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Grenzen einer konkludenten Widmungsänderung – Beispiel: Errichtung einer Kinderbetreuungsstätte
Trotz konkludenter Zustimmung, einen als Wohnung gewidmeten Raum, für Bürozwecke zu benutzen, kann nicht davon ausgegangen werden, dass dies für „jeglichen“ betrieblichen Zweck ebenso gilt.
Geschäftszahl
OGH 21.05.2019, 5 Ob 45/19g
Norm
§ 52 Abs 1 Z 2 WEG 2002, § 16 Abs 2 WEG 2002, § 863 ABGB
Leitsatz
Quintessenz:
Trotz konkludenter Zustimmung, einen als Wohnung gewidmeten Raum, für Bürozwecke zu benutzen, kann nicht davon ausgegangen werden, dass dies für „jeglichen“ betrieblichen Zweck ebenso gilt. Vielmehr bedarf es der vorherigen Zustimmung der Miteigentümer, wenn es um die Umwidmung einer Wohnung geht.
OGH: Anlass des Verfahrens war die Einrichtung einer Kinderbetreuungsstätte in einer Wohnung eines von mehreren Parteien bewohnten Wohnungseigentumshauses. Bereits Jahre zuvor war besagte Wohnung für betriebliche Zwecke bewohnt worden, woran sich keiner der Wohnungseigentümer „störte“. Die Neueinrichtung und Benutzung der Wohnung als Kinderbetreuungsstätte wollte jedoch von allen übrigen Wohnungseigentümern untersagt werden.
Die Kläger stützten sich auf das Argument der „schutzwürdigen Interessen“, wonach eine solche Beeinträchtigung, die durch eine Widmungsänderung hervorgerufen werden könnte, zuerst der Zustimmung aller Wohnungseigentümer oder der Genehmigung durch einen Außerstreitrichter in einem Verfahren nach § 52 Abs 1 Z 2 WEG 2002 bedarf. Gegen eine eigenmächtige Änderung der Widmung durch einen Wohnungseigentümer – zu welcher der Wohnungseigentümer gemäß § 16 Abs 2 WEG 2002 grundsätzlich befugt ist – kann jedoch jeder andere Wohnungseigentümer selbstständig vorgehen. „Feststellungen, aus denen sich die Möglichkeit einer derartigen Beeinträchtigung erschließen lässt, reichen für die rechtliche Beurteilung daher aus“, so der Oberste Gerichtshof. Die Änderung eines Bürobetriebes auf eine Kinderbetreuungseinrichtung mit 12 Kindern wertete das Berufungsgericht als offenkundig beeinträchtigend.
Dennoch können Widmungsänderungen die konkludente Zustimmung – welche sich aus § 863 ABGB ergeben kann – der Übrigen finden. Dieser Zustimmung ist es ebenfalls zu verdanken, dass betreffende Wohnung trotz Widmung zur „Wohnung“ als „Büro mit Kundenbetrieb“ klassifiziert wurde – wie auch schon die Vorinstanzen zutreffend feststellten. Dass eine, wie von den Beklagten argumentierte, Kinderbetreuungsstätte ebenfalls als „Büro“ zu verstehen sei, wurde von allen Instanzen jedoch verworfen. Vielmehr bedürfe es in diesem Fall einer bewilligungspflichtigen Widmungsänderung. Aus diesem Grund wurde auch der Antrag auf Unterlassung einer Betreuungseinrichtung stattgegeben.
Die von der unterlegenden Partei angestrebte Revision wurde in weiterer Folge zurückgewiesen, da es zu der Problematik der Widmungsänderung bereits ausreichend höchstrichterliche Judikatur gibt und eine erhebliche Rechtsfrage somit nicht vorlag.