Dokument-ID: 1012631

WEKA (api) | News | 14.11.2018

Handelt es sich bei eigenmächtigen Umbauarbeiten des Mieters um einen nachteiligen Gebrauch?

Der OGH stellte in Hinsicht auf einen nachteiligen Gebrauch des Objekts durch Mieter durch bauliche Veränderungen mehrfach fest, dass ein solcher nur vorliegt, wenn wichtige wirtschaftliche oder sonstige Interessen des Vermieters gefährdet sind.

Geschäftszahl

OGH 1 Ob 100/18i, 29. August 2018

Norm

§ 1118 ABGB, § 30 Abs 2 Z 3 MRG

Leitsatz

Quintessenz:

Die Auflösung des Mietverhältnisses durch den Vermieter ist nur bei Vorlage eines Grundes nach § 1118 ABGB möglich. Der OGH stellte in Hinsicht auf einen nachteiligen Gebrauch des Objekts durch Mieter durch bauliche Veränderungen mehrfach fest, dass ein solcher nur vorliegt, wenn wichtige wirtschaftliche oder sonstige Interessen des Vermieters gefährdet sind. Ist dies nicht der Fall, kann auch eine explizite Untersagung von baulichen Veränderungen keine sofortige Vertragsauflösung rechtfertigen.

OGH: Im Anlassfall löste der Vermieter das Mietverhältnis mit seinem Mieter mit dem Argument auf, dass dieser trotz Untersagung Baumaßnahmen im Bestandobjekt durchführte, dabei schädigend in die Haussubstanz eingriff und gegen seine Pflichten nach § 9 MRG verstieß. Aufgrund dessen sei von einem „unleidlichen“ Verhalten des Mieters auszugehen. Die Vorinstanzen verneinten die Vorlage eines Auflösungsgrundes nach § 1118 ABGB, wobei das Berufungsgericht die Frage aufwarf, ob auch bei einer ausdrücklichen Untersagung von Baumaßnahmen durch den Vermieter die baulichen Änderungen nachteilig sein müssen.

Nach ständiger Rechtsprechung kann eine vorzeitige Auflösung durch den Vermieter nur dann gefordert werden, wenn ein Auflösungsgrund des § 1118 ABGB vorliegt. Ein erheblich nachteiliger Gebrauch iSd § 1118 ABGB bzw § 30 Abs 2 Z 3 MRG liegt dann vor, wenn die Substanz des Mietgegenstandes wegen wiederholter und längerer vertragswidrigen Benutzung bzw Unterlassung notwendiger Vorkehrungen verletzt wurde oder eine Verletzung droht, aber auch wenn die Interessen des Vermieters, sowohl wirtschaftliche als auch persönliche, durch das Verhalten des Mieters gefährdet werden.

Die durch das Berufungsgericht aufgeworfene Frage wurde vom OGH schon mehrfach beantwortet. In der Entscheidung 6 Ob 589/91 wurden bauliche Veränderungen infrage gestellt, die den Intentionen des Bestandgebers zuwiderliefen. Dabei stellte der Senat fest, dass ein vereinbarungswidriger Gebrauch, insbesondere bauliche Veränderungen durch den Mieter ohne die Zustimmung des Vermieters, dann eine vorzeitige Auflösung rechtfertige, wenn die Veränderungen für die Bestandsache nachteilig seien, also wenn eine erhebliche Substanzschädigung zu befürchten sei. Sollte dies nicht der Fall sein, könnte sich der Vermieter nur auf die Unterlassung bzw Wiederherstellung des vorherigen Zustands berufen. Als Schlussfolgerung wurde festgehalten, dass bauliche Veränderungen des Bestandobjekts gegen den Willen des Vermieters nur dann einen erheblich nachteiligen Gebrauch darstellen, wenn wichtige wirtschaftliche oder sonstigen Interessen des Vermieters verletzt würden. Dieser Standpunkt wurde durch den OGH nachfolgend auch wiederholt bestätigt.

Daher ist festzuhalten, dass der eigenmächtige Umbau des Bestandgegenstandes durch den Mieter noch keine Auflösung des Bestandverhältnisses rechtfertige, sondern dies erst dann möglich ist, wenn wichtige wirtschaftliche oder sonstige Interessen des Vermieters gefährdet werden. In casu (Schaffung einer seniorengerechten Wohnung) lag ein solcher Fall gerade nicht vor, da der Mieter die sach- und fachgerechte Ausführung unter Schonung der Substanz durchführte und auch dem Mietgegenstand auch keinen wesentlichen Änderungen unterzog. Ob die Arbeiten nun explizit untersagt wurden oder nicht, spielte daher für die Entscheidung keine relevante Rolle.

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