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Andrea Weisert | News | 20.08.2019

Die WGG- Novelle 2019 – Wichtige Neuerungen im Überblick

Gastautorin und Wohnrechts-Expertin Dr. Andrea Weisert erläutert die wichtigsten Eckpunkte der Novelle, die mit 1. August in Kraft getreten ist. Neuerungen ergeben sich ua bei nachträglichen Wohnungseigentumsbegründungen.

Der gemeinnützige Wohnbau dient Wohnungsbedürftigen; leistbares Wohnen ist dabei das Ziel.

Der Wohnbau/Sanierung und Verwaltung erfolgt durch gemeinnützige Bauvereinigungen (GBV), die entweder in Form von Genossenschaften, GmbH`s oder Aktiengesellschaften errichtet sind und primär dem Wohnungsgemeinnützigkeitsgesetz (WGG) unterliegen. Das Wohnungsgemeinnützigkeitsgesetz enthält gesellschaftsrechtliche Bestimmungen für Bauvereinigungen, welche die gesellschaftsrechtlichen Gesetze (GenG, AktG, GmbHG) ergänzen, es regelt die inneren und äußeren Rechtsverhältnisse derselben.

Die Aufgabe von GBV besteht vor allem in der Versorgung (Bauen, Sanieren und Verwalten) breiter Bevölkerungsschichten mit Wohnungen.

Im Vergleich dazu wollen gewerbliche Wirtschaftsunternehmen durch Gewinn-Maximierung ihren Eigentümern nützen. Bei Gemeinnützigen dagegen, steht an erster Stelle der Nutzen der Gemeinschaft. Gesichert wird dies durch das WGG, wonach GBV nur beschränkt Gewinne machen und diese Gewinne auch wieder in Wohnbaumaßnahmen im Inland investieren müssen. Im Unterschied zu gewerblichen Bauträgern, die Gewinne aus der Bautätigkeit oder aus Mieteinnahmen beliebig verwenden können. (Quelle: www.gbv.at).

Ausgangsbasis für die Novelle 2019

Die bestehenden, sich im Laufe der Zeit herauskristallisierenden Probleme sollten durch eine Novelle beseitigt werden. Vor allem die Aufsicht über die GBV sollte verstärkt, rechtliche Unsicherheiten und ineffiziente Bestimmungen beseitigt werden. Das Prinzip der Vermögenswidmung sollte mehr abgesichert werden. Hinzu kam, dass veraltete Normen eine effiziente Verwaltung und damit auch Vergabe gemeinnützigen Wohnungsbestandes erschwerten, auch eine Reform in Zusammenhang mit der nachträglichen Wohnungseigentumsbegründung schien nötig.

Wichtigstes Augenmerk wurde auf die Absicherung bestehender Wohnbestände gelegt, so sollte die Wohnzweckbindung verankert werden, um Spekulationen hintanzuhalten und auch um eine Sozialbindung aufrechtzuerhalten. Die heimischen gemeinnützigen Wohnungsbestände sollten vor dem Zugriff von Drittstaatsbürgern und vor Spekulanten abgesichert werden.

Umsetzung der Ziele

  • Eigentumsbildung nunmehr auch Hauptaufgabe von GBV

Nachträgliche Wohnungseigentumsbegründungen zählen nunmehr auch ausdrücklich zu den Hauptgeschäften einer GBV (vorher Nebengeschäfte). Dies gilt freilich nur für die nachträgliche Begründung von Wohnungseigentum an die bisherigen Mieter (der Verkauf von leerstehenden oder vermieteten Wohnungen oder Geschäftsräume oder einzelner anderer Bauten und Anlagen an Dritte, ist weiterhin als Nebengeschäfte zu behandeln).

Die bisherige Möglichkeit der nachträglichen Übertragung in das Eigentum (Miteigentum, Wohnungseigentum) durch die GBV nach zehn Jahren ab Bezug der Baulichkeit, wurde auf Ablauf des fünften Jahres ab Bezug der Baulichkeit, vorverlegt. Künftig können daher GBV, bereits ab dem sechsten Jahr, Baulichkeiten, Wohnungen und Geschäftsräume nachträglich in das Eigentum (Miteigentum und Wohnungseigentum) veräußern und übertragen.

Mieter/Nutzungsberechtigte haben die Möglichkeit einen Antrag auf nachträgliche Übertragung zu stellen, was eine Angebotspflicht der GBV auslöst, die Anzahl an Antragsmöglichkeiten wurde nun verdreifacht für den Zeitraum von fünf bis zwanzig Jahren nach Vertragsbeginn.

Eine Ausnahme besteht allerdings bei Wohnungen unter 40 m², für diese besteht keine gesetzliche Kaufoption.

Die zeitliche Beschränkung der gesetzlichen Kaufoption des Mieters/Nutzungsberechtigten wurde auf 30 Jahre nach Erstbezug angehoben.

  • Sicherung von Wohnbeständen

Freiwerdende Wohnungen oder neu errichtete Wohnungen sollen überwiegend an österreichische Staatsbürger oder diesen gleichstellten Personen (EWR) und Ausländer, die sich seit mehr als fünf Jahren ununterbrochen und legal in Österreich aufhalten und ein Prüfungszeugnis des österreichischen Integrationsfonds vorlegen können, vergeben werden.

Hinzu gekommen ist in diesem Zusammenhang auch die bevorzugte Behandlung von Gewaltopfern, die eine Gewaltschutzverfügung erwirken konnten.

Achtung:

Normiert wurde weiters, dass touristische Kurzvermietungen verboten sind.

  • Weitere Änderungen/Klarstellungen

Den GBV steht ein gesetzliches Entgeltanpassungsrecht zu, das nicht den Anforderungen des § 6 Abs 1 Z 5 KSCHG unterliegt.

Aufgrund des Kostendeckungsprinzips ist es den GBV erlaubt, das Entgelt während der Mietdauer entsprechend den gesetzlichen Vorgaben des WGG und jeweils ihren eigenen Aufwendungen für die Bewirtschaftung ihrer Baulichkeiten entsprechend an-/herabzusetzen.

Es handelt sich daher um ein gesetzesunmittelbares Entgeltanpassungsrecht, welches keines vertraglichen Vorbehaltes bedarf.

Bei Vermietung von Wohnungen, die nachträglich in das Eigentum des bisherigen Mieters/Nutzungsberechtigten übertragen wurden, wurde nunmehr ausdrücklich die Anwendbarkeit des MRG und die Begrenzung des Mietzinses während der ersten fünfzehn Jahre ab Abschluss des Kaufvertrages normiert. Als Mietzinsobergrenze gilt der jeweilige Richtwert ohne Zu- und Abschläge, der Befristungsabschlag ist jedoch zu beachten.

Fazit

Das vorrangige Ziel der viel diskutierten Novelle des Wohnungsgemeinnützigkeitsgesetzes (WGG) bestand sohin in der Sicherung von leistbarem Wohnen für die breite Bevölkerung auch für die Zukunft.

Argumentiert in diesem Zusammenhang wurde, dass das Schaffen von Eigentum die günstigste Form zu wohnen sei, daher wäre ein leichterer Zugang zu Eigentumserwerb zu befürworten, gleichzeitig sollte aber sichergestellt werden, dass der Erwerb von Eigentum an sozialen Wohnungen, Spekulanten so schwer wie möglich gemacht werden sollte. Contra-Stimmen haken genau dort ein, und meinen, dass durch die Möglichkeit früher, als zuletzt vorgesehen, Mietwohnungen zu kaufen, dem Mietwohnungsmarkt leistbarer Wohnraum entzogen werden würde.

Man wird letztendlich sehen, ob die Novelle hält was sie verspricht.

Autorin

Frau Dr. Weisert ist seit 2006 selbstständige Rechtsanwältin in Wien. Im gleichen Jahr promovierte sie zum Doktor der Rechtswissenschaften. Ihre Haupttätigkeit liegt in der zivil- und strafrechtlichen Beratung und Vertretung. Auf folgende juristische Felder hat sie sich spezialisiert: Miet- und Wohnrecht, Immobilien- und Liegenschaftsrecht, Gewährleistungs- und Schadenersatzrecht, Familien- und Erbrecht sowie Straf- und Verwaltungsstrafrecht.

Für den WEKA-Verlag erstellt sie regelmäßig Fachbeiträge für das Portal Wohnrecht online und ist Autorin von Loseblattwerken zum WEG und Zivilverfahrensrecht.

www.weisert.at