Dokument-ID: 904971

WEKA (epu) | News | 06.04.2017

Zu den Voraussetzungen der Erstreckung der Wohnungseigentumseintragung vom Wohnungseigentums- auf das Zubehörobjekt

Die sachenrechtlich wirksame Begründung und Übertragung von Zubehör-Wohnungseigentum ist ohne gesonderte Grundbuchseintragung möglich, wenn bestimmte Voraussetzungen erfüllt sind. Kam es diesbezüglich zu Änderungen durch die WRN 2015?

Geschäftszahl

OGH 23. Jänner 2017, 5 Ob 162/16h

Norm

§ 5 Abs 3 WEG 2002

Leitsatz

Quintessenz:

Die sachenrechtlich wirksame Begründung und Übertragung von Zubehör-Wohnungseigentum ist ohne gesonderte Grundbuchseintragung möglich. Die Erstreckung der Eintragung des Wohnungseigentums an einem Wohnungseigentumsobjekt auf dessen Zubehörobjekte setzt aber voraus, dass sich die Zuordnung desselben aus den der Eintragung zugrundeliegenden Urkunden „eindeutig ergibt“. Dafür müssen die Zubehörobjekte planlich oder sonst wie gemäß dem Spezialitätsgrundsatz eindeutig umschrieben sein.

OGH: Ergibt sich die Zuordnung von Zubehörobjekten zum Hauptobjekt eindeutig aus dem Wohnungseigentumsvertrag oder der gerichtlichen Entscheidung jeweils im Zusammenhalt mit der Nutzwertermittlung oder -festsetzung, so erstreckt sich nach § 5 Abs 3 WEG 2002 idF der WRN, BGBl I Nr 100/2014, die Eintragung des Wohnungseigentums am Wohnungseigentumsobjekt auch auf dessen Zubehörobjekte. Dies betrifft auch vor dem 01.01.2015 vorgenommene Eintragungen und gilt für die erstmalige Begründung, den derivativen Erwerb von Wohnungseigentum sowie die Übertragung eines Zubehörobjekts von einem Wohnungseigentumsobjekt an ein anderes.

Zubehör-Wohnungseigentum kann somit sachenrechtlich wirksam ohne gesonderte Eintragung im Grundbuch begründet und übertragen werden, auch wenn die dingliche Wirksamkeit einer solchen Übertragung die Nachvollziehbarkeit des Übertragungsvorganges im Grundbuch erfordert. Letzteres erfolgt zumindest die Aufnahme der Titelurkunde in die Urkundensammlung und das Aufscheinen der zugehörigen Tagebuchzahl.
 § 5 Abs 3 WEG 2002 erfasst auch Kfz-Abstellplätze, an denen nach früherer Rechtslage wirksam Zubehör-Eigentum begründet wurde, obwohl seit Inkrafttreten des WEG 2002 nur mehr selbstständiges Wohnungseigentum an Kfz-Abstellplätzen begründet werden kann. Die Zubehöreigenschaft solcher Abstellplätze bleibt aufrecht.

Die Erstreckung der Eintragung des Wohnungseigentums an einem Wohnungseigentumsobjekt auf dessen Zubehörobjekte erfordert jedoch, dass sich deren Zuordnung aus den der Eintragung zugrundeliegenden Urkunden „eindeutig ergibt“; was darunter zu verstehen ist, ist in den Erläuterungen zur Regierungsvorlage festgehalten.

Unter Hinweis auf den Wortlaut des § 5 Abs 3 WEG 2002 und die Erläuterungen zur Regierungsvorlage schließt sich das Schrifttum einhellig dem Standpunkt an, dass für die Erstreckung der Eintragung des Wohnungseigentums auf das Zubehörobjekt die eindeutige Zuordnung durch eine eindeutige Darstellung im Titel für die Wohnungseigentumsbegründung oder in der Urkunde über die Nutzwertermittlung oder -festsetzung erforderlich sei und verneint das Ausreichen pauschaler Hinweise (auf die Art des Zubehörs) ohne weitere Individualisierung. Die Zubehörobjekte müssen somit planlich oder sonst wie gemäß dem sachenrechtlichen Spezialitätsgrundsatz eindeutig umschrieben sein.
 Nach den Gesetzesmaterialien entsteht kein Zubehör-Wohnungseigentum, wenn es an einer solchen Zuordnung durch die der Eintragung zugrunde liegenden Urkunden mangelt oder sie zweifelhaft ist bzw einander diesbezüglich die Urkunden widersprechen. Die fraglichen Flächen und Räume bleiben in diesem Fall allgemeine Teile der Liegenschaft.

Das Gesetz selbst stellt die Tatbestandsvoraussetzung der eindeutigen Zuordnung und die daraus resultierende Notwendigkeit einer zweifel- und widerspruchsfreien Spezifikation durch planliche Darstellung oder sonstige konkrete Beschreibung derart eindeutig auf, dass nur eine Möglichkeit der Auslegung ernstlich in Betracht kommt und keine Auslegungszweifel bestehen können. Ist die Lösung der maßgeblichen Rechtsfrage aber selbstverständlich und kommt nur die gerichtlich bereits getroffene Auslegung ernsthaft infrage, besteht keine erhebliche Rechtsfrage iSd § 502 Abs 1 ZPO, auch wenn diese Frage höchstgerichtlich noch nicht explizit beantwortet wurde.

Im vorliegenden Fall hatten sowohl Klägerin als auch Beklagte Miteigentum an einer Liegenschaft bei der Klägerin verbunden mit Wohnungseigentum an der Wohnung Top 1, bei der Beklagten mit Wohnungseigentum an der Wohnung Top 6. Strittig war die Zuordnung eines Kfz-Stellplatzes (in einem Lageplan mit der Nummer 1/01 bezeichnet). Die Klägerin begehrte die Feststellung ihres Zubehör-Wohnungseigentums des Parkplatzes sowie die Unterlassung von dessen Benutzung durch die Beklagte oder ihre Mieter. Das Nutzwertgutachten aus dem Jahr 1991 und der zugehörige Plan ordne den Parkplatz ihrer Wohnung zu und seit der WRN 2015 beziehe sich die Eintragung von Wohnungseigentum an einem wohnungseigentumsfähigen Objekt automatisch auf sein Zubehör, soweit sich aus dem Nutzwertgutachten eindeutig die Zubehöreigenschaft ergebe. Die Beklagte habe ihr anlässlich des Kaufs der Wohnung den falschen Kfz-Abstellplatz als ihrer Wohnung zugehörig gezeigt, nämlich jenen, der eigentlich einer (der Beklagten gehörigen) Wohnung zugewiesen sei und die Nummer 1/06 trage, jedoch mit der Nummer „1“ versehen worden war. Nachbarn hätten sie erst darauf hingewiesen, dass ihrer Wohnung nicht dieser, sondern der Platz 1/01. Die Mieterin der Beklagten beanspruche aktuell den Parkplatz 1/01, die Beklagte beharre auf seiner angeblichen Zuweisung zu ihrer Wohnung.

Die Beklagte wiederum argumentierte, der Beschluss über die Nutzwertfeststellung bezeichne die Stellplätze nicht, daher könne daraus keine Zuordnung eines konkreten Stellplatzes zu einer bestimmten Wohnung abgeleitet werden. Im Beschluss seien weiters keine Pläne enthalten. In einer Eigentümerversammlung sei 1991 – noch vor Bezug der Wohnungen und Begründung des Wohnungseigentums – mit Zustimmung der Wohnungseigentumsorganisatorin und aller übrigen Wohnungseigentümer zwischen der Beklagten und der damaligen Wohnungseigentümerin der nunmehrigen Wohnung der Klägerin der Tausch ihrer Parkplätze vereinbart worden. Diese seien als allgemeine Teile der Liegenschaft und die Vereinbarung als Benützungsvereinbarung anzusehen, womit die Beklagte im Rechtsbesitz des Parkplatzes Nummer 1 stünde. Diese Rechtslage sei auch durch die WRN 2015 nicht modifiziert worden; selbst bei Bejahung einer eindeutigen Zuordnung sei es zur Übertragung des Zubehöreigentums gekommen.

Damit war im Endeffekt die Eindeutigkeit der Zuordnung zum Hauptobjekt in den der Eintragung zugrunde liegenden Urkunden fraglich. Diese kann nur nach den konkreten Umständen des Einzelfalls beurteilt werden und hatte somit keine über diesen hinausgehende Bedeutung.

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