Dokument-ID: 1088205

Vorschrift

Landarbeitsgesetz 2021 (LAG)

Inhaltsverzeichnis

Unterabschnitt 20f
Gesundheitsüberwachung

§ 240. Eignungs- und Folgeuntersuchungen sowie sonstige besondere Untersuchungen

idF BGBl. I Nr. 78/2021 | Datum des Inkrafttretens 01.07.2021

(1) Mit Tätigkeiten, bei denen die Gefahr einer Berufskrankheit besteht, und bei denen einer arbeitsmedizinischen Untersuchung im Hinblick auf die spezifische mit dieser Tätigkeit verbundene Gesundheitsgefährdung prophylaktische Bedeutung zukommt, dürfen Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer nur beschäftigt werden, wenn

  1. vor Aufnahme der Tätigkeit eine solche Untersuchung durchgeführt wurde (Eignungsuntersuchung) und
  2. bei Fortdauer der Tätigkeit solche Untersuchungen in regelmäßigen Zeitabständen durchgeführt werden (Folgeuntersuchungen).

(2) Abs. 1 gilt weiters für Tätigkeiten, bei denen häufiger und länger andauernd Atemschutzgeräte (Filter- oder Behältergeräte) getragen werden müssen, für Tätigkeiten unter Einwirkung von den Organismus besonders belastender Hitze sowie für Tätigkeiten mit gesundheitsgefährdender Lärmeinwirkung hinsichtlich der Hörfähigkeit.

(3) Wenn im Hinblick auf die spezifische mit einer Tätigkeit verbundene Gesundheitsgefährdung nach arbeitsmedizinischen Erkenntnissen besondere ärztliche Untersuchungen geboten erscheinen, müssen Arbeitgeberinnen und Arbeitgeber dafür sorgen, dass Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer, die eine solche Tätigkeit ausüben oder ausüben sollen, sich auf eigenen Wunsch vor Aufnahme dieser Tätigkeit sowie bei Fortdauer der Tätigkeit in regelmäßigen Zeitabständen einer solchen besonderen Untersuchung unterziehen können.

(4) Die Kosten der Untersuchungen nach Abs. 1 bis 3 sind von den Arbeitgeberinnen und Arbeitgebern zu tragen. Die Kosten für Untersuchungen nach Abs. 3 sind dann nicht von ihnen zu tragen, wenn sie auf Kosten eines Versicherungsträgers erfolgen. Sofern es sich jedoch um Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer handelt, bei denen infolge der Art der Einwirkung die Gefahr besteht, dass sie an einer Berufskrankheit im Sinne der sozialversicherungsrechtlichen Vorschriften erkranken, haben die Arbeitgeberinnen und Arbeitgeber gegenüber dem zuständigen Träger der Unfallversicherung Anspruch auf Ersatz der Kosten dieser ärztlichen Untersuchungen. Dies gilt auch für Eignungsuntersuchungen, die unmittelbar vor Aufnahme einer Tätigkeit durchgeführt werden, die Unfallversicherungspflicht auslöst.

(5) Der zuständige Träger der Unfallversicherung hat den Arbeitgeberinnen bzw. Arbeitgebern die Kosten der ärztlichen Untersuchungen, die gemäß Abs. 4 zweiter und dritter Satz vorgenommen werden, zu ersetzen.

(6) Die Höhe des Kostenersatzes wird durch einen privatrechtlichen Vertrag geregelt, welcher für die Träger der Unfallversicherung mit deren Zustimmung durch den Dachverband der Sozialversicherungsträger mit der Österreichischen Ärztekammer abzuschließen ist. Der Vertrag bedarf zu seiner Rechtsgültigkeit der schriftlichen Form. Im Übrigen gelten die Bestimmungen des Sechsten Teils des ASVG sinngemäß.

(7) Der zuständige Träger der Unfallversicherung ist berechtigt, mit ermächtigten Ärztinnen und Ärzten die direkte Verrechnung der Kosten von Untersuchungen nach Abs. 4 zweiter und dritter Satz zu vereinbaren.

(8) Die zuständigen Träger der Unfallversicherung sind berechtigt, die sachliche und rechnerische Richtigkeit der Kosten von Untersuchungen nach Abs. 5 stichprobenartig bei den ermächtigten Ärztinnen und Ärzten zu überprüfen. Die ermächtigten Ärztinnen und Ärzte haben in diesem Zusammenhang Auskünfte im erforderlichen Umfang nach Maßgabe des Abs. 5 zu erteilen. Das Vorliegen der Voraussetzungen für eine Auskunftserteilung ist der betreffenden ermächtigten Ärztin bzw. dem betreffenden ermächtigten Arzt gegenüber glaubhaft zu machen.

(9) Auskünfte im Sinne des Abs. 8 dürfen nur insoweit in personenbezogener Form erteilt werden, als dies der Zweck der im Einzelfall vorgenommenen Überprüfung unbedingt erfordert. Medizinische Daten, insbesondere die Diagnose, dürfen nur einer ordnungsgemäß ausgewiesenen Ärztin bzw. einem ordnungsgemäß ausgewiesenen Arzt des zuständigen Trägers der Unfallversicherung bekannt gegeben werden. Dies gilt auch für jede weitere Übermittlung innerhalb der Organisation des zuständigen Trägers der Unfallversicherung hinsichtlich der Daten, die in einer Auskunft im Sinne des Abs. 4 enthalten sind.

(10) Die untersuchenden Ärztinnen und Ärzte müssen Arbeitsmedizinerinnen oder Arbeitsmediziner (§ 247 Abs. 1) und nach § 56 ASchG für die jeweiligen Untersuchungen ermächtigt sein, wenn für die Untersuchung eine Ermächtigung vorgesehen ist. Sie haben bei Durchführung von Eignungs- und Folgeuntersuchungen nach folgenden Grundsätzen vorzugehen:

  1. die Untersuchungen sind nach einheitlichen Richtlinien durchzuführen und zu beurteilen;
  2. die Ergebnisse der Untersuchungen sind in einem Befund festzuhalten;
  3. es hat eine Beurteilung zu erfolgen („geeignet“, „nicht geeignet“);
  4. wenn die Beurteilung auf „geeignet“ lautet, aber eine Verkürzung des Zeitabstandes bis zur Folgeuntersuchung geboten erscheint, ist in die Beurteilung der Zeitabstand bis zur vorzeitigen Folgeuntersuchung aufzunehmen;
  5. der Befund samt Beurteilung ist unverzüglich der Land- und Forstwirtschaftsinspektion zu übermitteln;
  6. der Befund ist der Arbeitnehmerin bzw. dem Arbeitnehmer auf Verlangen zu übermitteln und zu erläutern;
  7. wenn die Beurteilung auf „geeignet“ lautet, ist diese Beurteilung der Arbeitgeberin bzw. dem Arbeitgeber sowie der Arbeitnehmerin bzw. dem Arbeitnehmer schriftlich mitzuteilen.

(11) Bei der Durchführung von sonstigen besonderen Untersuchungen finden die Grundsätze des Abs. 10 Z 1, 2 und 6 Anwendung.

(12) Der Befund und die Beurteilung jeder Eignungs- und der Folgeuntersuchung ist der Land- und Forstwirtschaftsinspektion, dem ärztlichen Dienst und der Arbeitnehmerin bzw. dem Arbeitnehmer zu übermitteln, der Arbeitgeberin bzw. dem Arbeitgeber nur die Beurteilung „geeignet“ bzw. „nicht geeignet“. Wird bei einer Untersuchung die gesundheitliche Nichteignung festgestellt, so darf die Arbeitnehmerin bzw. der Arbeitnehmer mit dieser Tätigkeit nicht mehr beschäftigt werden. Die Aufhebung des Beschäftigungsverbotes erfolgt, wenn auf Grund einer Folgeuntersuchung durch die Ärztin oder den Arzt festgestellt wird, dass die gesundheitliche Eignung für die betreffende Tätigkeit wieder gegeben ist.

(13) Die Arbeitgeberin bzw. der Arbeitgeber und die Arbeitnehmerin bzw. der Arbeitnehmer können bei der Land- und Forstwirtschaftsinspektion eine Überprüfung der Beurteilung der Eignungs- oder Folgeuntersuchungen beantragen. Die Land- und Forstwirtschaftsinspektion hat eine Überprüfung durch nach § 56 ASchG ermächtigte Ärztinnen und Ärzte vornehmen zu lassen. Führt die Überprüfung zu einer anderslautenden Beurteilung, ist dies der untersuchenden Ärztin bzw. dem untersuchenden Arzt, der Arbeitgeberin bzw. dem Arbeitgeber und der Arbeitnehmerin bzw. dem Arbeitnehmer mitzuteilen. Auf Antrag der Land- und Forstwirtschaftsinspektion kann die zuständige Bezirksverwaltungsbehörde feststellen, ob eine Eignung oder Nichteignung vorliegen.

(14) Gelangt der Land- und Forstwirtschaftsinspektion zur Kenntnis, dass bei einer Arbeitnehmerin bzw. einem Arbeitnehmer eine Erkrankung aufgetreten ist, die auf eine Tätigkeit im Sinne des Abs. 1 zurückzuführen sein könnte, so kann sie die Untersuchung der anderen Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer anregen, die mit derartigen Tätigkeiten beschäftigt sind.

(15) Die Arbeitgeberinnen und Arbeitgeber müssen den untersuchenden Ärztinnen bzw. Ärzten Zugang zu den Arbeitsplätzen und zu untersuchenden Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer sowie zu allen für die Durchführung oder Beurteilung notwendigen Informationen, wie den Messergebnissen, gewähren. Die Arbeitgeberinnen und Arbeitgeber müssen den Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern die erforderliche Freizeit unter Fortzahlung des Entgeltes gewähren.

(16) Arbeitgeberinnen und Arbeitgeber müssen über jede Arbeitnehmerin und jeden Arbeitnehmer, für die oder den Eignungs- oder Folgeuntersuchungen erforderlich sind, Aufzeichnungen führen, die Folgendes zu enthalten haben:

  1. Vor- und Zuname, Geburtsdatum und Anschrift,
  2. Art der Tätigkeit, die die Untersuchungspflicht begründet,
  3. Datum der Aufnahme dieser Tätigkeit,
  4. Datum der Beendigung dieser Tätigkeit,
  5. Name und Anschrift der untersuchenden Ärztin bzw. des untersuchenden Arztes,
  6. Datum jeder Untersuchung.

(17) Den Aufzeichnungen sind alle Beurteilungen der untersuchenden Ärztinnen bzw. Ärzte über die gesundheitliche Eignung sowie allfällige Bescheide und allfällige Erkenntnisse des Verwaltungsgerichts anzuschließen.

(18) Die Unterlagen gemäß Abs. 16 und 17 sind aufzubewahren, bis die Arbeitnehmerin bzw. der Arbeitnehmer aus dem Betrieb ausscheidet. Sodann sind sie dem zuständigen Träger der Unfallversicherung zu übermitteln. Dieser hat die Unterlagen mindestens 40 Jahre aufzubewahren.

(19) Arbeitgeberinnen und Arbeitgeber müssen unbeschadet der §§ 195 und 196 jeder Arbeitnehmerin und jedem Arbeitnehmer zu den sie bzw. ihn persönlich betreffenden Aufzeichnungen und Unterlagen Zugang gewähren und auf Verlangen Kopien davon aushändigen.

(20) Die Übermittlung nach Abs. 12 kann auch elektronisch erfolgen. Dies dient dem Zweck der Erfassung und der erleichterten Prüfung von Befund und Beurteilung. Die Vertraulichkeit der Übermittlung von Befund und Beurteilung ist durch dem Stand der Technik entsprechende verschlüsselte Übermittlungsverfahren zu gewährleisten. Die Land- und Forstwirtschaftsinspektion hat den elektronischen Befund samt Beurteilung zehn Jahre lang ab dem Zeitpunkt der Übermittlung aufzubewahren und mit Ablauf des jeweiligen Kalenderjahres zu löschen. In Einzelfällen kann die Aufbewahrungsfrist auf Grund einer arbeitsmedizinischen Begründung verlängert werden.