Dokument-ID: 1067117

Vorschrift

Strahlenschutzgesetz 2020 (StrSchG 2020)

Inhaltsverzeichnis

2. Abschnitt
Behördliche Notfallreaktion

§ 123. Zuständigkeiten und Ablauf

idF BGBl. I Nr. 50/2020 | Datum des Inkrafttretens 01.08.2020

(1) Für Notfallexpositionssituationen infolge

  1. eines Unfalls in einer kerntechnischen Anlage,
  2. des Absturzes eines Satelliten mit radioaktiven Materialien,
  3. radiologischen Terrors oder
  4. eines Unfalls bei Tätigkeiten, für die gemäß § 58 eine Notfallvorsorge für die Bevölkerung zu treffen ist,

ist die Bundesministerin für Klimaschutz, Umwelt, Energie, Mobilität, Innovation und Technologie zuständig, für alle sonstigen Notfallexpositionssituationen die Landeshauptfrau/der Landeshauptmann.

(2) Die gemäß Abs. 1 zuständige Behörde hat

  1. die Lage zu bewerten und auf Basis dieser Bewertung erforderlichenfalls Schutzmaßnahmen festzulegen und diese durch behördliche Anordnungen oder Empfehlungen an die betroffene Bevölkerung umzusetzen,
  2. bei wesentlichen Änderungen der Lage eine Neubewertung vorzunehmen und erforderlichenfalls die Schutzmaßnahmen anzupassen oder aufzuheben,
  3. die Wirksamkeit der in Durchführung begriffenen Schutzmaßnahmen zu überprüfen und erforderlichenfalls die Schutzmaßnahmen anzupassen oder aufzuheben,
  4. zu entscheiden, wann eine Notfallexpositionssituation beendet ist und in eine bestehende Expositionssituation übergeht, sowie
  5. die Folgen des radiologischen Notfalls zu ermitteln und aufzuzeichnen,

wobei sie gegebenenfalls die für die Bewilligung der Tätigkeit zuständige Behörde einzubeziehen hat.

(3) Ist für behördliche Erhebungen oder für die Umsetzung von Schutzmaßnahmen das Betreten von Liegenschaften erforderlich, hat die Eigentümerin/der Eigentümer oder die/der Verfügungsberechtigte das Betreten durch Organe der zuständigen Behörde sowie durch von der Behörde herangezogene Dritte zu dulden.

(4) Die gemäß Abs. 1 zuständige Behörde hat erforderlichenfalls die Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes, insbesondere deren Notfalleinsatzkräfte, heranzuziehen. Diese haben an der Umsetzung der festgelegten Schutzmaßnahmen, wie Strahlenspüren, Messen, Absperren und Kontaminationskontrollen, sowie bei der Überwachung der Einhaltung dieser Maßnahmen mitzuwirken. Bei Gefahr im Verzug können die Schutzmaßnahmen auch gegen den Willen von Betroffenen durch unmittelbaren Zwang vollzogen werden. Im Fall eines auf die Vereitelung der Schutzmaßnahmen gerichteten Widerstandes haben die Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes die gemäß Abs. 1 zuständige Behörde zu unterstützen.

(5) Die gemäß Abs. 1 zuständige Behörde hat die Bevölkerung rechtzeitig über die Schutzmaßnahmen gemäß Abs. 2 Z 1 bis 3 zu informieren.

(6) Im Fall der Zuständigkeit der Bundesministerin für Klimaschutz, Umwelt, Energie, Mobilität, Innovation und Technologie hat diese bei den in Abs. 2 genannten Aufgaben den Bundesminister für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz einzubeziehen.

(7) Im Fall der Zuständigkeit der Bundesministerin für Klimaschutz, Umwelt, Energie, Mobilität, Innovation und Technologie haben die Landeshauptleute über Status und Wirksamkeit der in Durchführung begriffenen Schutzmaßnahmen die genannte Bundesministerin zu informieren.

(8) Die Bundesministerin für Klimaschutz, Umwelt, Energie, Mobilität, Innovation und Technologie kann zwecks Abstimmung mit allen Behörden, die gemäß gesamtstaatlichem Notfallplan eine festgelegte Rolle haben, die auf Bundesebene bestehenden Krisenmanagementstrukturen heranziehen.

(9) Die Landeshauptleute haben der Bundesministerin für Klimaschutz, Umwelt, Energie, Mobilität, Innovation und Technologie unverzüglich Meldung zu erstatten im Fall

  1. eines Verlustes, Diebstahls oder Fundes von gefährlichen radioaktiven Quellen,
  2. eines Ereignisses mit (möglichen) schweren deterministischen gesundheitlichen Auswirkungen,
  3. eines Transportunfalls mit radioaktiven Quellen,
  4. eines Ereignisses, das (möglicherweise) auf der International Nuclear and Radiological Event Scale der Internationalen Atomenergieorganisation mit Stufe 3 oder höher zu bewerten ist, sowie
  5. eines Ereignisses, das zu einer großen Verunsicherung in der Bevölkerung führen könnte.

Die Bundesministerin für Klimaschutz, Umwelt, Energie, Mobilität, Innovation und Technologie wird ermächtigt, mit Verordnung nähere Bestimmungen hinsichtlich dieser Meldungen festzulegen.

(10) Die Bundesministerin für Klimaschutz, Umwelt, Energie, Mobilität, Innovation und Technologie hat ihr gemeldete Notfallexpositionssituationen gemäß der Notfallklassifikation der Internationalen Atomenergieorganisation einzustufen.

(11) Die Landeshauptfrau/der Landeshauptmann kann die ihr/ihm zukommenden Aufgaben durch Verordnung ganz oder teilweise auf nachgeordnete Bezirksverwaltungsbehörden übertragen, sofern dies im Interesse der Zweckmäßigkeit, Raschheit, Einfachheit und Kostenersparnis gelegen ist.

(12) Die Bundesministerin für Klimaschutz, Umwelt, Energie, Mobilität, Innovation und Technologie hat erforderlichenfalls Verordnungen zu erlassen, um die Umsetzung von Schutzmaßnahmen gemäß Abs. 2 Z 1 sicherzustellen. Diese Verordnungen sind in geeigneter Weise, wie etwa in Rundfunk oder Fernsehen, kundzumachen und treten unmittelbar nach ihrer Verlautbarung in Kraft. Sie sind aufzuheben, wenn die betreffenden Schutzmaßnahmen nicht mehr erforderlich sind.