Dokument-ID: 837017

Andrea Weisert | News | 16.06.2016

Befugnisse und Grenzen der Hausverwaltung: Aktuelle OGH-Entscheidung

Gastautorin Dr. Weisert gibt einen guten Überblick darüber, was zu den Agenden der Verwaltung zählt und wo deren Grenzen liegen. Zum Thema gibt es auch eine aktuelle OGH-Entscheidung, die sie im Beitrag umfassend erläutert.

Im Bereich des Wohnungseigentums sind (zumeist) mehrere Personen Miteigentümer einer Liegenschaft verbunden mit dem Recht, eine bestimmte Wohnung auf dieser Liegenschaft ausschließlich zu nutzen und darüber alleine verfügen zu können.

Dies bedeutet, dass jeder Wohnungseigentümer über seine Wohnung (eigentlich Anteil an der Liegenschaft mit dem damit verbundenen Recht, eine bestimmte Wohnung ausschließlich nutzen zu dürfen) alleine verfügen kann, dh er kann sie vermieten, verkaufen, vererben etc. Zur Nutzung der Liegenschaft an sich (allgemeine Teile) ist er allerdings nur gemeinsam (bzw. gemäß allenfalls getroffener Vereinbarungen) mit den anderen Wohnungseigentümer berechtigt.

Liegenschaftsverwaltung – Wohnungseigentumsobjektverwaltung

Grundsätzlich müsste man daher zwischen der Liegenschaftsverwaltung und der Wohnungseigentumsobjektverwaltung[1] unterscheiden. Für die Liegenschaftsverwaltung ist die Eigentümergemeinschaft oder ein von dieser beauftragter Hausverwalter zuständig, für die Wohnungseigentumsobjekte der jeweilige Wohnungseigentümer.

Eigentümergemeinschaft

Die Gesamtheit der Wohnungseigentümer bildet die Eigentümergemeinschaft, diese stellt eine Sonderform des Miteigentums dar und unterliegt neben den allgemeinen Bestimmungen des ABGB hinsichtlich des Miteigentums auch den Sonderbestimmungen des WEG.

Die Handhabung mit dem gemeinsamen Eigentum an der Liegenschaft (Miteigentum) gestaltet sich mitunter schwierig, müssen doch unterschiedliche Interessen berücksichtigt werden, dabei aber ein Konsens gefunden werden um dieses Miteigentum auch verwalten zu können. Fragen, wie zB neue Fassade, Dämmung, Stiegenhausbeleuchtung etc., kann zu Streitereien führen und Entscheidungen, die mitunter wesentlich für den Erhalt des Hauses oder Hintanhaltung von Gefahren wären, im einfachen Wege unmöglich machen.

Die Willensbildung der Eigentümergemeinschaft erfolgt durch Beschlussfassung, dies kann in der Eigentümerversammlung aber auch mittels Umlaufbeschluss erfolgen. Zur Wirksamkeit eines Beschlusses sind nebst den formellen Voraussetzungen auch die entsprechenden Mehrheitserfordernisse zu beachten (einfache Mehrheit, 2/3 Mehrheit oder Einstimmigkeit).

Wesentlich ist allerdings, dass es sich um eine Verwaltungsangelegenheit handelt. Über Angelegenheiten, die nicht zu den Verwaltungsangelegenheiten zählen, können keine wirksamen Beschlüsse gefasst werden.

Womit sich – die hier zu behandelnde – Frage stellt, was wird unter Verwaltungsangelegenheit verstanden?

Verwaltungsagenden – was gehört dazu?

Der Verwaltungsbegriff ist im ABGB nicht definiert, das WEG enthält eine demonstrative Aufzählung von Verwaltungsagenden (§§ 28, 29 WEG), stellt aber ebenfalls keine Definition zur Verfügung. Die Lehre umschreibt den Begriff Verwaltung ebenfalls unterschiedlich.

So wird Verwaltung als jede Maßnahme rechtlicher oder tatsächlicher Natur beschrieben, die der Erhaltung oder Verbesserung des gemeinsamen Gutes oder der Erzielung und Veräußerung der Früchte (Erträgnisse) dienen soll oder als von den Teilhabern im Gemeinschaftsinteresse gesetzte Maßnahmen des Umgangs mit der Sache. Zur Verwaltung gehört alles, was gemeinschaftliche Interessen bei der Nutzung und Erhaltung des Gemeinschaftsgutes beeinträchtigen oder fördern könnte.

Ordentliche und außerordentliche Verwaltungsagenden

Die Verwaltungsagenden werden dabei in solche der ordentlichen und der außerordentlichen unterschieden, wobei im WEG eine demonstrative Aufzählung von Maßnahmen enthalten ist, die der ordentlichen Verwaltung zuzuordnen sind (§ 28 WEG). Alles was über jene in dieser Bestimmung genannten Angelegenheiten hinausgeht, wie zB nützliche Verbesserungen oder über die Erhaltung hinausgehende bauliche Veränderungen, sind dem Bereich der außerordentlichen Verwaltung zuzuordnen (§ 29 WEG).

Als Maßnahmen der ordentlichen Verwaltung im Sinn des § 833 ABGB sind solche anzusehen, die der Erhaltung und Verwaltung des gemeinsamen Gutes dienen, die sich im gewöhnlichen Verlauf der Dinge als notwendig oder zweckmäßig erweisen und im Interesse aller Miteigentümer liegen. Zu den Maßnahmen der ordentlichen Verwaltung gehören demnach sowohl ständig wiederkehrende Ausbesserungen, als auch notwendige Instandsetzungsarbeiten, worunter auch bauliche Veränderungen fallen, die nicht über den bloßen Erhaltungszweck hinausgehen.

Die Rechtsfähigkeit der Wohnungseigentümergemeinschaft besteht jedoch nur in Angelegenheiten der Liegenschaftsverwaltung (ordentliche und außerordentliche Agenden). Außerhalb dieses Geschäftskreises kann sie weder Rechte erwerben, noch Verbindlichkeiten eingehen.

Aktuelle OGH-Entscheidung

Dies wurde vor kurzem in der Entscheidung des OGH - 5 Ob 226/14t – judiziert.

Es lag ein Sachverhalt zugrunde, wo ein umfassendes Service- und Dienstleistungskonzept für eine Villenanlage (im WEG) samt entsprechender Kostenregelung angeboten wurde und als Zusatzvereinbarung von den Wohnungseigentümer abgeschossen hätte werden sollen. In der Praxis wurden diese Dienstleistungen jahrelang organisiert und verrechnet, als jedoch die neue Hausverwaltung vorschlug, die Kosten dafür wie bei der (allgemeinen) Liegenschaftsverwaltung abzurechnen und dafür einen Mehrheitsbeschluss initiierte, kam es zur Anfechtung dieses Beschlusses durch einen Wohnungseigentümer.

Der OGH führte aus, dass Dienstleistungen, wie die Erteilung von Auskünften, die Entgegennahme und Ausfolgung von Waren oder sonstiger Dienstgüter, Organisierung von Reservierungen (Theater, Kino, Oper etc.) und die Organisation der Dienstleistung anderer Firmen (zB Babysitter) keine Maßnahmen der Liegenschaftsverwaltung sind, die mit der Verwendung allgemeiner Teile der Liegenschaft in Zusammenhang stehen. Die Durchführung bzw die Organisation derartiger Maßnahmen liegt folglich außerhalb der Rechtsfähigkeit der Eigentümergemeinschaft, die auch nicht durch eine im Belieben der Wohnungseigentümer stehende vertragliche Vereinbarung erweiterbar ist.

Der initiierte Beschluss ging davon aus, dass die Verwalterin von der Mehrheit der Wohnungseigentümer beauftragt werden sollte, Maßnahmen zu setzen, die außerhalb der Liegenschaftsverwaltung und damit außerhalb der Rechtsfähigkeit der Eigentümergemeinschaft liegen und die Kosten dieser Maßnahmen wie Liegenschaftsaufwendungen abzurechnen. Ein solcher Beschlussgegenstand liegt jedenfalls außerhalb der Kompetenz der Eigentümergemeinschaft.

Rechtsfähigkeit der Eigentümergemeinschaft

Verwaltungshandlungen zeichnen sich dadurch aus, dass sie gemeinschaftliches Vorgehen erfordern, weil es um Interessen aller Gemeinschafter geht.

Das Recht der Eigentümergemeinschaft ist zwingend. Die Eigentümergemeinschaft entsteht als Folge der Begründung von Wohnungseigentum ex lege; ihre gesamte Organisations- und Finanzverfassung beruht unmittelbar und idR ausschließlich auf dem Gesetz[2].

Das heißt, dass außerhalb dieser Rechtsfähigkeit liegende Rechtshandlungen (auch durch die Hausverwaltung) nichtig sind. Die Rechtsfähigkeit der Eigentümergemeinschaft ist auch nicht durch Rechtsgeschäft erweiterbar.

Innerhalb der Verwaltungsagenden kann der bestellte Verwalter agieren, wobei nach außen hin kein Unterschied gemacht wird, ob es sich um eine Maßnahme der ordentlichen Verwaltung oder eine der außerordentlichen handelt, dies würde auch dann gelten, wenn er im Bereich der ordentlichen Verwaltung gegen den Willen der Eigentümer handelt und im Bereich der außerordentlichen ohne die erforderliche Zustimmung der Mehrheit der Wohnungseigentümer. Ungültig wäre die Vertretungshandlung nur dann, wenn der Geschäftspartner vom „Mißbrauch“ wusste oder wissen hätte müssen.

Autorin

Frau Dr. Weisert ist seit 2006 selbstständige Rechtsanwältin in Wien. Im gleichen Jahr promovierte sie zum Doktor der Rechtswissenschaften. Ihre Haupttätigkeit liegt in der zivil- und strafrechtlichen Beratung und Vertretung. Auf folgende juristische Felder hat sie sich spezialisiert: Miet- und Wohnrecht, Immobilien- und Liegenschaftsrecht, Gewährleistungs- und Schadenersatzrecht, Familien- und Erbrecht sowie Straf- und Verwaltungsstrafrecht.

Für den WEKA-Verlag erstellt sie regelmäßig Fachbeiträge für das Portal Wohnrecht online.

www.weisert.at

Anmerkungen:

[1] Hinteregger: Verwaltung von Wohnungseigentum, 2014

[2] Schauer in Illedits/Reich-Rohrwig, Wohnrecht2, Vor § 18 WEG Rz 4