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WEKA (mpe) | News | 13.07.2015

Auflösungsgrund des § 1118 erster Fall ABGB bei unleidlichem Verhalten Dritter?

Unter den Tatbestand des § 1118 1. Fall ABGB fällt auch „unleidliches Verhalten“ iSd Kündigungsgrundes nach § 30 Abs 2 Z 3 MRG. Denn der Mieter verantwortet auch das Verhalten anderer Personen, die mit seinem Willen den Mietgegenstand benützen.

Geschäftszahl 

OGH 28.04.2015, 10 Ob 26/15v

Norm

§ 1118 ABGB

Leitsatz

Quintessenz:

Unter den Tatbestand des § 1118 erster Fall ABGB ist auch ein „unleidliches Verhalten“ im Sinn des Kündigungsgrundes nach § 30 Abs 2 Z 3 MRG zu subsumieren. Grundsätzlich verantwortet der Mieter auch das Verhalten anderer Personen, die mit seinem Willen den Mietgegenstand benützen; dies gilt auch dann, wenn aus dem Vertragszweck ein unleidliches Verhalten Dritter nicht ausgeschlossen erscheint.

OGH: Der Bestandgeber kann sich trotz vereinbarter Unkündbarkeit auf einen Auflösungsgrund nach § 1118 ABGB berufen. Ein befristeter Kündigungsverzicht oder die Abrede einer beschränkten Kündigungsmöglichkeit stehen dem vorzeitigen Lösungsrecht nicht entgegen (Binder in Schwimann, ABGB3 § 1118 Rz 29 mwN).

Einer Einzelfallbeurteilung unterliegt die Frage, ob ein dem Bestandnehmer anzulastender Nachteil als erheblich nachteiliger Gebrauch nach § 1118 ABGB anzusehen ist. Ein solcher erheblich nachteiliger Gebrauch ist dann zu bejahen, wenn durch eine wiederholte, länger währende vertragswidrige Benutzung des Bestandobjekts oder durch eine längere Reihe von Unterlassungen notwendiger Vorkehrungen die Interessen des Vermieters verletzt werden oder eine erhebliche Verletzung der Substanz des Mietgegenstands erfolgt oder auch nur droht (vgl RIS-Justiz RS0102020). Die wichtigen Gründe in der Person des Bestandnehmers müssen die Interessen des Bestandgebers soweit nachteilig berühren, dass sie bei objektiver Betrachtungsweise einen verständigen Bestandgeber zur Vertragsauflösung veranlassen würden und diese als gerechte, dem Sachverhalt adäquate Maßnahme erscheinen lassen (RIS-Justiz RS0020981 [T17]).

Der Auflösungsgrund des § 1118 erster Fall ABGB setzt kein Verschulden des Mieters voraus (RIS-Justiz RS0070243).

Unter den Tatbestand des § 1118 erster Fall ABGB ist auch ein „unleidliches Verhalten“ im Sinn des Kündigungsgrundes nach § 30 Abs 2 Z 3 MRG zu subsumieren. Es genügt, dass das zur Kündigung Anlass gebende Verhalten objektiv geeignet ist, auch nur einem Mitbewohner das Wohnen im Haus zu verleiden (RS0070303). Der Mieter trägt ebenso die Verantwortung für das Verhalten anderer Personen, die mit seiner Einwilligung den Mietgegenstand benützen (10 Ob 1631/95). Das gilt auch dann, wenn aus dem Vertragszweck ein unleidliches Verhalten Dritter nicht ausgeschlossen erscheint.

Im vorliegenden Fall wurden in zwei Wohneinheiten psychisch labile Jugendliche betreut. Durch die Jugendlichen kam es zu massiven Verschmutzungen im Haus (Wegwerfen von Unrat, Urinieren im Lift, Beschmieren von Wänden, Beschädigungen von Brandmeldern und Lichtschaltern etc). Außerdem wurden einige Parteien im Haus verbal bedroht und beschimpft. Aufgrund dessen kann ein erheblich nachteiliger Gebrauch des Mietgegenstands sowie grob unleidliches Verhalten gemäß § 1118 ABGB und somit ein Vorliegen des Auflösungsgrundes des § 1118 ABGB erster Fall bejaht werden.