Dokument-ID: 761112

WEKA (mwo) | News | 15.06.2015

Mietzinserhöhung nach § 12a Abs 2 und 3 MRG nicht unionsrechtswidrig

Die Bestimmung des § 12a Abs 3 MRG im Zusammenhang mit dem Recht des Vermieters auf Mietzinsanhebung enthält keine Diskriminierung von Beteiligungserwerben durch EU-Ausländer.

Geschäftszahl

OGH vom 24. 02.2015, 5 Ob 224/14y

Norm

§ 12a Abs 2 und 3 MRG; Art 49, 53

Leitsatz

Quintessenz:

Die Bestimmung des § 12a Abs 3 MRG im Zusammenhang mit dem Recht des Vermieters auf Mietzinsanhebung enthält keine Diskriminierung von Beteiligungserwerben durch EU-Ausländer. Die Regelung verstößt auch sonst nicht gegen die europarechtlichen Grundfreiheiten, wie insbesondere die Niederlassungsfreiheit gemäß Art 49 AEUV oder die Kapitalverkehrsfreiheit gemäß Art 63 AEUV.

OGH: § 12a Abs 2 MRG iVm § 12a Abs 3 MRG sieht für den Fall des Mietrechtsübergangs infolge einer Unternehmensveräußerung das Recht des Vermieters auf Anhebung des Mietzinses auf einen angemessenen Mietzins vor. Gesellschaftsrechtliche Veränderungen, die einer Unternehmensveräußerung nahekommen, sind ebenso von dieser Bestimmung umfasst. Vorausgesetzt wird eine entscheidende Änderung der rechtlichen und wirtschaftlichen Einflussmöglichkeiten bei der mietenden juristischen Person bzw unternehmerisch tätigen Personengesellschaft.

Nach ständiger Rechtsprechung ist es für die Erfüllung des Tatbestands nach § 12a Abs 3 MRG irrelevant, ob der geänderte entscheidende Einfluss von innen oder von außen erfolgt. Es ist zudem anerkannt, dass die Änderung des entscheidenden Einflusses auch auf indirekte Weise eintreten kann (vgl RIS-Justiz RS0111296; 9 Ob 53/11a; Würth/Zingher/Kovanyi, Miet- und Wohnrecht I22 § 12a MRG Rz 18).

Der OGH stellt klar, dass die Änderung des entscheidenden Einflusses auf die Mietergesellschaft iSd § 12a Abs 3 MRG auch dann zu bejahen ist, wenn sie nur mittelbar – zB durch zwischengeschaltete Gesellschaften – besteht. Für die Erfüllung des Tatbestands genügt es, dass die Änderung bei jener (Konzern-)Gesellschaft erfolgt, bei der wegen ihrer Beteiligung ein beherrschender Einfluss auf die Mietergesellschaft anzunehmen ist (5 Ob 7/98k; 1 Ob 180/07p).

Eine derartige Konstellation liegt im folgenden Fall vor, da zwischen der Hauptmieterin und der Holding AG, bei der sich die gesellschaftsrechtlichen Änderung ereignet haben, eine GmbH zwischengeschaltet ist.

Zum Vorbringen der Revisionsrekurswerberin, dass die Bestimmung des § 12a Abs 3 MRG gegen die Niederlassungsfreiheit gemäß Art 49 AEUV und die Kapitalverkehrsfreiheit gemäß Art 63 AEUV verstoße, hält der OGH Folgendes fest:

Da die beanstandete nationale Regelung nur auf Beteiligungen, die es ermöglichen, einen sicheren Einfluss auf die Entscheidung der betreffenden Gesellschaft auszuüben und deren Tätigkeit zu bestimmen, anwendbar ist (vgl Rs Baars, EuGH, 13.04.2000, C-251/98), fällt sie in den Anwendungsbereich der Bestimmungen über die Niederlassungsfreiheit gemäß Art 49 AEUV (Rs Scheunemann, EuGH, 19.07.2012, C-31/11 Rn 23; Schneider in Mayer/Stöger, EUV/AEUV Art 63 Rz 24 mwN).

Als unvermeidliche Konsequenz einer allfälligen Beschränkung der Niederlassungsfreiheit kann die beanstandete nationale Regelung nicht – zusätzlich – anhand der Vorschriften über die Kapitalverkehrsfreiheit gemäß Art 63 AEUV geprüft werden (EuGH, 25.10.2007, C-464/05 Rn 16 mwN; vgl auch EuGH, 26.03.2009, C-326/07 Rn 36).

Ein Verstoß gegen die Niederlassungsfreiheit gemäß Art 49 AEUV liegt im Falle von Diskriminierungen von Staatsandgehörigen anderer EU-Mitgliedstaaten vor, wobei man unter „Diskriminierung“ die rechtliche Schlechterstellung eines Sachverhalts mit Europarechtsbezug gegenüber einem reinen Inlandssachverhalt versteht.
Dadurch, dass eine nationale Regelung an das Vorliegen einer bestimmten Staatsangehörigkeit anknüpft, können Diskriminierungen zum einen direkt erfolgen.
Zum anderen sind indirekte Diskriminierungen, die an ein beliebiges Tatbestandsmerkmal anknüpfen und dabei EU-Ausländer de facto schlechter stellen als Inländer, ebenso vom Diskriminierungsverbot des Art 49 AEUV umfasst (vgl Jürgen Bröhmer in Calliess/Ruffert, EUV/AEUV4 Art 49 Rn 19 f mwN).

Im Ergebnis kommt der OGH letztlich zum Schluss, dass die Bestimmung des § 12a Abs 3 MRG keine Diskriminierung von Erwerbsbeteiligung durch EU-Ausländer darstellt und auch keine sonstigen Grundfreiheiten der EU beschränkt.

Das in § 12a MRG normierte Recht des Vermieters auf Erhöhung des bisherigen Mietzins auf einen angemessenen Mietzins führt nämlich weder dazu, dass der Marktzugang erschwert wird noch dazu, dass der Markt weniger attraktiv gemacht wird (vgl Rs Gebhard, EuGH, 30.11.1995, C-55/94 Rn 37).