Dokument-ID: 1013537

WEKA (api) | News | 10.12.2018

Ist ein zweites Badezimmer in einer Großwohnung als verkehrsüblich anzusehen?

Bei der Beurteilung der Verkehrsüblichkeit ist immer auf die konkrete Ausgestaltung der Veränderung im Einzelfall abzustellen, jedoch ist der Einbau eines zweiten Bades in einer großen Wohnung nicht per se als verkehrsunüblich anzusehen.

Geschäftszahl

OGH 03. Oktober 2018, 5 Ob 100/18v

Norm

§ 9 MRG

Leitsatz

Quintessenz:

Für die Ersetzung der Zustimmung des Vermieters zu einer Veränderung des Mietgegenstandes braucht es unter anderem kumulativ das Vorliegen der Verkehrsüblichkeit und des wichtigen Interesses des umbauenden Mieters. Bei der Beurteilung der Verkehrsüblichkeit ist immer auf die konkrete Ausgestaltung der Veränderung im Einzelfall abzustellen, jedoch ist der Einbau eines zweiten Bades in einer großen Wohnung nicht per se als verkehrsunüblich anzusehen.

OGH: Im Anlassfall lies die Mieterin einer 200 m2 großen Wohnung zusätzlich zu ihrem bereits bestehenden Bad ein weiteres Bad/WC einbauen. Das ursprüngliche Bad war lediglich 5,42 m2 groß und darüber hinaus als Durchgangszimmer zwischen Küche und Schlafzimmer gelegen. Das Erstgericht wies den von der Mieterin gestellten Antrag auf Ersetzung der Zustimmung des Vermieters wegen fehlender Verkehrsüblichkeit ab. Das Rekursgericht folgte jedoch der Ansicht der Antragstellerin und danach gelang die Rechtssache zur Entscheidung an den OGH.

Dieser betonte, da es sich bei dem Einbau eines zweiten Badezimmers um keine privilegierte Veränderung nach § 9 Abs 2 MRG handelte, bei der die Verkehrsüblichkeit und das wichtige Interesse des Mieters angenommen wird, dass beide eben genannten Voraussetzungen kumulativ vorliegen müssen. Die Beweislast für das Vorliegen trifft dabei die Mieterin.

In Hinsicht auf die Verkehrsüblichkeit sei auf objektive Umstände abzustellen. Diese müssen durch konkrete Tatsachen von der Mieterin dargelegt werden, falls sie sich nicht aus der allgemeinen Lebenserfahrung ergeben. Entscheidend ist dabei immer die konkret beabsichtigte Ausgestaltung der geplanten Änderung. Der OGH erkannte in der Beurteilung des Rekursgerichts, dass die Änderung im Anlassfall sehr wohl als verkehrsüblich anzusehen sei, keine aufzugreifende Fehlbeurteilung. Laut dieser entspräche ein zweites Bad im konkreten Fall, wo lediglich ein kleines Durchgangsbad gegeben war, dem neuen Verständnis von Wohnkomfort, insbesondere auch die Ausstattung der sanitären Anlagen.

Der OGH erkannte darin auch keinen Widerspruch zu seiner bisherigen Rechtsprechung. In seiner Entscheidung 5 Ob 33/93 verneinte der OGH die Privilegierung des Einbaus eines zweiten Badezimmers nach § 9 Abs 2 Z 1 MRG, jedoch nicht, weil dies im Allgemeinen der Verkehrsüblichkeit widersprechen würde, sondern weil es bereits auf der Ebene des wichtigen Interesses des Mieter gescheitert war. Die Verkehrsüblichkeit wurde im damaligen Fall gar nicht beurteilt. In 5 Ob 273/00h wurde zudem festgestellt, dass immer die im konkreten Einzelfall beabsichtigte Änderung beurteilt werden müsste. Dass der Einbau eines zweiten Badezimmers in einer großen Wohnung generell nicht verkehrsüblich ist, konnte aus keiner dieser Entscheidungen geschlossen werden.