Dokument-ID: 873212

Andrea Weisert | News | 05.12.2016

Die Folgen des Todes eines Hauptmieters/Wohnungseigentümers (unter Berücksichtigung des ErbRÄG 2015) für Mitbewohner

Gastautorin Dr. Weisert erläutert in ihrem Beitrag unterschiedliche Fallvarianten zum Todesfall im Wohnrecht und gibt einen guten Überblick über die Änderungen, die sich ab dem 1.1.2017 durch das ErbRÄG 2015 ergeben.

„Ein Mensch sieht ein, dass wer, der stirbt, den anderen nur den Tag verdirbt … (Eugen Roth)“ – diesem Zitat kann man wohl beipflichten, denn nicht nur die Trauer um einen geliebten Menschen, nein auch die Frage, wie es weitergeht mit einem selbst als Mitbewohner in einer Mietwohnung, deren Hauptmieter der Verstorbene alleine war, oder in dessen Eigentumswohnung/Haus, beschäftigt so manchen Hinterbliebenen. Erfreulicherweise ist eine gewisse Absicherung der Hinterbliebenen gesetzlich geregelt. Durch das ErbRÄG 2015 wurde auch eine Verbesserung der Situation von Lebensgefährten geschaffen.

Fallvariante: Verstorbene war Alleinmieter einer Mietwohnung

Im Teil- und Vollanwendungsbereich des MRG wird diesbezüglich geregelt, dass der Mietvertrag durch den Tod des Mieters nicht aufgehoben wird (§ 14 MRG). Anstelle des verstorbenen Mieters treten die in dieser Bestimmung genannten eintrittsberechtigten Personen (§ 14 Abs 3 MRG) ein, dies sind:

  • Ehegatte
  • Lebensgefährte
  • Verwandte in gerader Linie einschließlich Wahlkinder
  • Geschwister des bisherigen Mieters,

mit der Einschränkung, dass diese genannten Personen ein dringendes Wohnbedürfnis haben und schon bisher im gemeinsamen Haushalt mit dem Mieter in der Wohnung gewohnt haben.

Der Lebensgefährte des bisherigen Mieters muss bis zu dessen Tod mindestens 3 Jahre hindurch in der Wohnung in einer in wirtschaftlicher Hinsicht gleich einer Ehe eingerichteten Haushaltsgemeinschaft gelebt haben, oder er ist mit dem Lebensgefährten in diese Wohnung seinerzeit gemeinsam eingezogen.

Eintrittsberechtigte Personen haben binnen 14 Tagen nach dem Tod des Hauptmieters dem Vermieter bekannt zu geben, wenn sie das Mietverhältnis nicht fortsetzen wollen.

Im Anwendungsbereich des ABGB (§ 1116a ABGB) wird das Mietverhältnis/Mietvertrag „vererbt“, dh der Mietvertrag wird zunächst mit der Verlassenschaft und dann mit den Erben weiter fortgesetzt. Jedoch hat hier der Vermieter (und natürlich auch der Erbe als Mieter) die Möglichkeit, unter Einhaltung der gesetzlichen Kündigungsfrist aufzukündigen.

Exkurs: Unterpachtverhältnis Kleingarten

Durch den Tod des Unterpächters wird der Unterpachtvertrag aufgelöst, es sei denn, dass binnen 2 Monaten der Ehegatte, Verwandter in gerader Linie oder Wahlkinder des Verstorbenen oder eine andere Person, die an der Bewirtschaftung des Kleingartens in den letzten 5 Jahren maßgeblich mitgewirkt hat, schriftlich die Bereitschaft erklärt, den Unterpachtvertrag fortzusetzen (§ 15 KLGG).

Der Generalpächter hat längstens binnen einem weiteren Monat diesen Eintritt schriftlich anzuerkennen.

Das heißt, dass im Unterschied zum MRG das Unterpachtverhältnis mit dem Tod des Unterpächters als aufgelöst gilt, allenfalls eintrittsberechtigte Personen jedoch ein Eintrittsrecht haben, dieses aber aktiv geltend machen müssen, während im Bereich des MRG der Mietvertrag weiterhin besteht und die Eintrittsberechtigten nur dann aktiv werden müssen, wenn sie das Mietverhältnis nicht fortsetzen wollen.

Fallvariante: Verstorbene war Alleineigentümer einer Eigentumswohnung

Zu unterscheiden ist, ob bezüglich der Eigentumswohnung testiert wurde oder nicht.

Kommt die gesetzliche Erbfolge zum Tragen, weil kein oder ein ungültiges Testament/letztwillige Verfügung vorliegt, erbt grundsätzlich der Ehegatte (bzw. eingetragene Lebensgefährte) als Erbe gemäß § 744 ABGB. Der Umfang seiner Erbquote hängt davon ab, ob es weitere Verwandte des Verstorbenen gibt, insbesondere Kinder des Verstorbenen oder deren Nachkommen.

Sofern es Kinder des Verstorbenen oder deren Nachkommen gibt, erbt der Ehegatte bzw eingetragene Partner ein Drittel, neben Eltern des Verstorbenen erhält er zwei Drittel.

Neu ab 2017

Ab 1.1.2017 sind Geschwister und Großeltern durch das Erbrecht des Ehegatten/eingetragenen Partners verdrängt, das heißt, wenn der Verstorbene keine Kinder oder Eltern hinterlässt, nur Geschwister oder Großeltern, erben diese nichts mehr, wenn ein Partner hinterlassen wird.

Voraussetzung ist, dass der Ehegatte bzw der eingetragene Partner in aufrechter Ehe bzw in aufrechter eingetragener Partnerschaft mit dem Verstorbenen gelebt hat.

Bei Lebensgefährten war dies bislang so, dass diese keinerlei Erbberechtigung (gesetzlicher Natur) hatten.

Durch das ErbRÄG 2015, welches größtenteils ab 1.1.2017 in Geltung ist, wurde ein gesetzliches Erbrecht auch für Lebensgefährten eingeführt. Dieses Erbrecht besteht allerdings nur dann, wenn weder ein testamentarischer noch ein sonstiger gesetzlicher Erbe die Erbschaft erhält.

Voraussetzung für die Erbberechtigung ist, dass der Lebensgefährte mit dem Verstorbenen die letzten 3 Jahre vor seinem Tod als sein Lebensgefährte zusammengelebt hat und die Lebensgemeinschaft im Todeszeitpunkt auch noch aufrecht war (§ 748 ABGB).

Allzu streng wird das Erfordernis eines gemeinsamen Haushaltes nicht gesehen, insbesondere wenn der gemeinsamen Haushaltsführung wichtige Gründe wie zB gesundheitlicher oder beruflicher Art entgegengestanden sind. Es muss aber dennoch eine Lebensgemeinschaft im Sinne einer solchen vorgelegen haben.

Gibt es eine letztwillige Verfügung über die Eigentumswohnung haben nicht bedachte Ehegatten, eingetragene Partner auch einen Pflichtteilsanspruch.

Neben dem gesetzlichen Erbrecht oder einer testamentarischen Verfügung über die Eigentumswohnung des Verstorbenen zugunsten des hinterbliebenen Ehegatten/Lebensgefährten/eingetragener Partner stehen dem Ehegatten und dem eingetragenen Partner ein besonderes gesetzliches Vorausvermächtnis • [Fußnote: Das gesetzliche Vorausvermächtnis steht nur dann zu, wenn der überlebende Ehegatte das Recht auf Benützung der Ehewohnung nicht schon durch andere erbrechtliche Sonderregelungen (wie nach dem MRG, WEG oder WGG) oder auf andere Weise, etwa als Erbe erwirbt; es kommt daher nicht zur Anwendung, wenn der überlebende Ehegatte aufgrund des Erbfalls Eigentümer des Objekts wird, in dem sich die Ehewohnung befindet – OGH 5 Ob 134/12k. zu (§ 758 ABGB). Als gesetzliches Vorausvermächtnis gebührt diesem das Recht, in der Ehewohnung weiter zu wohnen, und die zum ehelichen Haushalt gehörenden beweglichen Sachen, soweit sie zu dessen Fortführung entsprechend den bisherigen Lebensverhältnissen erforderlich sind.

Wenn allerdings dem Verstorbenen die eheliche Wohnung nicht gehört hat, ist sein Erbe verpflichtet, dem überlebenden Ehegatten/eingetragenen Partner durch Abschluss eines entsprechenden schuldrechtlichen Vertrages das Recht einzuräumen, unentgeltlich in der Wohnung wie bisher zu wohnen.

Durch das Erbrechtsänderungsgesetz 2015 steht dieses Recht nunmehr auch dem Lebensgefährten des Verstorbenen zu, allerdings mit der Einschränkung, dass diese Rechte, in der gemeinsamen Wohnung weiter zu wohnen (sofern die beiden auch mindestens 3 Jahre im gemeinsamen Haushalt gelebt haben) und die zum gemeinsamen Haushalt gehörenden beweglichen Sachen weiter zu benützen, nur 1 Jahr nach dem Tod des Verstorbenen ausgeübt werden können.

Fallvariante: Die Eigentumswohnung hat dem Verstorbenen gemeinsam mit dem Ehegatten/eingetragenen Partner gehört, es gibt auch Nachkommen des Verstorbenen

In dieser Konstellation spricht man vom gesetzlichen Vermächtnis, wonach der überlebende Ehegatte den Anteil des verstorbenen Ehegatten erhält. Der überlebende Ehegatte muss aber für diesen Erwerb einen so genannten Übernahmspreis an den Nachlass bezahlen. Dieser richtet sich je nach den Verhältnissen – das heißt, wenn die Eigentumswohnung zur Befriedigung des dringenden Wohnbedürfnis besteht, hat dieser lediglich den Pflichtteilsberechtigten jenen Geldbetrag zu bezahlen, der den Pflichtteilsansprüchen entspricht (dies wäre bei einer im Ehegatteneigentum stehenden Eigentumswohnung ein Viertel).

Ist kein Pflichtteilsberechtigter vorhanden, geht der Anteil des Verstorbenen gemäß § 14 Abs 1 Z 1 WEG von gesetzeswegen unmittelbar ins Eigentum des überlebenden Partners. Sollte der überlebende Partner allerdings nicht Pflichtteilsberechtigter des Verstorbenen sein und Gegenstand des gemeinsamen Wohnungseigentums eine Wohnung, die dem Überlebenden nicht zur Befriedigung seines dringenden Wohnbedürfnisses dient, hat er der Verlassenschaft nach dem Verstorbenen die Hälfte des Verkehrswertes des Mindestanteiles zu bezahlen (Übernahmspreis) wenn er auf den Wohnungseigentumsanteil des Verstorbenen nicht verzichtet hat.

Vorsicht ist geboten, bei „ all umfassenden“ Erb- und Pflichtteilsverzichten – sofern nichts anderes zwischen den Parteien geregelt wird, erstreckt sich der Verzicht nämlich auch auf das gesetzliche Vorausvermächtnis!

Lebensgefährten kann man nur testamentarisch absichern oder durch rechtzeitige Eintragung eines lebenslangen Wohnrechtes (im Grundbuch), was jedoch auch seine „Gefahren“ mit sich bringt, denn wer weiß schon, ob`s ewig hält …

Autorin

Frau Dr. Weisert ist seit 2006 selbstständige Rechtsanwältin in Wien. Im gleichen Jahr promovierte sie zum Doktor der Rechtswissenschaften. Ihre Haupttätigkeit liegt in der zivil- und strafrechtlichen Beratung und Vertretung. Auf folgende juristische Felder hat sie sich spezialisiert: Miet- und Wohnrecht, Immobilien- und Liegenschaftsrecht, Gewährleistungs- und Schadenersatzrecht, Familien- und Erbrecht sowie Straf- und Verwaltungsstrafrecht.

Für den WEKA-Verlag erstellt sie regelmäßig Fachbeiträge für das Portal Wohnrecht online und ist Autorin von Loseblattwerken zum WEG und Zivilverfahrensrecht.

www.weisert.at