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Dokument-ID: 692951

Judikatur | Entscheidung

5 Ob 210/13p; OGH; 20. Mai 2014

GZ: 5 Ob 210/13p | Gericht: OGH vom 20.05.2014

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten Hon.-Prof. Dr. Danzl als Vorsitzenden sowie die Hofräte Dr. Höllwerth, Dr. Brenn und Mag. Wurzer sowie die Hofrätin Mag. Malesich als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Parteien 1. E***** F*****, und 2. DDr. G***** F*****, beide vertreten durch DDr. Fürst Rechtsanwalts GmbH in Mödling, gegen die beklagte Partei Mag. I***** M*****-P*****, vertreten durch Mag. Laurenz Strebl und Dr. Hannes Wallisch, Rechtsanwälte in Wien, wegen Unterlassung (Streitwert EUR 25.000) und Beseitigung (Streitwert EUR 10.000), über den Rekurs der beklagten Partei gegen den Beschluss des Oberlandesgerichts Wien als Berufungsgericht vom 9. September 2013, GZ 16 R 141/13t-16, mit dem infolge Berufungen der klagenden Parteien und der beklagten Partei das Urteil des Landesgerichts für Zivilrechtssachen Wien vom 3. Mai 2013, GZ 15 Cg 84/12a-10, aufgehoben wurde, den

Beschluss

gefasst:

Spruch

Der Rekurs wird zurückgewiesen.

Die beklagte Partei ist schuldig, den klagenden Parteien binnen 14 Tagen die mit EUR 2.157,59 (darin EUR 359,60 an Umsatzsteuer) bestimmten Kosten ihrer Rekursbeantwortung zu ersetzen.

Begründung

Das Berufungsgericht sprach aus, dass der Wert des Entscheidungsgegenstands EUR 30.000 übersteigt und der Rekurs gegen seinen Aufhebungsbeschluss zulässig sei. Man könne nämlich durchaus der Meinung sein, dass die Umwidmung von „Büro“ in „Arztpraxis“ beides „Geschäftsbetrieb“ und damit nicht genehmigungspflichtig (gemeint: iSd § 16 Abs 2 WEG 2002) sei. Da der Oberste Gerichtshof, soweit überblickbar, zu dieser Frage noch nicht Stellung genommen habe, sei der Beklagten dazu der Weg zum Höchstgericht zu eröffnen.

Aufgrund eines – hier erfolgten – Zulässigkeits-ausspruchs des Berufungsgerichts iSd § 519 Abs 1 Z 2 ZPO ist dessen Aufhebungsbeschluss grundsätzlich anfechtbar, bedarf zu seiner Überprüfung durch den Obersten Gerichtshof allerdings der Geltendmachung einer erheblichen Rechtsfrage von der Qualität des § 502 Abs 1 ZPO. Ist die dem Aufhebungsbeschluss zugrunde liegende Rechtsansicht nicht zu beanstanden, so kann der Oberste Gerichtshof nicht überprüfen, ob sich die vom Berufungsgericht angeordnete Ergänzung des Verfahrens oder der Feststellungen tatsächlich als notwendig erweist (RIS-Justiz RS0042179; E. Kodek in Rechberger³ § 519 ZPO Rz 26).

Der Rekurs zeigt keine solche erhebliche Rechtsfrage auf. Die Begründung seiner Zurückweisung kann sich auf die Zurückweisungsgründe beschränken (§ 528a iVm § 510 Abs 3 ZPO):

Rechtliche Beurteilung

1. Gegen einen Wohnungseigentümer, der eigenmächtig, also ohne vorherige Zustimmung der übrigen Wohnungseigentümer, Änderungen einschließlich Widmungsänderungen iSd § 16 Abs 2 WEG 2002 vornimmt, kann nach ständiger höchstgerichtlicher Rechtsprechung jeder einzelne Wohnungseigentümer im streitigen Rechtsweg nach allgemeinen Grundsätzen petitorisch mit Klage nach § 523 ABGB auf Beseitigung der Änderung und Wiederherstellung des früheren Zustands sowie gegebenenfalls auf Unterlassung künftiger Änderungen vorgehen (3 Ob 148/10a mwN; RIS-Justiz RS0083156; Vonkilch in Hausmann/Vonkilch, Österreichisches Wohnrecht³ § 16 WEG Rz 59). Vom Streitrichter ist in einem solchen Fall die Genehmigungsbedürftigkeit der Änderung und die eigenmächtige Rechtsanmaßung als Vorfrage für die Berechtigung des Unterlassungs- und Wiederherstellungsbegehrens zu prüfen; die Genehmigungsfähigkeit selbst ist nicht Gegenstand des Verfahrens (3 Ob 148/10a; RIS-Justiz RS0083156 [T1, T20]).

2. Für die Frage der Widmung eines Wohnungseigentumsobjekts ist auf die privatrechtliche Einigung der Wohnungseigentümer (in der Regel im Wohnungseigentumsvertrag) abzustellen (RIS-Justiz RS0120725; RS0119528); spätere Widmungsänderungen können allenfalls konkludent die Zustimmung aller Miteigentümer und Wohnungseigentümer finden (5 Ob 157/03d mwN wobl 2003/193 [Call]). Ob eine (hier: eigenmächtige) Widmungsänderung vorliegt, folgt aus der Gegenüberstellung der gültigen Widmung des betreffenden Objekts auf der Grundlage der darüber bestandenen vertraglichen Einigung der Mit- und Wohnungseigentümer mit der beabsichtigten (hier: der tatsächlichen) Verwendung des Objekts (vgl 5 Ob 2075/96z mwN wobl 1998/13 [Markl] = MietSlg XLVIII/22; 3 Ob 158/11y mwN immolex 2012/37 [Neugebauer-Herl] = wobl 2012/57).

3.1. Der in § 16 Abs 2 WEG 2002 verwendete Begriff „Änderungen“ ist sehr weit auszulegen und umfasst regelmäßig auch Änderungen des Gegenstands und der Betriebsform eines in einem Wohnungseigentumsobjekt geführten Betriebs (vgl RIS-Justiz RS0083132; zust Vonkilch in Hausmann/Vonkilch, Österreichisches Wohnrecht³ § 16 WEG Rz 20).

3.2. Hier wird im Wohnungseigentumsvertrag und im Beschluss über die Festsetzung der Nutzwerte bei den Widmungsarten zwischen „Wohnung“, „Geschäftslokal“ „Büro“ und „Arztpraxis“ unterschieden. Wenn daher das Berufungsgericht davon ausgegangen ist, dass bei einer im Wohnungseigentumsvertrag vorgenommenen Widmung des Objekts der Beklagten als „Büro“ und der tatsächlichen, von den Klägern beanstandeten Verwendung als „Arztpraxis“ eine Widmungsänderung vorliegt, dann stellt dies eine Einzelfallbeurteilung dar, die durch bereits vorliegende Rechtsprechung gedeckt ist ([sehr] ähnlich [mit spezifischen Widmungen] jüngst etwa 5 Ob 43/11a; vgl ferner 5 Ob 2075/96z mwN wobl 1998/13 [Markl] = MietSlg XLVIII/22; 5 Ob 81/08k). Eine erhebliche Rechtsfrage stellt sich daher insoweit nicht.

4. Soweit das Berufungsgericht zur Frage, ob besagte Widmungsänderung allenfalls die konkludente Zustimmung aller Mit- und Wohnungseigentümer gefunden hat, noch eine Ergänzung der Tatsachengrundlage für erforderlich erachtete, kann dem der Oberste Gerichtshof, der nicht Tatsacheninstanz ist, nicht entgegentreten (RIS-Justiz RS0042333 [T1]; RS0043414 [insb T7 und T8]). Letzteres gilt auch insoweit, als das Berufungsgericht für die Frage der Genehmigungsbedürftigkeit näher beschriebener baulicher Veränderungen im Objekt der Beklagten eine weitere Aufklärung des Sachverhalts für notwendig hielt.

5.1. Da der Rekurs somit keine Rechtsfrage von der Qualität des § 502 Abs 1 ZPO aufzeigt, ist er zurückzuweisen.

5.2. Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 41, 50 ZPO. Die Kläger haben auf die Unzulässigkeit des Rekurses hingewiesen (RIS-Justiz RS0123222).

Leitsätze

  • Umwidmung eines „Büros“ in eine „Arztpraxis“

    Widmungsänderungen können eigenmächtig vorgenommen werden, allenfalls konkludent. Immer ist jedoch die privatrechtliche Einigung der Wohnungseigentümer von Belang. Somit ist es durchaus möglich, wenn bei einer im Wohnungseigentumsvertrag vorgenommenen Widmung des Objekts von einem Büro die Rede ist, es jedoch tatsächlich als Arztpraxis verwendet worden und somit eine Widmungsänderung zustande gekommen ist.
    WEKA (wed) | Judikatur | Leitsatz | 5 Ob 210/13p | OGH vom 20.05.2014 | Dokument-ID: 692946