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Ulrich Wanderer | News | 03.07.2017

Übergabe von Immobilien verantwortungsvoll regeln

Gastautor Mag. Ulrich Wanderer bietet in diesem Beitrag einen guten Überblick dazu, was bei der Übergabe zu Lebzeiten oder der letztwilligen Übergabe beachtet werden sollte und wie eine Erbschaftsmediation bei Konflikten helfen kann.

Eigentum bedeutet Sicherheit …

und mit Sicherheit auch Verantwortung – Verantwortung hinsichtlich Grund und Boden, ist man EigentümerIn eines Grundstückes, aber auch Verantwortung hinsichtlich der Nachbarn, sollte man EigentümerIn einer Wohnung in einem Mehrparteienhaus sein.
 Doch geht diese Verantwortung auch weit über jene Aspekte hinaus, die beispielsweise die diversen Versicherungen bedienen können, weit über Fragen zu Schattenwurf, Immissionen, herabfallender Dachziegel oder schlicht der pünktlichen Überweisung der Betriebskosten. Auch die wohlüberlegte Weitergabe von Liegenschaften an die nächste Generation ist Teil eines gewissenhaften Umganges mit seinen Angelegenheiten.

Möglichkeiten der Übergabe zu Lebzeiten

Nun gibt es gerade bezüglich der generationenübergreifenden Weitergabe von Immobilien eine Vielzahl von Möglichkeiten und ebensolchen Aspekten, die möglicherweise zu Konflikten führen können. Wird eine Immobilie zu Lebzeiten weitergegeben, so behält sich der Übergeber oftmals ein Wohnrecht oder auch ein Fruchtgenussrecht vor, um die Wohnung beziehungsweise den Grund noch weiterhin nutzen zu können. Die neuen Eigentümer werden sich zwar grundsätzlich über die Schenkung freuen, doch zeigt die Erfahrung, dass doch das eine oder andere Missverständnis basierend auf der Inanspruchnahme des Wohnrechts die Stimmung trüben kann. Hier eine klare und unmissverständliche Regelung unter Einbeziehung der emotionalen Bedürfnisse der betreffenden Personen zu erzielen, kann das Ziel einer Mediation oder zumindest eines mediativen Gespräches sein, welches der vertragserrichtende Notar mit den Parteien führt. Je konkreter einerseits auf die finanziellen und sonstigen Notwendigkeiten der Zukunft eingegangen wird (z.B.: Betriebskosten, Steuern, Abgaben, Vertragserrichtungsgebühren, aber auch die grundsätzlichen Nutzungsmodalitäten hinsichtlich der Thermenwartung, der Instandhaltung beispielsweise der Küchengroßgeräte etc.) Was hier wie eine pingelige Auflistung von Kleinigkeiten wirkt, kann in der Zukunft den einen oder anderen Streit verhindern. In der Mediation geht der Fokus noch über die rein rechtliche Komponente hinaus und bezieht auch die Emotionen der Parteien mit ein. So kann ein Mediator beispielsweise auch nachfragen, wenn er aufgrund der Körpersprache der MediandInnen erkennt, dass sich bei dem einen oder anderen Punkt in der Zukunft vielleicht Probleme entwickeln könnten. So kann ein "wird schon funktionieren" oder "da werden wir schon einen Weg finden" ein gutes Indiz dafür sein, besser eine noch bessere Vereinbarung zu suchen.

Letztwillige Übergabe

Wird die Immobilie nicht zu Lebzeiten, sondern vielmehr erst auf den Erbwege übergeben, so geschieht dies entweder auf dem Wege des Testaments bzw einer sonstigen letztwilligen Verfügung (früher Kodizill) oder auch am Wege des gesetzlichen Erbrechts, sollte keine letztwillige Verfügung verfasst worden sein. Aus juristischer Sicht ist die Regelung der eigenen Angelegenheiten im Sinne eines Testaments zwar grundsätzlich anzuraten, kann jedoch in einigen Fällen grundsätzlich auch unterbleiben. So zum Beispiel, wenn das einzige Kind einer Witwe bzw eines Witwers ohnehin zum/-r AlleinerbIn bestellt werden soll.
Schon alleine, wenn jedoch das sachenrechtliche Schicksal einzelner Gegenstände speziell bestimmt werden soll, wenn im Rahmen eines Vermächtnisses noch letztwillige Zuwendungen erfolgen sollen oder eben gerade, wenn beispielsweise Liegenschaften einen Teil der Verlassenschaft bilden, sobald mehr als nur eine einzelne Person die Erbfolge antritt.

Ein Beispiel veranschaulicht die Materie:

Die ohne Testament verstorbene A hinterlässt neben ihrem Ehemann B noch 2 Kinder C und D und einen Bruder E.
Die Erbmasse wird durch ein Haus, welches in A´s Alleineigentum gestanden war und das schon seit Generationen in ihrer Familie gestanden war gebildet, ebenso finden sich in der Erbmasse ein Wertpapierdepot, eine Münzsammlung und das Girokonto. Ohne ein Testament würden der Ehemann und die Kinder je zu einem Drittel die Erbfolge antreten. Dies bedeutet aber noch bei weitem keine Klärung der zukünftigen Eigentumsverhältnisse. So kann zwar der Witwer im Rahmen des so genannten Vorausvermächtnisses das eheliche Haus weiterhin nutzen, doch stehen fortan auch die beiden Geschwister C und D mit ihm im Grundbuch. Ebenso würden sich die 3 die sonstigen Vermögenswerte teilen. Ein möglicher Konflikt ist hier vorprogrammiert.

Hier hätte freilich ein Testament gute Dienste geleistet. So hätte im Rahmen eines Vermächtnisses das Eigentum am Haus ungeachtet des Vorausvermächtnisses der Stammfamilie erhalten werden können, so dies der Wunsch der A gewesen wäre und der Bruder als Vermächtnisnehmer bestimmt wird. Die beträchtlichen Werte des Wertpapierdepots sowie des Kontos und der Münzen könnten einerseits die Ansprüche der Kinder bzw des Witwers befriedigen, andererseits auch die rechtlich relevanten Pflichtteile decken.

Konflikte im Rahmen einer Verlassenschaftsabhandlung

Sollten sich im Rahmen der Verlassenschaftsabhandlung dennoch Konflikte ergeben, so wäre einerseits der Notar schon kraft Gesetzes zu einem Schlichtungsversuch angehalten, andererseits bietet hier die Erbschaftsmediation eine Möglichkeit, ein langfristiges und vor allem kostenintensives strittiges Verfahren zu umgehen.
Selbst für den erstgenannten Fall, dass A ohne testamentarische Regelung verstorben wäre, kann selbst auch noch nach der Einantwortung eine Regelung hinsichtlich der Miteigentumsgemeinschaft, des Anspruches auf Basis des Vorausvermächtnisses und auch des Schicksales des Depots bzw der Münzsammlung im Rahmen einer Mediation gefunden werden. Das Ziel der Beteiligten ist klar: Einerseits soll das Andenken an die Verstorbene weiterhin hochgehalten werden und nicht im Gerichtsstreit missbraucht werden, andererseits soll auch eine klare und als gerecht empfundene Lösung der Aufteilung der Vermögenswerte erreicht werden.

Erbschaftsmediation

Mediation kann im Rahmen der letztwilligen Verfügungen sowohl dem/-r TestatorIn, wie auch den ErbInnen und VermächtnisnehmerInnen helfen. Einerseits kann im Vorfeld der Testamentserstellung ein mediiertes Gespräch dazu verhelfen, die Erwartungen, Hoffnungen und Bedürfnisse aller Beteiligten (also des/r Testators-In, der ErbInnen und der VermächtnisnehmerInnen) unter einen Hut zu bringen und so die Basis für zukünftige Konflikte zu entziehen. Andererseits können auch schon entstandene Konflikte im Rahmen einer Mediation unter Bedachtnahme auf das gemeinsame Ziel zeit- und ressourcensparend beigelegt werden.

Autor

Mag. Ulrich Wanderer

Geboren 1971 in Wien, arbeitet als Jurist und Mediator in Wien, Kärnten und Niederösterreich

Hauptaufgabengebiete als Mediator: Familienmediation, Nachbarschaftsmediation, Arbeitsplatzmediation, Erbschaftsmediation

Herausgeber des Handbuch Mediation (WEKA Verlag)

www.mediation-wanderer.at

www.erbschaftsmediation.at

Bildquelle: Robert Newald