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Zum Vollausnahmetatbestand des Zweiobjektehauses bei der Errichtung von Superädifikaten
Gastautor Mag. Roman Reßler erläutert anhand einer aktuellen Entscheidung, was es bei der Errichtung eines Superädifikats zu beachten gilt. Es ist Vorsicht geboten, in manchen Fällen entfällt der Vollausnahmetatbestand gem § 1 Abs 2 Z 5 MRG.
Nachdem die Vermietung einer Grundfläche für die Errichtung eines Superädifikats für die Verwendung zu Wohn- oder Geschäftszwecken mit der Raummiete gemäß § 1 MRG gleichzusetzen ist, sind auch die Vollausnahmebestimmungen gemäß § 1 Abs 2 sowie der Teilanwendungsbereich des MRG analog heranzuziehen. Im gegenständlichen Fall liegt bei der Errichtung eines Superädifikats (Gebäude auf fremdem Grund) in Form eines Einobjektehauses, das zum Betrieb eines Gastgewerbes errichtet wurde, eine Vollausnahme gemäß § 1 Abs 2 Z 5 MRG vor.
Aktuelle Entscheidung
Der Entscheidung des OGH mit der Geschäftszahl 4 Ob 157/18v lag folgender Sachverhalt zugrunde:
Die Klägerin schloss als Grundeigentümerin mit der Beklagten als Pächterin im Jahr 2016 einen Pachtvertrag an einem Grundstück samt Superädifikat zum Betrieb eines Gastgewerbes während der Sommermonate ab. Das auf unbestimmte Zeit begründete Bestandverhältnis sollte von beiden Teilen unter Einhaltung einer sechsmonatigen Kündigungsfrist zum Ende eines jeden Kalendermonats gekündigt werden können.
In der Folge kündigte die Klägerin (Verpächterin) den Bestandvertrag zum 31.10.2017 gerichtlich auf. Das Erstgericht erkannte die Aufkündigung für rechtswirksam und begründete seine Ansicht damit, dass selbst für den Fall, dass das MRG für Superädifikate bzw die gegenständliche Fläche analog anzuwenden wäre, von der Vollausnahmebestimmung des § 1 Abs 2 Z 5 MRG auszugehen sei, da im gegenständlichen Fall ein Objekt mit nicht mehr als zwei Geschäftsräumlichkeiten vorliege. Demnach bedürfe es keines wichtigen Grundes gemäß § 30 MRG.
Das Berufungsgericht bestätigte die Entscheidung des Erstgerichtes und ließ die ordentliche Revision an den OGH deshalb zu, weil zur Frage unter welchen Voraussetzungen eine analoge Anwendung der Kündigungsschutzbestimmungen auf nach dem 31.12.2001 abgeschlossene Mietverhältnisse über „Superädifikats-Freiflächen“ keine höchstgerichtliche Rechtsprechung vorliege.
OGH zur Errichtung eines Superädifikats
In seiner rechtlichen Begründung führte das Höchstgericht zunächst aus, dass die Miete von unbebauten Flächen als solche nicht in den Geltungsbereich des MRG fällt. In der Folge verwies es auf die ständige Rechtsprechung, wonach aufgrund der Schutzbedürftigkeit des Mieters das MRG auf die Vermietung von Grundstücken zwecks Errichtung eines Superädifikats zu Wohn- oder Geschäftszwecken und damit auch die Kündigungsschutzbestimmungen analog anzuwenden sind. Nach der Judikatur fallen unter den Begriff Geschäftsräumlichkeiten auch dreidimensional abgeschlossene, geschäftlichen Zwecken dienende Gebilde. So hat der OGH auch eine Schirmbar mit Windverglasung als Geschäftsräumlichkeit qualifiziert. Demnach ist ein „Hütterl“ auf einem fremden Grundstück in Teichnähe als Geschäftsräumlichkeit zu qualifizieren.
Die Gleichstellung der Vermietung einer Grundfläche zwecks Errichtung eines Superädifikats zu Wohn- oder Geschäftszwecken mit der Raummiete nach § 1 MRG bedeutet, dass auch die Voll- und Teilausnahmebestimmungen des § 1 Abs 2 bis 4 MRG zu berücksichtigen sind. Nach dem Sachverhalt befinden sich auf dem fremden Grundstück ein Hütterl und lediglich zwei WC-Container, die keine eigene Geschäftsräumlichkeit darstellen, und somit von einem Einobjektehaus auszugehen ist. Damit liegt nach Ansicht des OGH ein Vollausnahmetatbestand des § 1 Abs 2 Z 5 MRG vor.
In weiterer Folge begründete er seine Rechtsansicht damit, dass schon durch die Entscheidung 6 Ob 88/05t festgehalten wurde, dass aufgrund der Wohnrechtsnovelle 2001 Ein- oder Zweiobjektehäuser von der Anwendung der Bestimmung des MRG vollständig ausgenommen wurden. Demnach fallen auch derartige Häuser als Superädifikate nicht mehr in die Kündigungsschutzbestimmungen des § 30 MRG. Diese Ansicht wurde auch in der Literatur überwiegend bejaht (zuletzt immolex 2017,122).
Fazit
Bei der Inbestandgabe von unbebauten Grundstücken zwecks Errichtung eines Gebäudes ist höchste Vorsicht geboten. Wenn auch im gegenständlichen Fall von einer Vollausnahme des MRG auszugehen ist, sind sich Bestandgeber und Bestandnehmer im Zeitpunkt der Errichtung des Bestandvertrages zwecks Errichtung eines Superädifikats oftmals nicht im Klaren, wie viele Wohnungen im gegenständlichen Gebäude errichtet werden sollen. Selbst für den Fall, dass anfänglich nur ein Zweiobjektehaus errichtet worden ist, wird bei der Errichtung eines Zubaus, der für eigene Wohnzwecke genutzt werden soll, spätestens in diesem Zeitpunkt die Vollausnahme des § 1 Abs 2 Z 5 MRG vernichtet und somit die Kündigungsschutzbestimmungen des § 30 MRG anzuwenden sein. Aus der Sicht des Bestandgebers wird es daher unumgänglich sein eine längere als zumindest drei Jahre dauernde Befristung einzugehen.
Autor
Mag. Roman Reßler ist Rechtsberater im Zentralverband Haus und Eigentum. Schon während seines Studiums war er als Eigentümer von Liegenschaften mit Fragen des Miet- und Wohnrechts beschäftigt. Nach Absolvierung des rechtswissenschaftlichen Studiums und des Gerichtsjahres mit dem Schwerpunkt „Wohnrecht“ sammelte er weitere praktische Erfahrungen in einer Hausverwaltung. Im Jahre 2001 begann er seine Tätigkeit als Rechtsberater im Zentralverband Haus und Eigentum, wo er für die persönliche Mitgliederberatung verantwortlich ist.
Neben seiner Tätigkeit als Rechtsberater verfasst er auch juristische Fachartikel in der monatlich erscheinenden Mitgliederzeitung „Haus & Eigentum“.