Dokument-ID: 184487

Vorschrift

Chemikalienverordnung 1999 (ChemV 1999)

Inhaltsverzeichnis

§ 3. Grundsätze und Grundlagen für die Einstufung von Stoffen und Zubereitungen

idF BGBl. II Nr. 393/2008 | Datum des Inkrafttretens 14.11.2008

(1) Ziel der Einstufung ist die Feststellung, welche gefährlichen Eigenschaften (§ 3 Abs. 1 Z 1 bis 15 ChemG 1996) ein Stoff oder eine Zubereitung aufweist.

(2) Der gemäß § 27 ChemG 1996 Verantwortliche ist verpflichtet, alle zur Bewertung der gefährlichen Eigenschaften (Gefahrenkategorien) eines Stoffes oder einer Zubereitung erforderlichen und geeigneten Nachforschungen im Sinne der §§ 19 Abs. 2 und 21 Abs. 1 ChemG 1996 anzustellen.

(3) Bei der Einstufung von Stoffen und Zubereitungen sind alle Gefahrenkategorien und bei jeder Gefahrenkategorie alle mit der gebräuchlichen Handhabung oder Verwendung verbundenen Aufnahmewege zu berücksichtigen.

(4) Auf die Durchführung von Prüfungen von Stoffen und Zubereitungen über stoffinhärente Eigenschaften finden Art. 13 der Verordnung (EG) Nr. 1907/2006, ABl. Nr. L 396 vom 30.12.2006 S. 1 (im Folgenden mit „REACH-V“ bezeichnet), die Verordnung zur Festlegung von Prüfmethoden (EG) Nr. 440/2008, ABl. Nr. L 142 vom 31.05.2008 S. 1, und nach Maßgabe des Abs. 5 die Chemikalien-GLPInspektionsverordnung, BGBl. II Nr. 211/2000 Anwendung.
(BGBl II 393/2008)

(5) Auf die Durchführung von ökotoxikologischen und toxikologischen Prüfungen und Analysen ist die Chemikalien-GLP-Inspektionsverordnung anzuwenden oder sind die nach Maßgabe des Art. 13 Abs. 4 der REACH-V als gleichwertig anerkannten anderen internationalen Standards heranzuziehen sowie die einschlägigen Bestimmungen des Tierversuchsgesetzes 1988.
(BGBl II 393/2008)

(6) Die Kriterien des Anhangs B Teil 1 sind für Stoffe und Zubereitungen unmittelbar anzuwenden, wenn die Daten anhand von Prüfmethoden gewonnen wurden, die denen der Verordnung (EG) Nr. 440/2008, ABl. Nr. L 142 vom 31.05.2008 S. 1 entsprechen; dies gilt nicht für die Einstufung von Zubereitungen als „krebserzeugend“, „erbgutverändernd“ oder „fortpflanzungsgefährdend“. Die Einstufung von Zubereitungen hinsichtlich dieser Gefahrenkategorien ist ausschließlich auf Grund der konventionellen Methode gemäß Anhang B Teil 2 vorzunehmen. In allen anderen Fällen sind die Daten anhand eines Vergleiches der angewandten Prüfmethoden mit den in Abs. 4 genannten und mit den Kriterien des Anhangs B Teil 1 zu bewerten, um eine geeignete Einstufung und Kennzeichnung vornehmen zu können.
(BGBl II 393/2008)

(7) Tierversuche (mit Wirbeltieren) im Sinne des Tierversuchsgesetzes 1988, BGBl. Nr. 501/1989, sind nur dann zur Erstellung von Prüfnachweisen für die Einstufung von Stoffen und Zubereitungen zulässig, wenn von einem gemäß § 27 ChemG 1996 Verantwortlichen belegt werden kann, daß auf Grundlage bereits vorliegender Daten eine sachgerechte Bewertung nicht möglich ist und diese Versuche nach den Bestimmungen des Tierversuchsgesetzes 1988 durchgeführt werden dürfen. Für die Einstufung von neuen Stoffen ist die Durchführung von Tierversuchen nur dann zulässig, wenn diese Versuche gemäß § 9 des Tierversuchsgesetzes 1988 der zuständigen Behörde im vorhinein gemeldet und innerhalb der im § 9 Abs. 2 des Tierversuchsgesetzes 1988 von dieser nicht untersagt wurden. Für die Einstufung von Zubereitungen ist die Durchführung von Tierversuchen nur dann zulässig, wenn diese Versuche gemäß § 8 des Tierversuchsgesetzes 1988 von der zuständigen Behörde im vorhinein genehmigt wurden; ein Tierversuch für die Einstufung einer Zubereitung ist jedenfalls dann nicht gerechtfertigt, wenn der für das Inverkehrsetzen gemäß § 27 ChemG 1996 Verantwortliche nicht nachweisen kann, daß keine wissenschaftlich zufriedenstellende, vertretbare und praktische Alternative zur Verfügung steht, bei der kein Tier verwendet werden muß. Die Bestimmungen des Tierversuchsgesetzes 1988 bleiben im übrigen unberührt.

(8) Unbeschadet des Abs. 6 sind allenfalls vorliegende Ergebnisse von Tierversuchen für die Einstufung zu berücksichtigen, wenn die Anforderungen der Abs. 4 und 7 erfüllt sind. Abweichend hievon können die Ergebnisse von Prüfungen von Stoffen und Zubereitungen, wenn diese vor dem 5. April 1989 durchgeführt worden sind, herangezogen werden, sofern diese Prüfungen valide abgesichert sind und nach dem Stand der Wissenschaft verwertbare Erkenntnisse über den geprüften Stoff oder die geprüfte Zubereitung ergeben. Dies gilt auch für jene Prüfungen von Stoffen und Zubereitungen, die nach den einschlägigen Bestimmungen der Chemikalienverordnung, BGBl. Nr. 208/1989, in der Fassung BGBl. Nr. 620/1993 durchgeführt worden sind.

(9) Bei gleichwertigen Methoden ist jeweils diejenige anzuwenden, die einen Verzicht auf Tierversuche zuläßt, oder, falls dies nicht möglich ist, die die geringste Anzahl von Versuchstieren erfordert oder bei der die geringsten Belastungen für die Versuchstiere auftreten.

(10) Wird die Einstufung auf Grund der Ergebnisse von Tierversuchen vorgenommen, so sind die Ergebnisse solcher Versuche zu verwenden, die die Gefährdung des Menschen in entsprechender Weise widerspiegeln. Versuche am Menschen sind für die Einstufung von Stoffen und Zubereitungen unzulässig.

(11) Können auf Grund der im Anhang B Teil 1 festgelegten epidemiologischen Studien, wissenschaftlich validierten Fallstudien oder durch statistisch gestützte Erfahrungen, wie der Auswertung von Daten von Giftinformationszentren oder von Daten über Berufskrankheiten, toxische Wirkungen beim Menschen nachgewiesen werden, und unterscheiden sich diese von jenen Ergebnissen, die sich aus der Anwendung der in Anhang B Teil 1, Punkt 1.6 angeführten Methoden ergeben, so ist der Stoff oder die Zubereitung entsprechend diesen toxischen Wirkungen auf den Menschen einzustufen.

(12) Liegen ausreichende Erfahrungen aus der Praxis vor, daß die physikalisch-chemischen Eigenschaften der Stoffe und Zubereitungen – abgesehen von den organischen Peroxiden – sich von denen unterscheiden, die durch die Prüfmethoden der Verordnung (EG) Nr. 440/2008, ABl. Nr. L 142 vom 31.05.2008 S. 1ermittelt wurden, sind diese Stoffe und Zubereitungen entsprechend ihren möglichen Gefahren für den Menschen einzustufen.
(BGBl II 393/2008)