Dokument-ID: 916817

WEKA (epu) | News | 10.05.2017

Zur Verjährung des Ersatzanspruchs nach § 8 Abs 3 MRG bei längerfristiger Beeinträchtigung des Mietrechts

§ 8 Abs 3 MRG umfasst auch den durch Eingriffe des Vermieters in das Benützungsrecht aufgrund von Arbeiten nach § 8 Abs 2 MRG entstehenden Verdienstausfall eines Geschäftsraummieters.Wann verjährt in casu der Anspruch?

Geschäftszahl

5 Ob 206/16d; OGH; 1. März 2017

Norm

§ 8 Abs 3 MRG

Leitsatz

Quintessenz:

§ 8 Abs 3 MRG umfasst auch den durch Eingriffe des Vermieters in das Benützungsrecht aufgrund von Arbeiten nach § 8 Abs 2 MRG entstehenden Verdienstausfall eines Geschäftsraummieters. Grundsätzlich verjährt dieser Anspruch innerhalb von drei Jahren. Entsteht der Schaden jedoch aus laufender Beeinträchtigung des Benützungsrechts, handelt es sich dabei um eine fortgesetzte Schädigung, die jeweils einen (täglich) neuen Fristenlauf begründet.

OGH: Der Entschädigungsanspruch des Mieters nach § 8 Abs 3 MRG für wesentliche Beeinträchtigungen betrifft grundsätzlich auch einen etwaigen Verdienstausfall. Ein solcher wurde im vorliegenden Fall von der Mieterin eines Geschäftslokals geltend gemacht, nachdem sie dieses aufgrund durch die Vermieterin beauftragter Arbeiten an einer Zwischendecke fast zwei Monate lang schließen musste.

In casu stellte sich die Frage, ob der Entschädigungsanspruch im Zeitpunkt der Geltendmachung bereits verjährt war. Ein solcher Anspruch nach § 8 Abs 3 MRG unterliegt der kurzen Verjährungsfrist von drei Jahren ab Kenntnis von Schaden und Schädiger. Bereits eingetretene und aus demselben Schadensereignis voraussehbare künftige Schäden (Teil-[folge-]schäden) bilden verjährungsrechtlich eine Einheit (gemäßigte Einheitstheorie), sodass die Folgeschäden keinen gesonderten Fristenlauf auslösen. Ihrer Verjährung ist grundsätzlich mit einer Feststellungsklage innerhalb der Verjährungsfrist entgegenzutreten; im gegebenen Kontext ist allerdings weder die Subsumtion eines Feststellungsbegehrens unter § 8 Abs 3 MRG möglich, noch ist ein solches im Katalog des § 37 Abs 1 MRG enthalten.

Ist der Schadenseintritt bereits vorhersehbar, jedoch bisher noch kein Schaden eingetreten, beginnt der Lauf der kurzen Verjährung von Ersatzansprüchen (§ 1489 Satz 1 ABGB) nach Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs nicht vor dem tatsächlichen Schadenseintritt zu laufen. Des Weiteren erklärte der erkennende Senat in einer OGH-Entscheidung die Ansicht für plausibel, die Verjährungsfrist für einen Anspruch nach § 8 Abs 3 MRG, der sich auf bestimmte Rechnungen stützt, die anlässlich der Schadensbehebung zu begleichen sind, beginne spätestens mit Ausstellung dieser Rechnungen zu laufen.

Liegt eine fortgesetzte Schädigung vor, beginnt nach hA der Fristenlauf für die Verjährung des Ersatzes des Erstschadens mit Kenntnis des Geschädigten von ebendiesem. Für jede weitere Schädigung beginnt ab dem Zeitpunkt, in welchem der Geschädigte Kenntnis von ihr erlangt, eine eigene Verjährungsfrist zu laufen. Er muss also ausnahmsweise nicht innerhalb von drei Jahren nach Eintritt und Kenntnis des Erstschadens eine Feststellungsklage einbringen, um seinen Ersatzanspruch für künftige Schäden zu wahren. Das gilt selbst im Falle der Vorhersehbarkeit der weiteren Schäden.

Werden fortdauernde Verpflichtungen verletzt – etwa solche aus einem Dauerschuldverhältnis –, ist die Annahme einer fortgesetzten Schädigung möglich. Eine solche wurde bereits bei Nichterfüllung eines Bestandvertrags durch Unterlassen der Übergabe einer Wohnung bejaht.

Im konkreten Fall wurde der Ausgleich des Verdienstentgangs aufgrund eines laufenden Eingriffs in das Benützungsrecht der Antragstellerin aus dem Bestandvertrag (vgl § 1096 Satz 1, § 1098) begehrt. Bei Schäden, die aus der laufenden Beeinträchtigung dieses Rechts des Bestandnehmers im Sinn des § 8 Abs 3 MRG resultieren, handelt es sich um eine fortgesetzte Schädigung, die jeweils einen (täglich) neuen Beginn der entsprechenden Verjährungsfrist begründet. Ersatzansprüche nach § 8 Abs 3 MRG, welche die letzten drei Jahre vor Einbringung des Sachantrags bei der Schlichtungsstelle betrafen, waren daher noch nicht verjährt.

Der Anregung eines Antrags auf Normenkontrolle aufgrund verfassungsrechtlicher Bedenken gegen § 8 Abs 3 MRG seitens der Vermieterin war nicht zu folgen. Die Bestimmung normiert eine Eingriffshaftung, die als Rechtsinstitut auch in anderen Bereichen anerkannt ist. Sie soll in einem, hier sozial besonders sensiblen Bereich zur möglichst einfachen Entschädigung des in seinen Rechten Betroffenen führen und folgt damit einem legitimen Normzweck.

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