Dokument-ID: 1065841

Anna Sophie Dalinger | News | 16.06.2020

Vorkaufsrecht als Einverleibungshindernis: Bsp KFZ-Abstellplatz

Ein Wohnungseigentümer eines Bedarfsobjekts darf während der dreijährigen Frist mehrere Abstellplätze erwerben, soweit die Zahl der auf der Liegenschaft vorhandenen und als WE-Objekte gewidmeten Abstellplätze die Zahl der Bedarfsobjekte übersteigt.

Geschäftszahl

OGH 20.02.2020, 5 Ob 223/19h

Norm

§ 5 WEG 2002

Leitsatz

Quintessenz:

Kauft ein Wohnungseigentümer (Wohnungseigentumsbewerber) eines Bedarfsobjekts zusätzlich mit einem Vorkaufsrecht belastete Miteigentumsanteile verbunden mit Wohnungseigentum an einem Kraftfahrzeug-Abstellplatz, ist eine Einverleibung seines Rechts an diesem Abstellplatz nur zulässig, wenn er die Zustimmung oder den Verzicht des Vorkaufsberechtigten nachweist.

OGH: Nach § 5 Abs 2 WEG 2002 kann Wohnungseigentum an einem Abstellplatz für ein Kraftfahrzeug bis zum Ablauf von drei Jahren nach Begründung von Wohnungseigentum an der Liegenschaft nur von einer Person oder Eigentümerpartnerschaft erworben werden, der Wohnungseigentum an einer Wohnung oder einem selbstständigen Geschäftsraum der Liegenschaft (Bedarfsobjekte) zukommt. Dabei kann ein Wohnungseigentümer mehrerer Bedarfsobjekte schon während der dreijährigen Frist eine entsprechende Mehrzahl von Abstellplätzen erwerben. Darüber hinaus kann der Wohnungseigentümer eines Bedarfsobjekts während der dreijährigen Frist mehrere Abstellplätze nur erwerben, soweit die Zahl der auf der Liegenschaft vorhandenen und als Wohnungseigentumsobjekte gewidmeten Abstellplätze die Zahl der Bedarfsobjekte übersteigt. Bei der Berechnung der überzähligen Abstellplätze ist der schriftlich erklärte Verzicht eines Wohnungseigentümers auf den ihm vorzubehaltenden Abstellplatz zu berücksichtigen. Nach Ablauf der dreijährigen Frist können auch andere Personen Wohnungseigentum an einem Abstellplatz erwerben.

Die Erwerbsbeschränkungen des § 5 Abs 2 Satz 1 und 2 WEG 2002 gelten nach der jüngeren Rechtsprechung sowohl für die erstmalige Begründung von Wohnungseigentum als auch für derivative Erwerbsvorgänge innerhalb der Dreijahresfrist. Innerhalb der dreijährigen Wartefrist ist es zulässig, an „überzähligen“ Kraftfahrzeug-Stellplätzen zugunsten des hauptverantwortlichen Wohnungseigentumsorganisators Wohnungseigentum zu begründen, auch wenn diesem sonst selbst kein selbstständiges Wohnungseigentum an der Liegenschaft zukommt. Der nachfolgende Verkauf durch den Wohnungseigentumsorganisator unterliegt jedoch den Einschränkungen des § 5 Abs 2 Satz 1 und 2 WEG 2002. 

Ein Vorkaufsrecht nach § 1072 ABGB räumt dem Berechtigten das Gestaltungsrecht ein, ein Vertragsverhältnis durch einseitige Erklärung ohne Mitwirkung des Vertragspartners zu begründen. Es beschränkt den Verpflichteten nicht in seiner Freiheit, die Sache überhaupt zu verkaufen. Wenn aber der Berechtigte sein Vorkaufsrecht ausübt, entsteht zwischen ihm und dem Verpflichteten ein Kaufvertrag, der inhaltlich mit dem „Drittvertrag“ übereinstimmt. Ein verbüchertes Vorkaufsrecht wirkt als Veräußerungsverbot, das von Amts wegen als Eintragungshindernis wahrzunehmen ist. Kauft ein Wohnungseigentümer (Wohnungseigentumsbewerber) eines Bedarfsobjekts zusätzlich mit einem Vorkaufsrecht belastete Miteigentumsanteile verbunden mit Wohnungseigentum an einem Kraftfahrzeug-Abstellplatz, ist eine Einverleibung seines Rechts an diesem Abstellplatz nur zulässig, wenn er die Zustimmung oder den Verzicht des Vorkaufsberechtigten nachweist.