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Maximilian Zirm - Nadine Wimmer | News | 20.06.2017

Haftung von Hausverwaltungen – Entscheidungen der letzten Jahre

RA Dr. Maximilian Zirm und Mag. Nadine Wimmer stellen in ihrem Beitrag übersichtlich die wichtigsten Entscheidungen zum Thema dar, z. B. zur Haftung des Hausverwalters für Folgen unrichtiger Abrechnungen.

Das WEG hat die Selbstverwaltung der Miteigentümer als Normalfall konzipiert. In der Praxis werden jedoch häufig Hausverwaltungen bestellt, welche in Vertragsbeziehung zur Wohnungseigentümergemeinschaft stehen und nicht zu den einzelnen Wohnungseigentümern (5 Ob 265/04p). Es sind aber nicht nur die Interessen der Wohnungseigentümergemeinschaft zu wahren, sondern auch die Interessen jedes einzelnen Wohnungseigentümers und treffen den Hausverwalter auch nach Auflösung des Verwaltervertrags noch Pflichten (vgl 5 Ob 149/10p).

Haftungdes Verwalters allgemein

Der Verwalter ist verpflichtet und befugt, alle Maßnahmen, die zur Erhaltung und Verwaltung der verwalteten Liegenschaft dienen, zu besorgen. Maßnahmen der ordentlichen Verwaltung kann und muss der Verwalter somit auch ohne Beschlüsse der Eigentümergemeinschaft nach eigenem pflichtgemäßen Ermessen selbstständig setzen (stRsp 5 Ob 144/05w). Der Verwalter fungiert als handlungs- und vertretungsbefugtes Organ der Eigentümergemeinschaft, weshalb die Verwalterhandlungen ebenso wie deren Unterlassung der Eigentümergemeinschaft zuzurechnen sind. Der Verwalter ist folglich gegenüber der Eigentümergemeinschaft für Pflichtverletzungen schadenersatzrechtlich verantwortlich (vgl § 20 Abs 8 WEG; 3 Ob 165/14g).

Jedoch ist auch eine unmittelbare Haftung des Verwalters gegenüber den einzelnen Wohnungseigentümern auf der Grundlage des Verwaltungsvertrags als Vertrag mit Schutzwirkung zugunsten Dritter möglich.

Haftung des Hausverwalters für Folgen unrichtiger Abrechnungen (3 Ob 102/14t)

Die Hausverwaltung erstellte eine Schluss-/Stichtagsabrechnung, wonach eine Dachdeckerrechnung nicht bezahlt und Betriebskosten nicht geleistet worden sind. Auf dieser Basis veranlasste die Klägerin (Käuferin des WE-Objekts), dass der von ihr erlegte restliche Kaufpreis von Euro 50.000,– nicht an den Verkäufer (Voreigentümer) ausbezahlt wurde, weil die Liegenschaft entgegen der Vereinbarung (mit dem Verkäufer) nicht lastenfrei war. Da die Abrechnung aber Großteils unrichtig war, unterlag die Klägerin in dem vom Verkäufer angestrengten Verfahren auf Zahlung des restlichen Kaufpreises. Die Klägerin forderte folglich von dem beklagten Verwalter Schadenersatz (Ersatz von Prozesskosten sowie Zinsschadens) aufgrund der falschen Abrechnung.

Die gegenüber den einzelnen Wohnungseigentümern entsprechenden Sorgfaltspflichten des Verwalters gelten insbesondere im Zusammenhang mit der Erstellung von Abrechnungen.

Die Zahlungspflicht für allfällige sich aus der Abrechnung ergebende Nachzahlungen gemäß § 34 Abs 4 letzter Satz WEG trifft denjenigen, der zum Zeitpunkt der Fälligkeit der Nachzahlung (grundbücherlicher) Eigentümer des betreffenden WE-Objekts ist. Ein allfälliger Ausgleich zwischen alten und neuen Wohnungseigentümer muss deshalb in dem der Veräußerung zugrundeliegenden Vertrag (inter partes) erfolgen. Die Verhinderung von diesbezüglichen Streitigkeiten und deren allfällige Kostenfolgen fällt daher auch in den Schutzbereich der wohnungseigentumsrechtlichen Abrechnungsnormen.

Der Hausverwalter haftet für Schäden, die einem Wohnungseigentümer durch eine unrichtige oder unterlassene Abrechnung entweder nach § 20 Abs 3 (ordentliche und richtige Abrechnungspflicht) oder § 31 Abs 3 WEG (Rechnungslegungs- und Herausgabepflicht zur Rücklage) durch einen im Vertrauen auf die Richtigkeit und Vollständigkeit der Abrechnung geführten Prozess mit seinem Rechtsvorgänger im Wohnungseigentum entstanden sind. Behält also wie im gegenständlichen Fall ein zum Zeitpunkt der Erstellung der unrichtigen Abrechnung bereits einverleibter Käufer (und Wohnungseigentümer) aufgrund vertraglicher Vereinbarungen einen Teil des Kaufpreises wegen aus der Abrechnung vermeintlicher Beitragsschulden des Verkäufers ein, ist der Verwalter schadenersatzpflichtig.

Schutzpflicht des Verwalters – Haftung aufgrund Untätigkeit (6 Ob 3/14f)

Thema einer Eigentümerversammlung war die Sanierung einer Wohnung und es vertraten die fachkundigen Miteigentümer die Ansicht, dass die Mängel (Feuchtigkeit und Schimmel) auf einen nicht sach- und fachgerechten Ausbau zurückzuführen sind. Infolge Untätigkeit des beklagten Verwalters begehrten die Kläger und Wohnungseigentümer der gegenständlichen sanierungsbedürftigen Wohnung vom beklagten Verwalter die Kosten für die Trockenlegung und Sanierung der Wohnung.

Die Schutzpflicht des Verwalters, die gemeinschaftsbezogenen Interessen aller Wohnungseigentümer zu wahren (vgl § 20 Abs 1 WEG), verpflichtet den Verwalter auch, auf die Wahrung der Minderheitsrechte durch die Gemeinschaft hinzuwirken und dabei gegebenenfalls eine die Pflichten der Gemeinschaft missachtende und daher rechtswidrige Weisung zu übergehen. Der Verwalter darf auch nicht untätig bleiben, wenn die Mehrheit die Durchführung bestimmter Erhaltungsarbeiten, die ein Wohnungseigentümer offensichtlich berechtigterweise verlangt, ablehnt, weil sie die Auffassung vertritt, es handelt sich um Arbeiten, die der einzelne Wohnungseigentümer aus Eigenem finanzieren sollte.

Dem Verwalter kann aber keine schiedsgerichtliche Kompetenz unter den Wohnungseigentümern zugeteilt werden. Bei unklarer Sach- oder Rechtslage hat der Verwalter daher den Wohnungseigentümer auf die Geltendmachung seiner Minderheitsrechte zu verweisen und haftet er nur bei Verschulden für seine Säumigkeit. Dabei gilt zwar der Sorgfaltsmaßstab des § 1299 ABGB, jedoch ist der Verwalter kein Sachverständiger für schwierige Rechtsfragen oder bautechnische Fragen.

Im gegenständlichen Fall lag in der Verneinung einer Handlungspflicht in Folge der unklaren Situation kein (haftungsbegründendes) Verschulden des Verwalters.

Vgl weiters dazu 5 Ob 265/04p: Die Interessen eines durch einen Mehrheitsbeschluss im Rahmen der außerordentlichen Verwaltung Überstimmten sind etwa nach Ansicht des OGH in den Schutzbereich des Verwaltungsvertrags zwischen dem Verwalter und der Eigentümergemeinschaft einbezogen.

Zahlungspflicht einer einmaligen Sondervorschreibung – Haftung für „verlorenes“ Vorzugspfandrecht (5 Ob 175/16w)

Bei der Vorschreibung eines einmaligen Beitrags zur Rücklage zwecks Finanzierung eines bestimmten Erhaltungsaufwands („Sonderumlage“) ist derjenige Wohnungseigentümer zahlungspflichtig, der zum Zeitpunkt der Fälligkeit im Grundbuch als Eigentümer eingetragen ist.

Beim grundbücherlichen Eigentümer und Schuldner der Sondervorschreibung kann gemäß § 27 WEG ein Vorzugspfandrecht eingetragen werden. Die Eigentümergemeinschaft kann in einem solchen Fall der „Sonderumlage“ aber oft auch überraschend einem Schuldner gegenüberstehen, der nicht mehr Wohnungseigentümer ist (weil das WE-Objekt veräußert wurde), und verliert damit gleichzeitig den Vorteil des Vorzugspfandrechtes gemäß § 27 WEG. Ist der Schuldner der Sondervorschreibung zum Zeitpunkt der Klage nämlich nicht mehr grundbücherlicher Eigentümer, so kann ein Vorzugspfandrecht nicht mehr eingetragen werden (vgl immolex 2001/105).

Den Verwalter treffen diesbezüglich daher erhöhte Sorgfaltspflichten, wenn er von einem bevorstehenden Eigentümerwechsel erfährt. Um die Haftung für ein „verlorenes“ Vorzugspfandrecht zu vermeiden, hat er umgehend nach Fälligkeit der Sondervorschreibung die Klage samt Antrag auf Anmerkung im Grundbuch gemäß § 27 WEG noch möglichst gegen den „alten“ Wohnungseigentümer einzubringen. Bringt der Verwalter die Klage nicht vor Einlangen des Einverleibungsgesuchs eines Dritten (Erwerbers) bei Gericht ein, geht das Vorzugspfandrecht verloren, was Haftungsfolgen für den Verwalter nach sich ziehen kann.

Hausbetreuung im Winterdienst – Haftung von Hausverwaltungen (3 Ob 136/12i)

Der Kläger und Mieter stürzte im Jänner 2010 auf dem Parkplatz der Wohnhausanlage. Die Besorgung des Winterdiensts hatte der Verwalter vertraglich einem selbstständigen Unternehmer übertragen.

Der Verwalter oder die Eigentümergemeinschaft haften nach Stürzen von Fußgängern auf schnee- oder eisbedeckten Außenflächen grundsätzlich nur deliktisch für die Verletzung der ihnen im Rahmen der Verwaltung obliegenden Wegesicherungspflichten. Neben einer Haftung für Besorgungsgehilfen kommt dabei insbesondere ein Organisations-, Auswahl- oder Überwachungsverschulden in Betracht, wenn der Winterdienst auf einen selbstständigen Unternehmer ausgelagert wurde. Neben einem eigenen Verschulden des Verwalters ist auch ein Kausalzusammenhang zwischen einer (Überwachungs-)Pflichtverletzung und dem konkreten Schaden erforderlich.

Im gegenständlichen Fall fehlte es allerdings an einem Organisations-, Auswahl- oder Überwachungsverschulden des Verwalters.

Vgl weiters dazu: Zirm/Männl, Die Haftung bei unzureichendem Winterdienst, WEKA Wohnrecht online

Zusammenfassung

Diese Entscheidungen zeigen, dass Hausverwaltungen mit verschiedenen Haftungsfällen konfrontiert werden können. So ist nicht nur eine Schadenersatzpflicht gegenüber der Eigentümergemeinschaft für Pflichtverletzungen des Verwalters möglich, sondern auch eine unmittelbare Haftung des Verwalters gegenüber den einzelnen Wohnungseigentümern und noch nach Auflösung des Verwaltungsvertrags hinaus.

Autoren

Dr. Maximilian Zirm

Dr. Maximilian Zirm, LL.M. ist Partner und Rechtsanwalt der Gabler Gibel & Ortner Rechtsanwälte in Wien, einer Kanzlei mit den Spezialgebieten Immobilien- und Wirtschaftsrecht.

Weiters ist er als Referent für den Weka-Verlag und als Lektor an der Fachhochschule Wiener Neustadt tätig und Autor von wissenschaftlichen Publikationen.

Mag. Nadine Wimmer

Mag. Nadine Wimmer ist seit Mai 2015 Rechtsanwaltsanwärterin bei Gabler Gibel & Ortner Rechtsanwälte in Wien und Autorin von wissenschaftlichen Publikationen.

www.gabler-gibel.com