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Neuregelung der Immobilienbesteuerung beschlossen!
Gastautor MMag. Petritz gibt in seinem Beitrag einen guten Überblick darüber, welche Änderungen sich bezüglich der Besteuerung von Immobilien durch das 1. Stabilitätsgesetz 2012 ergeben.
Mit 1. April 2012 treten die neuen gesetzlichen Regelungen des 1. Stabilitätsgesetzes 2012 bezüglich der Besteuerung von Immobilien in Kraft. Gewinne aus privaten Immobilienverkäufen unterliegen nunmehr jedenfalls der Einkommensteuer, auch wenn diese Liegenschaften schon seit mehr als 10 Jahren gehalten werden.
Neuregelung für private Grundstücksveräußerungen
Künftig unterliegen Veräußerungsgeschäfte von Liegenschaften unabhängig von der Erfüllung einer Spekulationsfrist (zuvor 10 Jahre) jedenfalls der Einkommensteuer. Als Bemessungsgrundlage für die Steuer ist der Unterschiedsbetrag zwischen dem Veräußerungspreis und den Anschaffungskosten (zzgl Herstellungs- und Instandhaltungskosten) heranzuziehen. Die Steuer auf diese Bemessungsgrundlage beträgt 25 % und wird direkt vom Anwalt oder Notar (derzeit nicht durch Steuerberater durchführbar) beim Verkauf abgezogen (sog „ImmoESt“ durch Selbstberechnung durch die Parteienvertreter). Die Zahlung hat bis zum 15. Tag des Zweitfolgemonats des Zuflusses des Veräußerungspreises zu erfolgen. Die Aufnahme in die Steuererklärung hat aufgrund der Abgeltungswirkung der ImmoESt nicht mehr zu erfolgen.
Auf Antrag – sofern günstiger – kann ein Steuerpflichtiger auch zur Anwendung seines progressiven Einkommensteuersatzes optieren („Regelbesteuerungsoption“).
Neu ist ein so genannter Inflationsabschlag für Veräußerungen von Liegenschaften, der für Veräußerungen ab dem 11. Jahr, welches auf die Anschaffung folgt, zur Anwendung gelangt: Diesbezüglich kann pro Jahr ein Betrag von 2 % der Bemessungsgrundlage, höchstens jedoch 50 % zuzüglich zum Abzug gebracht werden.
Nebenkosten, die für die Veräußerung anfallen, wie zB Maklerkosten oder Spesen, sind zukünftig übrigens nicht mehr absetzbar. Ausgenommen davon sind nur die Kosten für die Selbstberechnung durch den Anwalt oder Notar.
Ausnahme für Hauptwohnsitz
Von der Einkommensbesteuerung vollständig ausgenommen sind auch weiterhin Veräußerungen von Hauptwohnsitzen. Voraussetzung hierfür ist allerdings, dass diese entweder
- seit der Anschaffung bis zur Veräußerung für mindestens zwei Jahre durchgehend als Hauptwohnsitz gedient haben und der Hauptwohnsitz aufgegeben wird, oder
- innerhalb der letzten zehn Jahre vor der Veräußerung mindestens fünf Jahre durchgehend als Hauptwohnsitz gedient haben und der Hauptwohnsitz aufgegeben wird.
Darüber hinaus besteht eine Befreiung für selbst hergestellte Gebäude, sofern diese nicht innerhalb der letzten zehn Jahre zur Erzielung von Einkünften (zB durch Vermietung) gedient haben.
Veräußerungen infolge eines behördlichen Eingriffs oder zur Vermeidung eines solchen nachweisbar unmittelbar drohenden Eingriffs, sowie Tauschvorgänge zur Zusammenlegung und Flurbereinigung, werden ebenfalls nicht von der Besteuerung erfasst.
Regelung für Altliegenschaften
Für Immobilien, die am 01.04.2012 eigentlich nicht mehr steuerverfangen waren, dh deren Verkauf aufgrund der Erfüllung der 10-jährigen Spekulationsfrist eigentlich bereits steuerfrei möglich war, gilt der besondere Steuersatz von 3,5 %. Dieser wird technisch dadurch erreicht, dass 86 % des Veräußerungspreises als abziehbare Anschaffungskosten definiert werden. Auf die verbleibenden 14 % des Veräußerungserlöses wird dann der 25%ige Steuersatz angewendet. Bezüglich dieser Regelung ist anzumerken, dass bereits namhafte Steuerexperten die Verfassungskonformität der Besteuerung von bereits steuerfreien Liegenschaften anzweifeln.
Umwidmungsabgabe
Grundstücke, die nach dem 31.12.1987 umgewidmet wurden und bislang nicht veräußert wurden, werden für Verkäufe nach dem 1. April 2012 mit einer zusätzlichen Abgabe belegt. Im Fall des Verkaufes gelten dann nämlich nur 40 % des Veräußerungserlöses als abziehbare Anschaffungskosten, 60 % unterliegen hingegen der 25%igen Besteuerung. Daraus resultiert dann eine Steuerlast von 15 %. Dabei ist aber zu betonen, dass diese Abgabe nicht im Zeitpunkt der Umwidmung, sondern erst bei Verkauf der Liegenschaft ausgelöst wird.
Umsatzsteuerliche Änderungen
Im umsatzsteuerlichen Bereich bringt das 1. Stabilitätsgesetz 2012 zwei Änderungen. Einerseits wird der Verzicht auf die Steuerbefreiung für die Vermietung von Liegenschaften (ausgenommen zu Wohnzwecken) und für Eigentümergemeinschaften (zur Erhaltung, Verwaltung und Betrieb der Liegenschaft) insoweit eingeschränkt, soweit der Leistungsempfänger (dh der Mieter) das Grundstück oder einen baulich abgeschlossenen, selbstständigen Teil des Grundstücks nahezu für Umsätze verwendet, die den Vorsteuerabzug nicht ausschließen. Der Nachweis für das Vorliegen dieser Voraussetzungen obliegt dem Unternehmer (dh dem Vermieter. Sofern der Mieter daher die Liegenschaft zur Erzielung von umsatzsteuerpflichtigen Umsätzen im Ausmaß von zumindest 95 % (seiner Gesamtumsätze) benutzt, sollen die Voraussetzungen erfüllt sein. Die Option steht aber zukünftig nicht mehr für die Vermietung an Banken, Ärzte und Versicherungen zu.
Durch die letzten Änderungen vor Gesetzeswerdung ist diese Neuregelung erst auf Miet- und Pachtverhältnisse anzuwenden, die nach dem 31.8.2012 beginnen, sofern mit der Errichtung des Gebäudes durch den Unternehmer nicht bereits vor dem 1. September 2012 begonnen wurde.
Darüber hinaus wird der Vorsteuerberichtigungszeitraum, sofern sich die umsatzsteuerlichen Verhältnisse ändern, von derzeit fünf auf nunmehr 20 Jahre ausgeweitet. Diese Regelung entfaltet in der Praxis zB dann Wirkung, wenn auf Liegenschaften zB Gebäude errichtet oder Großreparaturen vorgenommen werden, dafür der Vorsteuerabzug geltend gemacht wird, und innerhalb des Berichtigungszeitraumes die Liegenschaft dann steuerfrei verkauft werden soll. Diese Bestimmung tritt bereits mit 1. April 2012 in Kraft
Autor
MMag. Michael Petritz ist als Steuerberater bei der KPMG Austria Gruppe in Wien tätig. Seine Tätigkeitsschwerpunkte sind das Unternehmenssteuerrecht, Internationales Steuerrecht, Estate Planning sowie Gebühren- und Verkehrsteuern. Weiters ist er Univ.-Lektor an der WU-Wien. Als Autor schreibt er für Gesellschaftsrecht Online sowie das Werk „Übertragung von Unternehmen“.
www.kpmg.at