Verwalterin stattete nach den Feststellungen die Hausbesorger auch mit den für den Winterdienst erforderlichen Gerätschaften und Materialien aus. Den Hausbesorgern wurde ferner von der Verwalterin mitgeteilt, wie der Winterdienst zu organisieren sei.

5.6.3 Der bloße Umstand, dass die Beklagte (bzw die für sie handelnde Verwalterin) von ihrem aufgrund des Dienstverhältnisses bestehenden Weisungs- und Kontrollrecht – dessen Bestehen auch die Klägerin in ihrer Revisionsbeantwortung nicht in Abrede stellt – tatsächlich nicht Gebrauch machte, lässt die Hausbesorger nicht zu Repräsentanten der Beklagten werden, weil das Tatbestandsmerkmal der eigenverantwortlichen Entscheidungsbefugnis fehlt (so auch ausdrücklich zum Hausbesorger Reischauer in Rummel³ § 1315 ABGB Rz 20 mwN; s auch 6 Ob 70/06x – Zurückweisung der Revision gegen Berufungsurteil, mit welchem Repräsentantenhaftung der Eigentümergemeinschaft für Hausbesorger verneint wurde).

5.7 Es käme daher nur eine Haftung der verkehrssicherungspflichtigen Beklagten für die Hausbesorgerin nach § 1315 ABGB in Betracht (RIS-Justiz RS0023938).

5.7.1 Allerdings bestehen für eine Untüchtigkeit (RIS-Justiz RS0107261; ferner Reischauer in Rummel³ § 1315 ABGB Rz 3 ff mit zahlreichen Beispielen aus der Rechtsprechung) oder gar Gefährlichkeit der Hausbesorgerin keinerlei Anhaltspunkte.

5.7.2 Die Rechtsprechung hat nun mehrfach die Auffassung vertreten, dass der Schädiger, der sich darauf beruft, sich zur Erfüllung allgemeiner Verkehrssicherungspflichten eines Gehilfen bedient zu haben, nicht nur die Tüchtigkeit des Besorgungsgehilfen zu beweisen habe (vgl aber nun ausdrücklich ggt zur Beweislast, allerdings unter Bejahung der Zulässigkeit des Anscheinsbeweises 2 Ob 127/08b ecolex 2009/179 [krit Friedl] = ZVR 2009/173 [zust Ch. Huber]), sondern auch, dass er durch entsprechende organisatorische Maßnahmen für die nach Lage des Falls erforderliche Überwachung des Besorgungsgehilfen gesorgt hat (7 Ob 271/00d JBl 2001, 525; RIS-Justiz RS0023841; einschränkend jedoch ausdrücklich 9 Ob 8/09f). Das wird damit begründet, dass sich eine juristische Person ihrer Haftung nicht dadurch entziehen können soll, dass sie die ihr obliegenden Aufgaben einem in untergeordneter Stellung Tätigen ohne jegliche weitere Kontrolle überträgt (7 Ob 271/00d; Reischauer in Rummel³ § 1315 Rz 2a).

5.7.3 Diese Grundsätze führen aber zu keinem für die Klägerin günstigeren Ergebnis:

Es steht fest, dass der Winterdienst prinzipiell klaglos funktionierte. Dass die Klägerin selbst die Streuung zeitweise als ungenügend empfand, fällt im Hinblick auf die übrigen Feststellungen über die Durchführung des Winterdienstes der dafür auch professionell ausgestatteten Hausbesorger nicht ins Gewicht. Dazu kommt, dass der Beklagten bzw der Hausverwalterin niemals Beschwerden weitergeleitet wurden. Damit fehlt es aber schon an der Kausalität der unterlassenen Kontrollen für den eingetretenen Schaden: Das Erstgericht konnte gerade nicht feststellen, dass die von den Hausbesorgern durchgeführten Winterdienstarbeiten in dem Sinn unzureichend waren, dass der Zugangsbereich nicht ordentlich geräumt und/oder gestreut wurde. Auch Kontrollen der Hausbesorger durch die Verwalterin als Repräsentantin der Beklagten hätten daher nicht dazu geführt, dass sich die Notwendigkeit von Weisungen an die Hausbesorger über eine andere Gestaltung des Winterdienstes herausgestellt hätte. Der konkrete Unfall, der durch ein nicht habituelles Verhalten der Hausbesorgerin verursacht wurde, die überdies auch am Unfallstag frühmorgens Kontrollen vornahm und um ca 7:15 Uhr großflächig streute, dann allerdings auf den Hinweis der Patientin der Klägerin nicht reagierte, hätte sich daher mit überwiegender Wahrscheinlichkeit (vgl RIS-Justiz RS0022900) auch bei entsprechenden Kontrollen ereignet.

6. Daraus folgt zusammengefasst, dass das Leistungsbegehren der Klägerin, das allein Gegenstand des Revisionsverfahrens ist, in Äbänderung der Urteile der Vorinstanzen abzuweisen ist.

Über die Kosten der Rechtsmittelverfahren kann bereits jetzt abschließend entschieden werden. Insofern gründet sich die Kostenentscheidung auf §§ 41, 50 ZPO.

Der Kostenvorbehalt hinsichtlich der erstinstanzlichen Verfahrenskosten, die bereits das Erstgericht der Endentscheidung - die das bisher nicht behandelte Feststellungsbegehren betreffen wird - vorbehielt, beruht auf § 52 ZPO.

Leitsätze

  • Repräsentantenhaftung der Eigentümergemeinschaft für Fehler des Hausbesorgers bei Schneeräumung und Streuung?

    Ohne besondere Vertragsbeziehung haftet die Wohnungseigentümergemeinschaft ihren Mitgliedern und deren Mietern nur deliktisch für die Verletzung der ihr im Rahmen der Verwaltung obliegenden Wegsicherungspflichten. Die Besorgung bzw Veranlassung des Winterdienstes gehört zur Verwaltung einer Liegenschaft. Die Beklagte haftet in casu mangels eigenverantwortlicher Entscheidungsbefugnis nicht für das Verschulden der Hausbesorgerin als ihrer „Repräsentantin“.
    Iman Torabia | Judikatur | Leitsatz | 5 Ob 76/12f | OGH vom 09.08.2012 | Dokument-ID: 488128