Dokument-ID: 1027914

Eva-Maria Hintringer | News | 06.06.2019

WE-Begründung an einem Objekt trotz baulicher Trennung nach dem WEG 1948

Nach dem WEG 1948 und höchstgerichtlicher Rechtsprechung entscheidet die Verkehrsauffassung darüber, ob mehrere im Eigentum derselben Person stehende Räume trotz einer allfälligen baulichen Trennung ein einheitliches Wohnungseigentumsobjekt bilden.

Geschäftszahl

OGH 20.03.2019, 5 Ob 23/19x

Norm

§ 5 WEG 2002; § 1 WEG 1948

Leitsatz

Quintessenz:

Nach dem WEG 1948 und der höchstgerichtlichen Rechtsprechung entscheidet die Verkehrsauffassung darüber, ob mehrere im Eigentum derselben Person stehende Räume trotz einer allfälligen baulichen Trennung ein einheitliches Wohnungseigentumsobjekt bilden. Von einer solchen Einheitlichkeit ist bei Nebenräumen (Magazin), die sich in unmittelbarer räumlicher Nähe zu einem Geschäftsraum befinden, auszugehen.

OGH: Im Anlassfall war die Frage, ob zugunsten der klagenden Wohnungseigentümerin Wohnungseigentum nicht nur an den Geschäftsräumen, sondern auch an einem Magazin begründet wurde, nach dem WEG 1948 zu beurteilen. Durch die Übergangsbestimmung des § 58c Abs 1 WEG 2002 gilt die für Zubehörwohnungseigentum geschaffene Norm des § 5 Abs 3 WEG 2002 auch für Eintragungen vor dem 01.01.2015 und damit auch für Eintragungen nach dem WEG 1948. Folglich muss weder die Begründung von Zubehörwohnungseigentum noch dessen Übertragung im Grundbuch gesondert eingetragen werden. Voraussetzung für die Erstreckung der Eintragung des Wohnungseigentums an einem Wohnungseigentumsobjekt auch auf Zubehörobjekte ist die eindeutige Zuordnung dieser Zubehörobjekte zum Hauptobjekt durch eine klare Darstellung im Titel für die Wohnungseigentumsbegründung oder in der Urkunde über die Nutzwertermittlung oder -festsetzung.

Nach § 1 Abs 2 WEG 1948 konnten mit Wohnungen bzw Geschäftsräumen auch Keller- und Bodenräume, Hausgärten, Garagen und andere Teile der Liegenschaft im Wohnungseigentum stehen, wenn sie unmittelbar zugänglich und deutlich abgegrenzt waren. Der Rechtsprechung des OGH zufolge entscheidet die Verkehrsauffassung darüber, ob mehrere im Eigentum derselben Person stehende Räume ungeachtet ihrer vollständigen baulichen Trennung ein einheitliches Wohnungseigentumsobjekt bilden. In casu liegen sämtliche Räume im Kellergeschoss auf derselben Ebene in unmittelbarer räumlicher Nähe zueinander. Sie sind nur durch den Zugang zu den allgemeinen Parteienkellern bzw zu anderen allgemeinen Teilen der Liegenschaft voneinander getrennt. Die Verkehrsauffassung spricht somit nicht gegen die Einheitlichkeit des Objekts.

Dass die zum Wohnungseigentumsobjekt gehörenden Räumlichkeiten jedenfalls baulich verbunden sein müssten, entspricht nicht dem Wortlaut des Gesetzes oder der diesbezüglichen höchstgerichtlichen Rechtsprechung. Die bauliche Trennung einzelner Räume eines Wohnungseigentumsobjekts spricht somit zusammenfassend dann nicht gegen eine wirksame Wohnungseigentumsbegründung nach dem WEG 1948, wenn nach der Verkehrsauffassung von einem einheitlichen Wohnungseigentumsobjekt auszugehen ist. Eine wirksame Wohnungseigentumsbegründung ist daher bei Nebenräumen (Magazin) eines Geschäftsraums, die sich in unmittelbarer räumlicher Nähe befinden, anzunehmen.