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Hans Sandrini | News | 22.05.2018

Die Auswirkungen einer Befristungsvereinbarung auf die Rechte von WohnungsmieterInnen

Gastautor Mag. Sandrini von der Mietervereinigung Österreichs erläutert in seinem Beitrag, welche Auswirkungen die Liberalisierung des Befristungsrechts im Bereich von Wohnungsmieten auf die Wirkung und den Umfang von Mieterrechten hat.

Einleitung:[1]

Die Anzahl lediglich befristet abgeschlossener Mietverträge über die im privaten Segment vermieteten Wohnungen nimmt stetig zu und wird im Vergleich zu unbefristeten Mietverträgen immer mehr zum Regelfall[2]. Eine Trendwende ist dabei nicht absehbar, da entsprechende gesetzliche Anreize hin zu mehr unbefristeten Neuabschlüssen schlichtweg fehlen. Gerade im Bereich kleiner bis mittelgroßer Wohnungen in städtischen zentrumsnahen Lagen zeichnet sich ab, dass die befristet abgeschlossenen Neuverträge die unbefristeten Vertragsabschlüsse nahezu vollständig verdrängen.

Diese Entwicklung im Zusammenhang mit der für 2019 von der Regierung angekündigten Mietrechtsnovelle gibt Anlass sich näher mit den einzelnen Aspekten auseinanderzusetzen, die für Wohnungsmieter mit einer Befristungsvereinbarung einhergehen.

Allgemeines:

Die Zulässigkeit von Befristungsvereinbarungen läuft schon prinzipiell dem Mieterschutz zuwider, weil damit der Kündigungsschutz und Eintrittsrechte naher Angehöriger in ihrem Wirkungsbereich erheblich reduziert werden. Hinzu kommen die stete Unsicherheit der Mietpartei auf eine Vertragsverlängerung im Hinblick auf die mit einer notwendigen Übersiedlung drohenden Mehrkosten und den mit der Wohnungssuche verbundenen Mehraufwand. Dies führt schließlich dazu, dass eine Mietpartei die ihr im Mietrechtsgesetz an sich zustehenden Rechte nur mehr eingeschränkt in Anspruch nimmt, um es sich mit dem Vermieter nicht zu „verscherzen“ und eine Verlängerungsaussicht nicht zu gefährden.

Zur Entwicklung:

In diesem Sinne waren Befristungsvereinbarungen bei Wohnungsmietverträgen in der Urfassung des mit 1.1.1982 in Kraft getretenen Mietrechtsgesetzes (MRG) – wie auch schon im zuvor im Mietengesetz (MG) – nur in begrenztem Umfang zulässig. Vor allem mit dem 3. Wohnrechtsänderungsgesetz (1.3.1994) erfolgte durch die Möglichkeit einer Befristungsvereinbarung bei bestehenden Wohnungseigentum von bis zu 10 Jahren und der sog „Dreijahresverträge“ für sonstige Wohnungsmietverträge, eine wesentliche Öffnung der Zulässigkeit für Befristungsvereinbarungen von Wohnungsmieten. Mit der WRN 1997 ging die Entwicklung in Richtung einer Liberalisierung des Befristungsrechts weiter und erfolgte eine Ausdehnung auf die generell zulässige Gesamtmietdauer von 10 Jahren. Mit 1.7.2000 (WRN 2000) gelangte man schließlich zu dem im Wesentlichen noch heute bestehenden System der Mindestbefristungsdauer von drei Jahren ohne zeitlicher Obergrenze und der Zulässigkeit unbegrenzt vieler Verlängerungen, sofern dabei die jeweilige Mindestdauer von drei Jahren sowie das Schriftformgebot eingehalten werden. Mit der WRN 2006 wurde schließlich das Befristungsrecht noch darum ergänzt, dass sich im Falle einer stillschweigenden Verlängerung das Mietverhältnis nicht sogleich in ein unbefristetes Mietverhältnis umwandelt, sondern zunächst nur um drei Jahre verlängert.

Die Auswirkungen auf bestehende Rechte:

Eine Befristungsvereinbarung hat umfassende Auswirkungen auf die Durchsetzbarkeit von Mieteransprüchen. Dies beginnt bereits damit, dass ein Verfahren auf Durchführung notwendiger Erhaltungsarbeiten gemäß § 3 MRG bereits gewisse Zeit in Anspruch nehmen kann und bei kurzen Befristungszeiträumen im Hinblick auf den Befristungszeitraum gar nicht durchsetzbar sind.

Auch ein allfälliges Veränderungsrecht nach § 9 MRG kommt wohl nur in äußerst engem Umfang infrage, da größere Investitionen bei einem befristeten Mietvertrag schon per se unwirtschaftlich sind. Damit wird auch die Anwendung des § 10 MRG auf Ersatz von Aufwendungen massiv reduziert. Die sich aus einer Befristungsvereinbarung ergebende faktische Einschränkung von Eintrittsrechten gemäß §§ 12, 14 MRG wurde bereits oben angesprochen.

Zumindest im Falle von Mietzinsüberprüfungen gemäß § 16 Abs 8 MRG wird dem Umstand Rechnung getragen, dass ein Mieter durch eine Antragstellung seine Verlängerungsaussicht gefährden könnte. Daher wird die Dreijahresfrist, Frist zur Bestreitung überhöhter Mietzinsvereinbarung bei befristeten Mietverhältnissen bis zu 6 Monate nach Vertragsauflösung verlängert. Dem steht aber wiederum der Nachteil entgegen, dass durch die mit der WRN 2006 eingeführte Rügepflicht des § 15a Abs 2 MRG, der Mieter eine allenfalls nicht zeitgemäße Badegelegenheit oder mangelnde Brauchbarkeit eines Ausstattungsmerkmals so zeitgerecht rügen muss, dass der Vermieter noch die Möglichkeit hat, den Mangel innerhalb des aufrechten Mietverhältnisses zu beheben, andernfalls der Mangel nicht bei der Kategorieeinstufung zu berücksichtigen ist.

Der hauptsächliche Anreiz zum Abschluss unbefristeter Mietverträge besteht im Befristungsabschlag, der einheitlich 25 % des zulässigen Hauptmietzinses beträgt. Dabei ist aber zu beachten, dass ein Antrag auf Hauptmietzinsüberprüfung nur im Vollanwendungsbereich des MRG möglich ist, sodass im großen Segment der Teilanwendung gar keine gesetzlichen Anreize zum Abschluss unbefristeter Mietverträge bestehen.

Hinsichtlich der Bestreitung von Betriebskostenabrechnungen gilt die Verlängerung der Verjährungsfrist des § 16 Abs 8 MRG nicht. Somit gilt auch hier wiederum, dass ein Mieter, der seine Verlängerungsaussicht nicht gefährden möchte, allenfalls in der BK-Abrechnung enthaltene Reparaturarbeiten oder Unklarheiten zu seinem Anteil an den Gesamtkosten oftmals besser unangesprochen lässt.

Gemäß § 18 Abs 5 MRG darf eine Mietzinserhöhung bei Vorliegen eines Befristungszeitraums von unter vier Jahren nicht auf den Mieter überwälzt werden. Dies erscheint aber darauf, dass die Abschreibdauer von Erhaltungsarbeiten weit darüber hinausgeht und der Erhöhungszeitraum grundsätzlich 10 Jahre beträgt, insgesamt unzureichend.

Auch die üblicherweise auf den Mieter entfallende Maklergebühr wird nur im Falle eines auf nicht mehr als drei Jahre befristeten Mietvertrags reduziert und ist ansonsten gleich hoch wie im Falle eines unbefristeten Vertrags.

Schlusssatz:

Die Liberalisierung des Befristungsrechts im Bereich von Wohnungsmieten hat enorme Auswirkungen auf die Wirkung und den Umfang von Mieterrechten. Durch das hohe Ausmaß von Befristungsvereinbarungen werden die Mieterrechte massiv eingeschränkt. Es bedarf daher vermehrt Anreizen zum Abschluss unbefristeter Mietverträge.

Autor

Mag. Hans Sandrini ist Jurist der Mietervereinigung Österreichs mit langjähriger Beratungserfahrung in sämtlichen Bereichen des österreichischen Wohnrechts und Vertretungstätigkeit in allen Angelegenheiten des wohnrechtlichen Außerstreitverfahrens.

Anmerkungen:

[1] Obwohl aus Gründen der Lesbarkeit im Text durchgehend die männliche Form gewählt wurde, beziehen sich die Angaben auf Angehörige beider Geschlechter.

[2] Laut Studie der AK-Wien vom November 2017 wurden im Jahr 2015 österreichweit 112.842 private Mietverträge neu abgeschlossen. Davon waren 77.057 befristet was einem Anteil 68 % entspricht. (siehe AK-Wien, Tockner, Mieten in Österreich und Wien 2008 bis 2016)