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Dokument-ID: 1077008

Eva-Maria Hintringer | Judikatur | Entscheidung

1 Ob 113/20d; OGH; 24. Juni 2020

GZ: 1 Ob 113/20d | Gericht: OGH vom 24.06.2020

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten Univ.-Prof. Dr. Bydlinski als Vorsitzenden sowie die Hofräte Univ.-Prof. Dr. Kodek. Mag. Wurzer, Mag. Dr. Wurdinger und Dr. Parzmayr als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Parteien 1. A*****, 2. KR R*****, und 3. DI R*****, alle vertreten durch Dr. Horst Auer, Rechtsanwalt in Wien, gegen die beklagte Partei K*****, vertreten durch Mag. Lorenz Pracht, Rechtsanwalt in Wien, wegen Aufkündigung, über die außerordentliche Revision der klagenden Parteien gegen das Urteil des Landesgerichts für Zivilrechtssachen Wien als Berufungsgericht vom 8. April 2020, GZ 38 R 249/19b-60, mit dem das Urteil des Bezirksgerichts Favoriten vom 16. Juli 2019, GZ 3 C 368/18z-51, abgeändert wurde, in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

Spruch

Die außerordentliche Revision wird gemäß § 508a Abs 2 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückgewiesen.

Begründung

Rechtliche Beurteilung

1. Ob ein unleidliches Verhalten iSd § 30 Abs 2 Z 3 zweiter Fall MRG vorliegt, begründet regelmäßig keine erhebliche Rechtsfrage iSd § 502 Abs 1 ZPO (RS0042984), sofern nicht der gesetzliche Beurteilungsspielraum überschritten wurde (RS0042984 [T4]) oder eine auffallende und im Interesse der Rechtssicherheit zu korrigierende Fehlbeurteilung unterlaufen ist (RS0042948 [T5; T6; T8]). Dass dies hier der Fall wäre, zeigt die Revision nicht auf.

2. Die Kläger behaupten zwar, dass in der angefochtenen Entscheidung die erforderliche (vgl RS0070321; RS0070303 [T12; T14]) Gesamtbetrachtung des Verhaltens der Beklagten unterblieben sei. Dies ist jedoch unzutreffend, legte das Berufungsgericht doch ausdrücklich dar, dass das Verhalten der Beklagten in seiner Gesamtheit den Kündigungsgrund des § 30 Abs 2 Z 3 zweiter Fall MRG (gerade noch) nicht herstelle.

3. Soweit die Kündigung in dritter Instanz auch damit begründet wird, dass nicht nur (Gieß-)Wasser vom Balkon der Beklagten auf einen darunter befindlichen Balkon geronnen, sondern auch mehrere Gegenstände (etwa ein Metallhaken) auf diesen herabgefallen seien, hat das Berufungsgericht die dazu getroffene erstinstanzliche Feststellung mangels Deckung im erstinstanzlichen Klagevorbringen nicht übernommen. Dies wird von den Revisionswerbern, die gar nicht behaupten, dass die Feststellung in ihrem erstinstanzlichen Vorbringen Deckung finde, nicht bekämpft. Auf ihre Argumentation, der „Vorfall mit dem Metallhaken“ sei für eine Prognose des künftigen Verhaltens der Beklagten zu berücksichtigen und es liege daher kein Verstoß gegen die in § 33 Abs 1 MRG normierte Eventualmaxime vor, muss sohin nicht weiter eingegangen werden.

4. Dass beim Gießen von Balkonpflanzen bisweilen Wasser daneben bzw über den Pflanzen-(unter-)topf rinnt, lässt sich nicht immer vermeiden. Vom Mieter kann zwar gefordert werden, dass er seine Pflanzen nicht gerade dann gießt, wenn Nachbarn unter ihm ihre Freifläche nutzen und durch herabtropfendes Wasser gestört werden könnten. Dass die Beklagte ihre Pflanzen gerade dann goss, wenn sich Personen auf dem unter ihrer Wohnung gelegenen Balkon aufhielten, haben die Kläger aber gar nicht behauptet. Das Gießen der Pflanzen vermag daher auch dann, wenn dabei manchmal Wasser auf den darunter befindlichen Balkon lief (wobei nicht konkret behauptet wurde, wie oft dies vorkommen sei; auch die Revision enthält dazu keine Darlegungen), kein unleidliches Verhalten zu begründen.

5. Soweit die Kündigung auf ein „exzessives“ Lüften der Beklagten am Gang gestützt wird, ist auszuführen, dass zwar auch im Winter ein kurzes (Stoß-)Lüften hinzunehmen sein wird; das festgestellte teilweise stundenlange Öffnen der Gangfenster im Winter, wodurch es in einer anderen Wohnung trotz Beheizung „kalt“ wurde, wäre als Dauerverhalten jedoch nicht mehr akzeptabel. Berücksichtigt man, dass der Kündigungsgrund des § 30 Abs 2 Z 3 zweiter Fall MRG eine erhebliche Störung des friedlichen Zusammenlebens voraussetzt (RS0070437), dass sich nach Abmahnung der Beklagten durch die Kläger nach eigenem Vorbringen zwischenzeitig eine Besserung ergab und dass mittlerweile die meisten Gangfenster versperrt sind, liegt in der Beurteilung, wonach insgesamt gerade noch kein zur Kündigung berechtigendes unleidliches Verhalten der Beklagten angenommen werden könne, aber noch keine korrekturbedürftige Überschreitung des dem Berufungsgericht zukommenden Ermessensspielraums. Dass die Beklagte glaubte, zum exzessiven Lüften berechtigt zu sein, vermag daran nichts zu ändern. Soweit behauptet wird, das Berufungsgericht sei bei der Beurteilung des Verhaltens der Beklagten als (nicht) unleidlich von Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs abgewichen, werden keine Entscheidungen genannt, zu denen das angefochtene Urteil im Widerspruch stehen soll (vgl RS0043654 [T9]).

6.1. Die Kündigung wird auch in dritter Instanz darauf gestützt, dass die Beklagte durch eine Beschädigung der Tür des im Haus befindlichen Aufzugs einen erheblich nachteiligen Gebrauch vom Mietgegenstand iSd § 30 Abs 2 Z 3 erster Fall MRG gemacht habe (die Kündigung wurde ausschließlich auf einen „erheblich nachteiligen Gebrauch“ gestützt, allerdings kommt es für die Beurteilung, welcher Kündigungstatbestand geltend gemacht wurde, auf die Tatsachenbehauptungen an, sodass die Vorinstanzen zu Recht auch auf den inhaltlich erhobenen Vorwurf eines unleidlichen Verhaltens eingingen; vgl RS0106599). Dieser Kündigungsgrund setzt eine wiederholte, länger währende vertragswidrige Benützung des Bestandobjekts oder eine durch eine längere Reihe von Unterlassungen notwendiger Vorkehrungen erfolgte oder drohende erhebliche Verletzung der Substanz des Mietgegenstands (vgl RS0067832; RS0068076; RS0102020) oder die Gefährdung wichtiger wirtschaftlicher oder persönlicher Interessen des Vermieters oder anderer Mieter durch das nachteilige Verhalten des (gekündigten) Mieters voraus (vgl RS0020940 [T11]; RS0070348). Dass das Berufungsgericht den Kündigungsgrund dadurch, dass sich die Beklagte aus dem „steckengebliebenen“ Lift befreite und dabei dessen Türe beschädigte, nicht als erfüllt ansah, begegnet angesichts des Umstands, dass auch die Beurteilung dieses Kündigungsgrunds jeweils von den Umständen des Einzelfalls abhängt (RS0021018) und regelmäßig keine erhebliche Rechtsfrage iSd § 502 Abs 1 ZPO aufwirft (vgl RS0113693), keinen von Obersten Gerichtshof aufzugreifenden Bedenken, zumal auch keine Anhaltspunkte dafür bestehen, dass die Beklagte damit rechnen musste, dass ihr Verhalten zu einer Beschädigung führen könnte (vgl RS0070433).

6.2. Die Revision hält der Berufungsentscheidung in diesem Zusammenhang auch keine überzeugenden Argumente entgegen, sondern beschränkt sich im Wesentlichen auf die Behauptung, die Beklagte habe entgegen der Annahme des Berufungsgerichts nicht „in Panik“ gehandelt, als sie im Lift eingesperrt war. Warum es für die Beurteilung ihres Verhaltens (zusätzlich) darauf ankommen soll, dass sie „zur Liftbenützung in der Art, in der es dann zum Schaden gekommen ist, überhaupt nicht berechtigt war“, erschließt sich nicht.

Leitsätze

  • (Gieß-)Wasser vom Balkon – liegt unleidliches Verhalten vor?

    Tropft durch das Gießen von Balkonpflanzen manchmal Wasser auf den unter der Wohnung liegenden Balkon von Nachbarn, liegt jedenfalls dann kein unleidliches Verhalten des Mieters vor, wenn die Pflanzen nicht zu einem Zeitpunkt gegossen werden, in dem sich Personen auf der unter der Wohnung gelegenen Freifläche aufhalten und dadurch durch das Wasser gestört werden können.
    Eva-Maria Hintringer | Judikatur | Leitsatz | 1 Ob 113/20d | OGH vom 24.06.2020 | Dokument-ID: 1076651