Dokument-ID: 726590

WEKA (wed) | News | 14.01.2015

Anspruch auf Entfernung einer Videoüberwachungskamera auf dem Nachbargrundstück

Eine Installierung einer Überwachungskamera, die Aufnahmen von Teilen des angrenzenden Grundstücks möglich macht, beeinträchtigt die Interessen des Eigentümers eines benachbarten Grundstücks.

Geschäftszahl

OGH 21.10.2014, 10 Ob 57/14a

Norm

§ 16 ABGB iVm Art 8 EMRK

Leitsatz

Quintessenz:

Eine Installierung einer Überwachungskamera, die Aufnahmen von Teilen des angrenzenden Grundstücks möglich macht, beeinträchtigt die Interessen des Eigentümers eines benachbarten Grundstücks. Selbst wenn der Betreffende das Recht hat, geeignete Schutzmaßnahmen für sein Liegenschaftseigentum zu ergreifen, rechtfertigt sein Schutzinteresse am Eigentum keine Überwachung des Nachbargrundstückes. Zum Zweck der Abschreckung reicht vielmehr die Überwachung des eigenen Grundstückes vollkommen aus.

OGH: Es kann für die Zulässigkeit einer systematischen, identifizierenden und verdeckten Videoüberwachung nicht darauf ankommen, ob sich ex post herausstellt, dass der Eigentümer der von der Überwachung betroffenen Liegenschaft konkret diese Liegenschaft nicht nützt. Vielmehr ist die Zulässigkeit ex ante zu beurteilen. In diesem Zusammenhang ist ein Recht des Liegenschaftseigentümers zu bejahen, wonach die auf einer Liegenschaft ein- und ausgehenden Personen nicht systematisch beobachtet werden dürfen. Damit also die Privatsphäre des Liegenschaftseigentümers gewährleistet werden kann, ist es notwendig, dass er nicht ständig damit rechnen muss, dass die Nutzung bzw Nichtnutzung seiner Liegenschaft durch ihn selbst oder Dritte systematisch überwacht und kontrolliert wird. Es besteht eine Aktivlegitimation des Vermieters für seinen Anspruch auf Entfernung einer Videokamera bzw Videokameraattrappe gegen den Mieter.

Somit handelt es sich bei einer systematischen, verdeckten und identifizierenden Videoüberwachung mit abrufbarer Bildaufzeichnung um einen Eingriff in das gemäß § 16 ABGB iVm Art 8 EMRK geschützte Recht auf Achtung der Geheimsphäre, sodass bei Feststehen eines derartigen Eingriffs den Verletzenden die Behauptungs- und Beweislast dafür trifft, dass er in Verfolgung eines berechtigten Interesses gehandelt und eine geeignete Maßnahme zur Zweckerreichung gesetzt habe. Entscheidend ist somit bei der Gewährleistung von Schutz eine Interessenabwägung. Auch eine Installierung einer Überwachungskamera, die Aufnahmen von Teilen des angrenzenden Grundstücks möglich macht, beeinträchtigt die Interessen des Eigentümers eines benachbarten Grundstücks. Selbst wenn der Betreffende das Recht hat, geeignete Schutzmaßnahmen für sein Liegenschaftseigentum zu ergreifen, rechtfertigt sein Schutzinteresse am Eigentum keine Überwachung des Nachbargrundstückes. Zum Zweck der Abschreckung reicht laut OGH vielmehr die Überwachung des eigenen Grundstückes vollkommen aus.

Weitere Leitsätze sowie OGH-Entscheidungen im Volltext finden Sie am Portal unter https://www.weka.at/wohnrecht/Judikatur .